Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
dachte ich, die Vergangenheit ist zurück. Ist dir diese Ähnlichkeit nicht auch aufgefallen?“
Klaus von Lichtenhagen legte Messer und Gabel zur Seite und sah seine Frau lange an. „Ja, Lea hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Marie. Aber das ist auch alles. Was war, ist vorbei. Niemand weiß von damals und Fischer und Pergande werden einen Teufel tun, diese Geschichte aufzuwärmen.“
„Und die fehlenden Köpfe?“
„Meine Güte. Bei den Theaterstücken, die in deiner Schule aufgeführt werden, ist es doch kein Wunder, dass so etwas passiert.“
Als Bohlan in seinen Wagen stieg, brannte die Sonne immer noch auf die Stadt herunter, als gelte es, einen neuen Hitzerekord aufzustellen. Der Kommissar ließ die Scheiben herunter, um für etwas Durchzug zu sorgen. Dann startete er den Motor. Nachdem er einige Meter gefahren war, schloss er die Fenster wieder, drehte die Klimaanlage auf die höchste Stufe und schaltete das Autoradio an. Perfektes Timing dachte Bohlan, als er die ersten Takte des neusten Hits der
Toten Hosen
vernahm. Die gleichen Akkordfolgen wie seit zwanzig Jahren und ein Refrain zum Mitgrölen. Bohlan drehte den Lautstärkenregler nach oben. Für drei Minuten vergaß er verschwundene Köpfe und Beziehungsprobleme. Als er im Kommissariat eintraf, hatte sich seine Laune wieder halbwegs stabilisiert.
„Das ist wirklich eine interessante Wendung“, sagte Will, nachdem Bohlan seinen Bericht über die heutigen Gespräche beendet hatte.
„So eine Lehrer-Schüler-Beziehung hat eine immense Sprengkraft.“
„Aber setzt das nicht voraus, dass jemand davon gewusst hat?“
„Meinst du wirklich, dass sich so etwas verheimlichen lässt? Eine Schule ist wie ein kleines Miniuniversum. Da bleibt nichts lange geheim“, sagte Will.
Bohlan fuhr sich mit der Hand über den Kopf. „Da hast du natürlich recht. Trotzdem. Bisher gab es von niemandem auch nur die leiseste Andeutung.“
„Vielleicht schon. Vielleicht haben wir sie nur nicht wahrgenommen“, sagte Will. Bohlan blickte seine Kollegin irritiert an.
„Weißt du wieder etwas und willst uns noch ein bisschen zappeln lassen?“
„Nein, das nicht. Aber nehmen wir doch mal Leas Tagebuch. Sie hat etwas herausgefunden und sie wollte mit Fischer darüber sprechen. Dann hatten wir noch den Hinweis von diesem ...“ Julia kramte in ihren Unterlagen. „Verdammt, ich finde den Namen jetzt nicht. Jedenfalls war Lea angeblich irgendeinem Skandal auf der Spur. Lea wusste von der Affäre.“
„Schön“, sagte Bohlan. „Sie wusste davon. Wie bringt uns das weiter?“
Will blickte nachdenklich, während sie auf den Lippen kaute.
„Angenommen, Lea hat etwas über diese Affäre herausgefunden. Vielleicht wollte sie Fischer mit ihrem Wissen in irgendeiner Form unter Druck setzen. Wäre das dann nicht ein Mordmotiv?“, fragte Will.
Für einen Moment herrschte Schweigen. Steinbrecher war der erste, der den Gedanken aufgriff. „Gut. Lea erpresst Fischer. Dieser lässt sich darauf aber nicht ein, sondern ermordet sie. Aber warum sollte er dann Natascha umbringen?“
„Auch wieder wahr“, gab Will zu bedenken.
„Vielleicht ist Natascha ihm auf die Schliche gekommen, wäre doch möglich, oder?“, fragte Steininger.
Bohlan kratzte sich über die Wange. „Möglich wäre das sicherlich, aber unwahrscheinlich. So wie ich Fischer erlebt habe, handelt er nicht unüberlegt. Er wollte sich nicht von Natascha trennen. Im Gegenteil.“
„Überleg doch mal: Für Fischer stand bei der ganzen Sache das Meiste auf dem Spiel. Es geht immerhin um seinen Job, seine Existenz. Und er hat auch noch Familie. All das würde er verlieren, wenn die Affäre mit Natascha aufgeflogen wäre. In so einer Situation reagiert man nicht rational.“
Will klopfte mit dem Kugelschreiber auf die Tischplatte.
„Trotzdem, irgendwas passt da nicht zusammen. Und dann sind da noch diese Hinweise.“
„Was meinst du damit?“, wollte Steininger wissen.
„Die Lilie als Zeichen“, sagte Bohlan. „Gut, im Fall von Lea ist es nicht unbedingt ein Hinweis. Hier könnte das Tattoo Zufall gewesen sein. Aber auf Nataschas Bauch lag eine abgeknickte weiße Lilie. Der Mörder will uns damit ein Zeichen geben, da bin ich mir ganz sicher.“
„Also doch ein Wahnsinniger, der mit uns Katz und Maus spielen will?“, fragte Will eher für sich selbst.
„Na, dann kann sich dieser Profiler ja richtig austoben.“ Steinbrechers Stimme war von Sarkasmus erfüllt. „Hast du dir den Theaterplot
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