Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
sind mir wichtig. Und ich frage mich, wofür der Mörder getötet hat.« Althea trommelte unter der Bettdecke mit den Fingerspitzen auf ihren Oberschenkel.
»Ich kann nur sagen, womit – nachdem ich sie mir angeschaut habe.«
Althea verkniff sich eine Erwiderung, denn es war ihr Job, und sie wäre wohl nicht begeistert, wenn eine Nonne mit irgendeiner Vermutung um die Ecke kam.
»Was könnten Sie der Chefin denn bezüglich der Mumie sagen?«, erkundigte sich Althea vorsichtig. Womit Frau Professor sicher gerechnet hatte, was man mühelos an ihrem Gesicht ablesen konnte.
»Es wurden eine Röntgenuntersuchung und ein CT gemacht. Die Tote war eine etwa vierundzwanzigjährige Frau, die immer im süddeutschen Raum gelebt hat. Sie war ungefähr einen Meter fünfundsechzig groß und gut genährt, bis auf den Kalziummangel. Sie starb zwischen 1673 und 1675. Nach der Radiokarbondatierung, und die ist ziemlich genau. Solange ein Lebewesen lebt, steht es im Austausch mit seiner Umwelt, und der Kohlenstoff im Organismus wird ständig erneuert. Stirbt es, ist Schluss damit. Was sich bis dahin angesammelt hat, verbleibt im Körper und zerfällt über die Jahre, der C-14-, also Kohlenstoffgehalt wird immer geringer. Daher können wir feststellen, ab welchem Zeitpunkt er nicht mehr erneuert wurde, wann also der Tod eingetreten sein muss.« Die Rechtsmedizinerin war in ihrem Element. »Die Fesseln sind aus gewöhnlichem Hanf, ihre Hände wurden hinter dem Rücken überkreuzt. Diese Fesseln wurden nicht entfernt, wohl aber Leonie Haberls Fesseln.«
Althea wusste, dass es nicht zusammenpasste, aber die Erklärung fiel ihr nicht schwer. »Ich habe den Bast durchgeschnitten, damit wir sie anständig hinlegen konnten. Ich weiß, wie unsinnig es ist, zu denken, sie sollte sich wenigstens ausstrecken können. Genauso wie zu glauben, sie könnte in der Kälte frieren.«
»Das wissen Sie besser«, sagte Siglinde Servus.
»Ja. Nein. Weil es gar nicht um Wissen geht.« Althea folgte der Spur, die Frau Professor wie Brotkrumen streute. Sie musste aufpassen, auch alle einzusammeln.
»Das Symbol auf ihrer Haut ist ein fünfzackiger Stern. Ich ließ mir bestätigen, dass es sich um einen Hexenstern handelt. Das und die Art der Vergiftung – sehr spannend.« Die Professorin legte den Kopf schief. Erwartete sie, dass Althea etwas dazu sagte? Was?
»Althea – das bedeutet die Heilende, und das heißt, Sie kennen sich wahrscheinlich damit aus, mit Kräutern, Pflanzen und den Dosierungen. Ich bin gespannt, was Ihnen diese Mischung sagt.«
Und Siglinde Servus verriet ihr das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung.
Die alte Kath hatte das Gesehene wiedergeben können, aber nicht die Gedanken der Frauen und erst recht nicht, von welcher Art die Substanz in der Schale gewesen war. Doch sie hatte etwas von Windsamen gesagt. Es war um ein Sprichwort gegangen. Wind säen und Sturm ernten. Wind samen. Aber es passte.
»Auf so eine Zusammensetzung wäre ich nie gekommen«, sagte Althea. »Schwefelsäure ist seit dem 13. Jahrhundert bekannt. Jodid, ein Salz, kommt in der Natur vor, aber Quittensamen?«
»Sie kamen aus dem Süden, und Quitten nannte man sie damals nicht. In der Literatur heißen sie Birnen mit schmelzendem Fruchtfleisch. Oder auch antike Birnen.« Frau Professor hatte sichtlich Freude daran, sich mit Althea auszutauschen. Oder sie herauszufordern.
Und die Samen enthielten Blausäure. Taten sie noch heute, auch wenn sich der Name geändert hatte. Dafür musste man sie nur zerstoßen.
Margaretes Haut hatte das Gift aufgenommen – ein Gemisch aus Blausäure, Schwefelsäure und Jod.
»Um sie zu töten, bin ich einige Jahrhunderte zu spät«, sagte Althea.
»Man hat die Frau bestraft, würde ich sagen, und eine solche Handlung würde ich Ihnen auch zutrauen.«
Althea hatte ihr die Speicherkarte überlassen, eine Antwort konnte sie ihr jetzt auch noch geben.
»Ich würde denjenigen gern bestraft sehen, der mir die bösen Kopfschmerzen beschert hat. Bestrafen und bestraft sehen sind aber zwei völlig unterschiedliche Haltungen. Und keine finde ich wirklich befriedigend. Die eine ist kriminell, die andere passiv.« Altheas Kopf verordnete ihr Ruhe und keine so hochtrabenden Gedanken.
»Im Mund der Frau wurden Reste von Tinte gefunden – Tannin, schwarzer Tee, Eichenrinde und Eisensalze. Das ergibt eine blauschwarze Färbung. In Klöstern wurde Tinte selbst hergestellt. Die Schreiber dokumentierten. – Schwester Althea, was
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