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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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haben doch gehört, wie ich zu Giraud gesagt habe, dass mir alle Details dieser Geschichte bekannt vorkommen? Eh bien, das muss bedeuten, dass der Kopf, der das erste Verbrechen geplant hat, auch hinter diesem steckt, oder aber, dass ein gelesener Bericht über eine cause célèbre sich unbewusst dem Gedächtnis unseres Mörders eingeprägt und sein Vorgehen gelenkt hat. Ich werde das genauer sagen können, wenn ich…« Er verstummte.
    Mir wirbelten allerlei Gedanken durch den Kopf.
    »Aber Mr Renaulds Brief? Darin ist doch ganz klar von einem Geheimnis und von Santiago die Rede.«
    »Zweifellos hat es in Monsieur Renaulds Leben ein Geheimnis gegeben – das steht fest. Andererseits halte ich das Wort Santiago für einen Köder, der uns immer wieder vor die Nase gehalten wird, um unsere Witterung abzulenken. Möglicherweise ist dieser Köder auch Monsieur Renauld vorgehalten worden, damit er seinen Verdacht nicht auf ein näher gelegenes Objekt richtete. Oh, seien Sie sicher, Hastings, die Gefahr, die ihm drohte, lauerte nicht in Santiago, sondern ganz in der Nähe, in Frankreich.«
    Das sagte er mit solchem Ernst und solcher Überzeugung, dass ich ihm einfach glauben musste. Dennoch wagte ich einen letzten Einwand:
    »Und was ist mit dem Streichholz und der Zigarette, die bei dem Toten gefunden wurden? Was ist damit?«
    Poirots Gesicht strahlte vor Vergnügen.
    »Auch so ein Köder. Hier ausgelegt, damit Giraud oder einer von seinem Stamm ihn findet. O ja, er ist smart, unser Giraud, er beherrscht seine Tricks. Das tut auch ein guter Jagdhund. Er ist so zufrieden mit sich. Stundenlang ist er auf dem Bauch herumgekrochen. ›Schauen Sie, was ich gefunden habe‹, sagt er. Und dann fragt er mich: ›Was sehen Sie hier?‹ Und ich antworte ehrlich und wahrhaftig: ›Nichts.‹ Und Giraud, der große Giraud, er lacht, und er denkt: ›Ach, was ist das für ein alter Trottel!‹ Aber wir werden ja sehen…«
    Ich dagegen dachte schon wieder an die wichtigsten Tatsachen.
    »Dann ist diese ganze Geschichte über die maskierten Männer…«
    »Falsch.«
    »Aber was ist wirklich passiert?«
    Poirot zuckte mit den Schultern.
    »Es gibt nur einen Menschen, der uns das sagen könnte – Madame Renauld. Aber sie wird schweigen. Weder Drohungen noch Versprechen würden sie beeindrucken. Eine bemerkenswerte Frau, Hastings. Ich habe auf den ersten Blick erkannt, dass ich es mit einer Frau von außergewöhnlichem Charakter zu tun habe. Anfangs habe ich sie, wie gesagt, verdächtigt, in das Verbrechen verwickelt zu sein. Später habe ich meine Ansicht geändert.«
    »Und was hat Sie dazu gebracht?«
    »Ihre spontane und echte Trauer beim Anblick ihres toten Mannes. Ich könnte schwören, dass aus ihrem Aufschrei ehrliche Qual sprach!«
    »Ja«, sagte ich nachdenklich. »In dieser Hinsicht kann man sich nicht irren.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, mein Freund – man kann sich immer irren. Denken Sie an eine große Schauspielerin – werden Sie nicht von ihrem gespielten Kummer mitgerissen und von dessen Echtheit überzeugt? Nein, was ich auch annehmen und glauben mochte, ich brauchte doch noch andere Indizien, um mich zufrieden geben zu können. Große Verbrecher können große Schauspieler sein. Meine Überzeugung baut in diesem Fall nicht auf meinem Eindruck auf, sondern auf der unbestreitbaren Tatsache, dass Madame Renauld tatsächlich in Ohnmacht gefallen ist. Ich habe ihre Augenlider angehoben und ihr den Puls gefühlt. Ein Irrtum war unmöglich – ihre Ohnmacht war echt. Das hat mich davon überzeugt, dass ihre Trauer ehrlich und nicht gespielt war. Und noch ein kleiner, belangloser Punkt: Madame Renauld musste nicht unbedingt ungehemmte Trauer zeigen. Sie war schon einmal in Ohnmacht gefallen, als sie vom Tod ihres Mannes erfuhr, und deshalb war eine zweite Reaktion von dieser Heftigkeit nicht mehr nötig. Nein, Madame Renauld hat ihren Mann nicht ermordet. Aber warum lügt sie? Sie erzählt Lügen über ihre Armbanduhr, sie erzählt Lügen über die Maskierten – und auch in einer dritten Hinsicht lügt sie. Sagen Sie, Hastings, wie erklären Sie sich die offene Tür?«
    »Na ja«, erwiderte ich ziemlich verlegen, »ich nehme an, es war ein Versehen. Sie haben vergessen, sie zu schließen.«
    Poirot schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Das ist Girauds Erklärung. Damit bin ich nicht zufrieden. Diese offene Tür hat eine Bedeutung, die ich im Moment noch nicht erfassen kann. Aber in einer Hinsicht bin ich mir ziemlich

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