Mord auf Raten
dem, was er bisher über Wedel erfahren hatte, musste er es einfach tun.
»Jetzt machen Sie’s nicht so spannend«, forderte Doreen Müller ihn auf, endlich anzufangen.
»Ich will Sie auch nicht lange auf die Folter spannen. Sie, Frau Müller, haben mir gestern andeutungsweise von Wedels sexuellen Aktivitäten berichtet. Und nun meine Frage an Sie beide, deren Beantwortung ich Ihnen natürlich völlig freistelle: Waren Sie jemals intim mit Herrn Wedel?«
Sandra Heuser wandte den Blick ab und errötete leicht, während Doreen Müller sich eine Zigarette anzündete und einen tiefen Zug nahm. Durch den ausgeblasenen Rauch hindurch sagte sie: »Warum interessiert Sie das? Soweit ich mich erinnern kann, haben Sie mir diese Frage bereits gestern gestellt, wenn auch etwas diskreter formuliert.«
»Frau Müller, so leid es mir tut, aber ich kann es mir nicht mehr erlauben, diskret zu sein. Mir würde schon ein einfaches Ja oder Nein genügen.«
»Ja«, sagte Sandra Heuser leise, den Blick noch immer verschämt zu Boden gerichtet, die Beine eng geschlossen, die Hände ineinander gekrampft, die Knöchel traten weiß hervor. Doreen sah ihre Freundin nur verständnislos an.
»Darf ich auch fragen, wann das war?«
»Vor einem Jahr etwa.«
»Und wie lange ging das?«
»Nicht lange, einen Monat vielleicht.«
»Und Sie, Frau Müller?«
»Also gut, wenn Sie’s unbedingt wissen wollen, ja, auch ich habe mit ihm geschlafen. Ist das ein Verbrechen?«, fragte sie spöttisch.
»Nein, natürlich nicht. Wenn Sie mir noch sagen würden, wann das war?«
»Es war vor gut zwei Jahren und hat wie bei Sandra auch nur ein paar Wochen gedauert. Wedel war kein guter Liebhaber, deshalb war es nur so kurz. Jetzt zufrieden?«
»Er stand auf harten Sex, richtig?«, sagte Brandt.
»Woher wissen sie das?«, fragte Doreen Müller erstaunt mit hochgezogenen Brauen und sah Brandt durchdringend an.
»Ich habe es bereits von anderer Stelle erfahren. Aber Sie standen nicht auf diesen harten Sex und haben deshalb das Verhältnis beendet. Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage.«
»Das ist nur bedingt richtig. Damals stand er auf ausgefallene Spielchen, aber mir hat das nichts ausgemacht, solange es in einem gewissen Rahmen blieb. Harter Sex war das nicht wirklich. Dass ich Schluss gemacht habe, hatte andere Gründe, die aber nicht wichtig sind.«
»Sie haben ja schon gesagt, dass er kein guter Liebhaber war. Gab es danach noch einmal irgendwelche sexuellen Kontakte zu Wedel?«
»Er hat es versucht«, antwortete Doreen Müller ausweichend.
»Wann hat er es versucht?«
»Vor ein paar Wochen.«
»Und, haben Sie nachgegeben?«
»Was wollen Sie eigentlich?«, sagte sie aufgebracht. »Was hat das alles mit dem Mord zu tun?«
»Es geht mir darum, die Person Klaus Wedel besser kennen zu lernen. Glauben Sie etwa, es macht mir Spaß, Ihnen diese Fragen zu stellen? Ganz sicher nicht.« Und nach einer kurzen Pause: »Haben Sie nachgegeben?«
»Mein Gott, ja, ich hab mich breitschlagen lassen. Er hat mir vorgejammert, wie schlecht es ihm geht, jetzt, wo seinbester Freund tot ist, und dass bei ihm zu Hause überhaupt nichts mehr läuft … Halt das übliche Blablabla. Es war aber nur einmal, und es war alles andere als berauschend für mich. Der muss einen ziemlichen Frust geschoben haben, so wie der drauf war. Mir hat jedenfalls am nächsten Tag alles wehgetan, weil er diesmal wirklich harten Sex praktiziert hat. Er war richtig brutal, wie ich ihn eigentlich gar nicht kannte. Deshalb hat mich Ihre Frage vorhin so gewundert. Und als ich ihn dann mit den Mädchen erwischt habe«, sie verzog angewidert das Gesicht, »da war mir klar, dass ich mich nie wieder von ihm anrühren lassen würde. Ich hatte mir vorgenommen, ihm direkt nach der Ausstellung meine Kündigung auf den Tisch zu legen. Fristgerecht zum 31. Dezember. Ich habe auch bereits etwas Neues gefunden. Allerdings jetzt, wo er tot ist, und sollte seine Frau die Galerie doch behalten wollen, werde ich es mir vielleicht noch mal überlegen.«
»Und Sie, Frau Heuser? Hat er auch mit Ihnen in den letzten zwei Monaten …«
»Gehen Sie bitte, ich will nicht darüber sprechen. Bitte.« Sie zitterte am ganzen Körper, als hätte sie Angst.
»Frau Heuser, Sie brauchen nur zu nicken.«
Sie kaute auf der Unterlippe und krampfte die Hände noch fester ineinander. Sie vermied es, Brandt anzusehen, als sie sagte: »Es war vor zwei Wochen. Er hat mich zum Essen eingeladen, ich habe wohl
Weitere Kostenlose Bücher