Mord auf dem Golfplatz
Angst. Wenn du mich nicht mehr liebst 1 . Aber das ist unmö g lich – was bin ich für ein dummes Kind, immer bilde ich mir alles Mögliche ein. Aber wenn du mich eines Tages nicht mehr liebst, dann weiß, ich nicht, was ich tue – vielleicht bringe ich mich um. Ich könnte nicht ohne dich leben. Manchmal bilde ich mir ein, dass eine andere Frau zwischen uns tritt. Sie soll sich vorsehen – und du sieh dich auch vor. Ich würde dich lieber umbringen als dich ihr zu überlassen. Das ist mein Ernst.
Aber was schreibe ich hierfür hochgestochenen Unsinn. Du liebst mich, und ich liebe dich – ja, liebe dich, liebe dich, liebe dich.
Deine dich anbetende
Bella
Adresse und Datum fehlten. Mit ernster Miene gab Poirot den Brief zurück.
»Und daraus lässt sich schließen?«
Der Untersuchungsrichter zuckte mit den Schultern.
»Offenbar hatte Monsieur Renauld sich mit dieser Engländerin eingelassen – mit Bella! Er kommt her, lernt Madame Daubreuil kennen und beginnt ein Verhältnis mit ihr. Die andere ist ihm nicht mehr so wichtig, und sofort schöpft sie Verdacht. Dieser Brief enthält eine klare Drohung. Monsieur Poirot, auf den ersten Blick schien dieser Fall ungeheuer einfach. Eifersucht! Die Tatsache, dass Monsieur Renauld rücklings erstochen wurde, weist doch auf eine Täterin hin.«
Poirot nickte.
»Die Wunde im Rücken, ja – aber nicht das Grab. Das war anstrengende Arbeit, harte Arbeit – dieses Grab ist nicht von einer Frau ausgehoben worden, Monsieur. Das war das Werk eines Mannes.«
Der Kommissar rief aufgeregt: »Ja, ja, Sie haben Recht. Daran hatten wir noch gar nicht gedacht.«
»Wie gesagt«, fuhr M. Hautet fort, »auf den ersten Blick wirkt der Fall einfach, doch die maskierten Männer und Monsieur Renaulds Brief an Sie machen die Sache komplizierter. Wir stehen offenbar vor zwei ganz unterschiedlichen Tatsachenkomplexen, zwischen denen keinerlei Verbindung existiert. Was den Brief an Sie angeht – halten Sie es für möglich, dass er sich in irgendeiner Weise auf diese Bella und ihre Drohungen bezieht?«
Poirot schüttelte den Kopf.
»Wohl kaum. Ein Mann wie Monsieur Renauld, der in den abgelegensten Gegenden ein abenteuerliches Leben geführt hat, bittet doch nicht um Schutz vor einer Frau.«
Der Untersuchungsrichter nickte.
»Ganz meine Meinung. Also müssen wir die Erklärung für diesen Brief…«
»In Santiago suchen«, fiel der Kommissar ihm ins Wort. »Ich werde sofort der dortigen Polizei kabeln und um Auskünfte darüber bitten, was für ein Leben der Tote dort geführt hat, über seine Liebschaften, seine Geschäfte, seine Freundschaften und seine etwaigen Feinde. Und es wäre doch seltsam, wenn wir da keine Hinweise auf diesen mysteriösen Mord fänden.«
Der Kommissar schaute sich Beifall heischend um.
»Hervorragend«, lobte Poirot.
»Sie haben in Monsieur Renaulds Nachlass keine anderen Briefe von dieser Bella gefunden?«, fragte er dann.
»Nein. Natürlich haben wir seine Papiere gleich durchgesehen. Aber wir haben nichts Interessantes entdeckt. Alles sieht ordentlich und korrekt aus. Das einzige Außergewöhnliche ist sein Testament. Sehen Sie, hier.«
Poirot überflog das Dokument.
»Ach. Ein Legat von tausend Pfund für Mr Stonor – wer ist das eigentlich?«
»Monsieur Renaulds Sekretär. Er ist in England geblieben, war aber ein- oder zweimal übers Wochenende hier.«
»Und alles andere fällt ohne Einschränkungen an seine geliebte Frau Eloise. Einfach, aber absolut legal. Bezeugt von den beiden Angestellten, Denise und Françoise. Nicht gerade ungewöhnlich.« Er gab das Papier zurück.
»Vielleicht«, sagte Bex. »Ist Ihnen nichts aufgefallen?«
»Das Datum?«, fragte Poirot mit einem Augenzwinkern. »Aber sicher ist mir das aufgefallen. Vierzehn Tage her. Vielleicht hat sich da erstmals Gefahr abgezeichnet. Viele reiche Männer sterben ohne Testament, so, als hätten sie nie an die Möglichkeit ihres Todes gedacht. Aber es ist gefährlich, zu voreilige Schlüsse zu ziehen. Auf jeden Fall spricht aus diesem Testament eine ehrliche Zuneigung zu seiner Frau, trotz seiner Seitensprünge.«
»Ja«, sagte M. Hautet zweifelnd. »Aber es ist seinem Sohn gegenüber doch wohl ein wenig unfair, der ist schließlich ganz und gar von seiner Mutter abhängig. Wenn sie wieder heiratet und unter den Einfluss ihres zweiten Mannes gerät, dann ist es möglich, dass der Sohn nie einen Penny vom Geld seines Vaters sieht.«
Poirot zuckte die Achseln.
»Der
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