Mord auf Raten
wir ins Bett, denn du musst morgen früh um zehn im Präsidium sein.«
»Das Leben ist nicht einfach.« Brandt drehte sich zu ihr hin und nahm sie in den Arm. »Ich bin froh, dass du bei mir bist. Weißt du, wenn Carola mir so ’ne Frage gestellt hätte wie du eben …«
»Was für eine Frage?«
»Na, ob ich neidisch bin oder mich für meinen Beruf schäme …«
»Was dann?«
»Ich hätte mich wahrscheinlich umgedreht und wäre ins Bett gegangen. Sie konnte sehr verletzend sein, allein durch die Art,
wie
sie mit mir gesprochen hat. Was für ein Glück, dass das alles Vergangenheit ist.«
»Aber irgendwann hast du sie auch mal geliebt.«
»Das liegt Ewigkeiten zurück. Und jetzt hören wir auf, von ihr zu reden, das macht mich nur aggressiv.«
»Du und aggressiv?«, sagte Andrea lachend und gab ihm einen Kuss. »Also das möchte ich mal erleben. Kannst du überhaupt aggressiv sein?«
»Kommt auf die Situation an. Man muss mich nur lange genug reizen. Aber das wirst du nie schaffen, weil du einfach ganz anders bist.« Und nach einer kurzen Pause: »Weißt du was, ich lass uns Badewasser ein, wir trinken dabei ein Gläschen und …«
»Und was?«, fragte Andrea mit diesem Augenaufschlag, den Brandt so liebte.
»Na ja, wir machen halt ein bisschen rum. Das soll bekanntlich die Sorgen vertreiben.«
»Ich hab nichts dagegen.«
Es war fast vier Uhr morgens, als sie das Licht löschten. Andrea schlief in seinem Arm ein, so wie sie es immer machte, wenn sie bei ihm oder er bei ihr übernachtete. Brandts vor wenigen Stunden noch vorhandene depressive Stimmung war wie weggeblasen. Er fühlte sich wieder gut.
Samstag, 9.00 Uhr
Der Wecker hatte sie um halb neun aus dem Schlaf geklingelt. Andrea gab ein leises Knurren von sich und drehte sich auf die andere Seite, während Brandt aufstand, ins Bad ging, sich frisch machte, anzog und beim Bäcker Brötchen, die
Bild
-Zeitung und die
Offenbach Post
holte. Obwohl es noch recht früh war, brannte die Sonne bereits jetzt von einem wolkenlosen Himmel, kaum ein Luftzug war zu spüren. Der gestrige Wetterberichthatte für heute über fünfunddreißig Grad angekündigt, eine Temperatur, die im Rhein-Main-Gebiet kaum zu ertragen war. Er hatte nichts gegen Hitze – solange er am Strand lag und das Wasser nur ein paar Meter entfernt war. Aber im Präsidium würde, wie immer im Sommer, die Luft zum Schneiden dick sein. In diesem Moment beneidete er Sarah und Michelle, die das Meer direkt vor der Tür hatten.
Als er zurückkam, war Andrea gerade auf dem Weg ins Bad. Ihre Augen waren noch klein, und sie gähnte.
»Ausgeschlafen?«
»Haha! Wie soll man nach nicht mal fünf Stunden ausgeschlafen sein. Ich frag mich, wie du immer so schnell wieder fit sein kannst.«
»Training und zwei Töchter«, erwiderte er, deckte den Tisch, kochte Kaffee und vertrieb sich die Zeit, bis Andrea mit ihrer Morgentoilette fertig war, mit Zeitunglesen.
»Und, steht was Interessantes drin?«, fragte sie und umarmte ihn von hinten. Er hatte sie nicht kommen hören.
»Von Kaufung jedenfalls noch nichts. Ist auch ganz gut so. Ich hab’s aber ein bisschen eilig. Ich muss um zehn im Büro sein, du weißt schon, dieser Pierre.«
»Gérard«, verbesserte ihn Andrea, während sie sich setzte, ein Brötchen nahm und es in der Mitte durchschnitt.
»Ist mir wurscht, wie der Typ heißt, ich brauch Informationen, und die Erfahrung hat mich nun mal gelehrt, dass gerade Kneipenbesitzer oder Barkeeper meistens die besten haben, auch wenn sie sie manchmal nur unter Druck rausrücken. Aber Pierre wird mir bestimmt den einen oder andern Namen nennen.«
»Gérard«, sagte Andrea schmunzelnd und biss von einer mit Erdbeermarmelade bestrichenen Brötchenhälfte ab.
»Sprichst du eigentlich Französisch?«, wollte Brandt wissen.
»Ich kann mich gut verständigen, warum?«
»Nur so. Und was ist mit Englisch?«
»Ziemlich gut. Außerdem spreche ich noch einigermaßen Spanisch, und dass ich gerne Portugiesisch lernen möchte, weißt du.«
»Du meine Güte, ich bin schon froh, wenn ich ein paar Brocken Englisch rauskriege, und du …«
»Wieso, du sprichst dafür perfekt Italienisch. Du hast das Glück, zweisprachig aufgewachsen zu sein.«
»Das ist was anderes. Du hast alles lernen müssen.« Brandt schaute auf die Uhr. »Ich muss gleich los. Und du eigentlich auch, denn ich möchte gerne so schnell wie möglich wissen, wann genau Kaufung das Zeitliche gesegnet hat.«
»Alter Sklaventreiber. Aber meinen
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