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Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Titel: Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Röschen-Verlag
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muss ich Sie aufklären.“
    „Ich denke, das wird nicht nötig sein.“ Von Lichtenhagens Stimme war stark, klar und deutlich. Bohlan war überrascht. Er schaute sie fragend an.
    „Es ist wahr. Ich habe drei Menschen umgebracht, sie enthauptet und die Köpfe konserviert. Auch ein Anwalt wird daran nichts ändern.“
    „Aber warum?“, Bohlan räusperte sich. Seine Stimme ging immer mehr den Bach runter. Diese Offenheit, diese Nüchternheit, diese Emotionslosigkeit. Es lag einfach eine enorme Kälte im Raum. „Warum haben Sie das getan?“
    „Das ist eine lange Geschichte“, begann von Lichtenhagen. „Angefangen hat alles vor vielen Jahrzehnten. Und eigentlich habe ich auch gedacht, es sei längst abgeschlossen. Nur in bösen Träumen habe ich noch an damals gedacht. Der Alltag hat alles verdrängt, dachte ich. Doch dem war nicht so. Alles, was ich erlebt habe, ist noch da. Es versteckt sich, sitzt eingegraben irgendwo tief unten in der Seele. Aber es geht nichts verloren. Es kann wiederkommen, wieder auftauchen und dann ist es schlimmer, als jemals zuvor.“ Für einen Moment starrte von Lichtenhagen schweigend an Bohlan vorbei. Es war, als fixierte sie die weiße Wand hinter ihm. Schließlich fuhr sie fort. „Damals war es Hass. Hass auf Marie. Sie war schön, sie war sexy. Sie war unbefangen. Und Andreas hatte sich in sie verknallt. Ausgerechnet Andreas, den ich schon liebte, seitdem ich denken kann. Er war der Prinz, den ich haben wollte, und dann kam Marie und wirbelte alles durcheinander. Ich wollte sie zur Rede stellen. Wir trafen uns in einem alten Heuschober und gerieten uns mächtig in die Haare. Dann passierte das ganze Unglück. Sie fiel hinunter und prallte auf den Boden. Sie war sofort tot. Natürlich geriet ich in Panik und überlegte, was ich machen sollte. Ich hatte natürlich eine Heidenangst, ins Gefängnis zu müssen. Niemand hätte mir die Sache mit dem Unfall geglaubt. Liegenlassen wollte ich sie natürlich auch nicht. Keine Ahnung, warum ich auf den Gedanken kam, dass es besser wäre, sie zu zerstückeln und die Einzelteile zur verteilen. Ich hatte das einmal in einem Film gesehen. Komischerweise hat es mir Spaß gemacht, Marie zu zerlegen. Wenigsten als Tote sollte sie nicht mehr ihre Schönheit ausstrahlen. Ich nahm die Motorsäge aus der Scheune, trennte Arme, Beine und schließlich auch den Kopf ab. Dann verpackte ich die Einzelteile in Plastiksäcke und begann den Abtransport. Ich hatte nur ein Mofa dabei. Deshalb konnte ich nicht alles auf einmal mitnehmen. Ich begann mit der Tüte, die den Torso enthielt. Als nächste kamen die Säcke für Arme und Beine. Als ich ein drittes Mal zurückkam, um den Kopf zu holen, war der Sack verschwunden. Das war natürlich ein Schock. Ich fühlte mich ertappt, suchte die ganze Scheune ab und fand nichts. Weder den fehlenden Sack noch ein Anzeichen für denjenigen, der den Kopf mitgenommen haben könnte.“ Von Lichtenhagen machte eine Pause. Ihr Gesicht war verändert, nicht mehr so starr wie zu Beginn der Vernehmung. Bohlan glaubte, die Angst zu erkennen, die sie damals gehabt haben musste.
    „Was ist dann passiert?“, wollte er wissen.
    „Nachdem ich mich hektisch umgesehen hatte, versuchte ich, möglichst schnell wegzukommen. Die nächsten Tage waren die reinste Qual. Zu jeder Zeit hatte ich Angst, dass die Polizei vor meiner Tür stand, um mich zu verhaften. Doch nichts geschah. Und dann, zwei Tage später, passierte das Merkwürdige. Die Eltern von Marie standen vor der Tür. Sie hatten einen Brief mitgebracht, in dem ihre Tochter mitteilte, dass sie abgehauen sei. Sie sollten sich keine Sorgen machen, sie würde zurückkommen. Ich war fassungslos. Wie konnte das sein? Ich hatte sie doch eigenhändig zerstückelt und die Teile in einem Waldstück vergraben. Ich sah die Hoffnung in den Augen der Eltern und wusste doch, dass es sie nicht gab. Aber wer hatte den Brief geschrieben? Und wo war der Kopf abgeblieben?“ Von Lichtenhagen machte erneut eine Pause. Bohlan sah sie nachdenklich an.
    „Zwei Wochen später stand Michael vor der Tür. Er wirkte zerstreut und total durcheinander. Er müsse mit mir reden.“
    „Sie meinen Michael Pergande, nicht wahr?“
    „Ja.“ Von Lichtenhagen schwieg einen Moment. „Michael hatte damals im Keller seiner Eltern so ein kleines Labor. Er war schon immer ein wenig ... seltsam. Er hat mit toten Tieren experimentiert, sie aufgeschnitten und zerlegt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Jedenfalls

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