Mord auf Raten
hier?«
Müller schüttelte den Kopf und sagte mit einem schmierigen Gesichtsausdruck: »Kaufung war nie allein.«
»Wollen Sie damit irgendetwas Bestimmtes ausdrücken?«, fragte Brandt kühl, dem die Art von Müller immer weniger gefiel.
»Nein. Aber erstens kann man schlecht allein Tennis spielen, und zweitens, er hatte nichts gegen gepflegte und angenehme Gesellschaft, wenn Sie verstehen«, entgegnete er noch eine Spur schmieriger. Die gerade noch vorhandene, offensichtlich gespielte Trauer, zumindest empfand Brandt sie als gespielt, war mit einem Mal verflogen.
»Nicht ganz«, sagte Brandt noch kühler als eben schon. »Von was für einer Gesellschaft sprechen Sie? Frauen?«
»Gibt es vielleicht eine angenehmere Gesellschaft als die von Frauen?«, fragte er mit einem Blick auf Andrea Sievers.
Brandt ging auf die letzte Bemerkung von Müller nicht ein. »Und seine Spielpartner waren auch Frauen?«
»Nicht unbedingt auf dem Tennisplatz, aber hier weiß so ziemlich jeder, dass Kaufung nichts anbrennen ließ. Der hatte eben was, auf das die Frauen nur so flogen.«
»Und mit wem war er heute hier?«
»Wie gesagt, fragen Sie Pierre, ich habe nicht darauf geachtet.«
»Sie sagen, er war jeden Dienstag und Freitag hier. Hatte er einen Platz immer für eine bestimmte Zeit reserviert?«
»Ja, das machen aber viele unserer Mitglieder.«
»Gut, dann unterhalten wir uns mal mit Pierre. Das war’s fürs Erste. Vielen Dank, und sollten wir noch Fragen haben, kommen wir wieder. Ach ja, wir würden auch mit Pierre gerne allein sprechen. Kann jemand solange seinen Job übernehmen?«
»Ich kümmere mich drum.«
Auf dem Weg zur Bar quetschte Brandt leise durch die Lippen: »Schleimiger Typ. Der hat was in den Augen, was mir nicht gefällt.«
»Mir auch nicht. Aber ich meine, es gibt Wichtigeres, als sich darüber Gedanken zu machen.«
Die Fruchtcocktails standen bereit, Brandt und Andrea nahmen einen Schluck aus dem Strohhalm, und Brandt sagte zu Pierre: »Herr Müller hat Sie für ein paar Minuten freigestellt. Gehen wir am besten raus an die frische Luft.«
»Was wollen Sie von mir?«
»Das erkläre ich Ihnen draußen.« Sie gingen auf den Parkplatz, wo sie allein waren. »Herr …«
»Nennen Sie mich Pierre, das machen alle so. Obwohl ich eigentlich Gérard heiße.«
»Ich würde trotzdem gerne Ihren Nachnamen kennen.«
»Malet.«
»Sie sind Franzose?«
»Ja. Aber ich lebe schon seit acht Jahren in Deutschland.«
»Ihr Chef sagte uns, dass Dr. Kaufung heute hier war. Können Sie sich erinnern, wann genau das war?«
»Wann er gespielt hat, kann ich nicht sagen, aber an die Bar kam er so gegen halb acht. Er hat einen Orangensaft getrunken und ist schon bald wieder gegangen.«
»War er allein oder in Begleitung?«
»Denise war bei ihm, aber …« Er sah Brandt fragend an.
»Denise und weiter?«
»Denise Zinner. Sie ist fast jeden Tag hier. Warum fragen Sie mich das alles?«
»Dr. Kaufung wurde heute Abend ermordet, deshalb stellen wir Ihnen diese Fragen.«
Pierre beziehungsweise Gérard zeigte fast die gleiche Bestürzung wie eben schon Müller, seine dunklen Augen blitztenerschrocken auf, was selbst im matten Licht der Laternen zu erkennen war. Allerdings kaufte Brandt ihm, im Gegensatz zu seinem Chef, diese Bestürzung ab. »Dr. Kaufung est mort?«, sagte er mehr zu sich selbst. »Entschuldigen Sie, aber das ist unfassbar. C’est incroyable! Wissen Sie schon, wer es war?«
»Nein, sonst wären wir nicht hier. Wir müssen seine letzten Stunden rekonstruieren. Wo finden wir Frau Zinner?«
»Sie müsste längst zu Hause sein, sie ist kurz nach Dr. Kaufung gegangen. Mon dieu, ausgerechnet Dr. Kaufung!«
»Wo wohnt diese Frau Zinner?«
Pierre nannte die Straße und die Hausnummer, Brandt schrieb mit.
»Das wissen Sie aus dem Kopf?«
»In meinem Job muss man sich viel behalten können. Dr. Kaufung«, stieß er immer noch fassungslos hervor. »Er war ein sehr netter Mann, glauben Sie mir.«
»War er oft hier?«
»Mindestens zweimal in der Woche.«
»Hatte er einen festen Spielpartner oder Freund?«
»Er hat meistens mit Herrn Wedel gespielt, ab und zu auch mit Herrn Schmieding, aber heute mit keinem von beiden.«
»Sie wissen nicht, warum die Herren heute verhindert waren, oder?«
Pierre schüttelte den Kopf. »Nein. Es wird wohl etwas dazwischengekommen sein. Aber am besten fragen Sie sie selbst.«
»Das werden wir. Herr Müller hat eine Andeutung gemacht, dass Dr. Kaufung sich gerne mit
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