Mord auf Raten
mir? Ich habe meine Zeit nicht gestohlen …«
»Was haben Sie ihm geboten? Banser hätte niemals freiwillig unterschrieben. Womit haben Sie ihn unter Druck gesetzt?« Er stützte sich wie schon vorhin bei Spitzer auf den Schreibtisch und blickte Elvira Klein in die stahlblauen Augen. »Sie können es mir ruhig sagen, es bleibt garantiert unter uns.«
»Ich habe ihn nicht unter Druck gesetzt«, erwiderte sie mit kühler Gelassenheit und lehnte sich zurück. »Aber Fakt ist, dass die Beweise ganz eindeutig gegen Banser sprechen. Ich habe ihm seine Situation klar gemacht und ihm gesagt, wenn er freiwillig gesteht, kann es sein, dass die Anklage auf Totschlag im Affekt lautet, ansonsten auf Mord. Ihn darauf hinzuweisen ist legitim, wie Sie wissen sollten. Als er gemerkt hat, dass ihm seine Felle davonschwimmen, hat er den Mord zugegeben und ihn mir in allen Details geschildert. Wie er in die Galerie gelangt ist, wie oft er auf Wedel geschossen hat et cetera pp. Details, die nur der Mörder kennen kann. Es ist alles auf Band dokumentiert, wie es Vorschrift ist. Und um unser kleines Gespräch zu beenden, der Fall liegt ab jetzt bei mir. Wenn Sie nicht in der Lage sind, einen Mörder so zu verhören, dass eraus der Sackgasse nicht mehr rauskommt, in die er sich selbst hineinmanövriert hat, kann ich Ihnen leider nicht helfen. Sie sollten mal darüber nachdenken.«
»Das tu ich schon seit ein paar Stunden. Ich bin eigentlich nur gekommen, um Ihnen zu Ihrem Erfolg zu gratulieren«, sagte Brandt ironisch.
»Sie können es wohl nicht ertragen, wenn jemand besser ist als Sie. Oder anders ausgedrückt, wenn eine Frau besser ist als Sie. Aber trösten Sie sich, jeder macht mal Fehler. Sie sollten deshalb nicht zu sehr mit sich ins Gericht gehen«, konterte sie mit dem ihr eigenen Spott, der ihn innerlich zur Raserei trieb.
Brandt ging auf ihre letzten Worte nicht ein und sagte stattdessen: »Und wie wird Ihre Anklage lauten?«
»Ich pflege meine Versprechen zu halten. Der Mann ist Mitte sechzig, ihn lebenslang hinter Gitter zu bringen, halte ich für nicht angemessen. Aber acht bis zehn Jahre sollten es schon sein. Danach kann er sich noch einen schönen Lebensabend machen.«
»Ihr Zynismus beeindruckt mich jedes Mal wieder aufs Neue, Frau Klein. Aber haben Sie schon mal drüber nachgedacht, dass er das Geständnis unter Umständen nur unterschrieben hat, weil er ohnehin nichts mehr zu verlieren hat? Der Mann wurde von Wedel betrogen, er hat seine Frau verloren, und sein Haus gehört auch schon der Bank. Er besitzt nichts mehr.«
»Das ist nicht mein Problem, und Ihres sollte es übrigens auch nicht sein. Wir sind für Fakten zuständig und nicht für Emotionen. Er hat ein Menschenleben auf dem Gewissen, und dafür wird er bestraft werden, wie es das Gesetz vorsieht. Wie hoch die Strafe ausfallen wird, liegt letztlich im Ermessen des Gerichts.«
»Selbstverständlich. Kümmert sich eigentlich ein Arzt um ihn?«
»Weshalb?«
»Banser ist Alkoholiker, und Sie wollen ihn doch sicher lebend vor Gericht stellen, oder?«
Elvira Klein lächelte süffisant, als sie antwortete: »Er wird lebend vor Gericht erscheinen, verlassen Sie sich drauf. Die Wärter werden schon auf ihn aufpassen. Eben hat er noch einen ziemlich stabilen Eindruck auf mich gemacht. Er wirkte sehr ruhig und gefasst, als wäre eine große Last von seinen Schultern gefallen.«
»Dann ist es ja gut. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, und genießen Sie Ihren Triumph.«
Brandt machte kehrt, Elvira Klein entgegnete noch etwas, doch er hörte es nicht mehr, weil er es nicht hören wollte. Er begab sich zu seinem Fahrzeug, blickte auf die Uhr, zehn vor vier, und beschloss, nach Hause zu fahren. Abstand gewinnen, ein Bier trinken, auf Andrea und die Mädchen warten und abschalten. Auch wenn er wusste, dass ihm dies nicht gelingen würde.
Donnerstag, 18.35 Uhr
Brandt hatte sich hingelegt, war aber schon nach wenigen Minuten wieder aufgestanden, weil er keine Ruhe fand. Er trank eine Flasche Bier, räumte die Wohnung auf, saugte, wischte Staub und ging um kurz vor sechs noch in den Supermarkt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Als er wieder nach Hause kam, waren Sarah und Michelle inzwischen eingetroffen, die vor dem Fernseher saßen und Videoclips auf Viva schauten. Er begrüßte sie und fragte,ob sie Lust auf Würstchen mit Butterbrot und Feldsalat hätten. Er wusste, dass er ihnen damit eine Freude machte, da sie bei seinen Eltern fast immer recht
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