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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gegenüber gar kein Hotel erwähnt. Ich schaute ihn an und war wieder beruhigt. Er zerschnitt sein Brot in ordentliche kleine Vierecke und war ganz und gar in diese Aufgabe vertieft. Vermutlich glaubte er nur, ich hätte ihm von Cinderellas Quartier erzählt.
    Wir tranken den Kaffee draußen und schauten dabei aufs Meer. Poirot rauchte eine seiner kleinen Zigaretten, dann zog er die Uhr aus der Tasche.
    »Der Zug nach Paris geht um fünf vor halb drei«, sagte er. »Ich muss langsam aufbrechen.«
    »Nach Paris?«, rief ich.
    »Das habe ich gesagt, mon ami.«
    »Sie fahren nach Paris? Aber warum?«
    Mit sehr ernster Miene antwortete Poirot: »Um Monsieur Renaulds Mörder zu suchen.«
    »Sie glauben, er ist in Paris?«
    »Ich bin ziemlich sicher, dass er das nicht ist. Dennoch muss ich dort nach ihm suchen. Das verstehen Sie nicht, aber ich werde Ihnen später alles erklären. Glauben Sie mir, diese Reise nach Paris ist nötig. Ich bleibe nicht lange. Aller Wahrscheinlichkeit nach bin ich morgen schon wieder zurück. Ich schlage Ihnen nicht vor, mich zu begleiten. Bleiben Sie hier, und behalten Sie Giraud im Auge. Und pflegen Sie die Gesellschaft von Monsieur Renauld fils.«
    »Dabei fällt mir ein«, sagte ich, »ich wollte Sie fragen, woher Sie das über die beiden gewusst haben.«
    »Mon ami – ich kenne die Menschen. Stecken Sie einen Mann wie den jungen Renauld und eine schöne junge Frau wie Mademoiselle Marthe zusammen, und das Ergebnis ist nahezu unvermeidlich. Dann der Streit. Es musste dabei um Geld oder um eine Frau gegangen sein, und so, wie Léonie die Wut des Jungen beschrieben hat, tippte ich auf Letzteres. Also habe ich geraten – und richtig getroffen.«
    »Sie hatten schon vermutet, dass sie den jungen Renauld liebt?«
    Poirot lächelte.
    »Auf jeden Fall habe ich gesehen, dass sie ängstliche Augen hatte. So denke ich immer an Mademoiselle Daubreuil – als an das Mädchen mit den ängstlichen Augen.«
    Er war so ernst, dass mir ganz unbehaglich wurde.
    »Wie meinen Sie das, Poirot?«
    »Ich glaube, mein Freund, dass wir das sehr bald wissen werden. Aber ich muss gehen.«
    »Ich bringe Sie zum Bahnhof«, sagte ich und erhob mich.
    »Das werden Sie bleiben lassen. Ich verbiete es.«
    Er sagte das so kategorisch, dass ich ihn überrascht anstarrte.
    »Das ist mein Ernst, mon ami. Au revoir.«
    Nachdem Poirot mich verlassen hatte, wusste ich nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich schlenderte zum Strand hinunter und sah mir die Badegäste an, brachte aber nicht die Energie auf, mich ihnen anzuschließen. Ich malte mir aus, dass Cinderella vielleicht in einem wunderschönen Badeanzug unter ihnen weilte, aber ich konnte sie nirgends entdecken.
    Ziellos stromerte ich zwischen den Dünen entlang auf das andere Ende der Stadt zu. Ich dachte mir, der Anstand gebiete es, dass ich mich nach der jungen Frau erkundigte. Außerdem konnte es mir Ärger ersparen. Der Fall wäre damit erledigt. Ich würde mir ihretwegen keine Sorgen mehr machen müssen. Und wenn ich sie nicht aufsuchte, dann würde sie möglicherweise bei der Villa nach mir Ausschau halten.
    Also verließ ich den Strand und ging in den Ort. Bald hatte ich das Hôtel du Phare gefunden, ein sehr bescheidenes Haus. Es ärgerte mich schrecklich, dass ich den Namen der Dame nicht kannte. Um meine Würde zu wahren, beschloss ich, ins Hotel zu gehen und mich dort umzusehen. Vermutlich fand ich sie im Foyer. Ich ging hinein, entdeckte aber keine Spur von ihr. Ich wartete eine Weile, dann siegte meine Ungeduld. Ich zog den Portier beiseite und drückte ihm fünf Franc in die Hand.
    »Ich hätte gern eine Dame gesprochen, die bei Ihnen wohnt. Eine junge Engländerin, klein und dunkel. Ich weiß nicht genau, wie sie heißt.«
    Der Mann schüttelte den Kopf und schien ein Grinsen zu unterdrücken.
    »Eine solche Dame haben wir hier nicht.«
    »Aber sie hat es mir selbst gesagt.«
    »Monsieur muss sich irren – oder vermutlich hat die Dame sich geirrt, denn es hat sich schon ein anderer Herr nach ihr erkundigt.«
    »Was sagen Sie da?«, rief ich überrascht.
    »Aber ja, Monsieur. Ein Herr, der sie genauso beschrieben hat wie Sie.«
    »Wie sah er aus?«
    »Es war ein kleiner Herr, gut angezogen, sehr adrett, sehr sauber, mit sehr steifem Schnurrbart, seltsam geformtem Kopf und grünen Augen.«
    Poirot! Deshalb hatte ich ihn nicht zum Bahnhof begleiten dürfen. Was für eine Unverschämtheit! Wieso mischte er sich in meine Angelegenheiten ein?

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