Mord auf Raten
falls du das vergessen haben solltest. Und wenn’s sein muss, streite ich mich auch über Geschmack.«
»Aber nicht mit mir. Außerdem sind wir da, und mir graut’s schon wieder, wenn wir aussteigen müssen. Am liebsten wäre ich jetzt irgendwo am Strand oder bei mir zu Hause.«
»Stell dich nicht so an, ich muss die Hitze schließlich auch ertragen.«
Brandt fand einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zur Galerie. In der Innenstadt herrschte Hochbetrieb, trotz der unerträglichen Temperaturen und der gerade angefangenen Ferien. Aber das alles interessierte ihn im Augenblick wenig, zu sehr beschäftigte ihn die Frage, wer Kaufung auf dem Gewissen hatte. Er hoffte, von Wedel mehr über dessen Freund zu erfahren.
Samstag, 14.12 Uhr
Sie betraten die Galerie, die komplett mit edelstem Teppichboden ausgelegt war. An den Wänden hingen Bilder, von denen einige so aussahen, wie Brandt sie sich vorgestellt hatte, Farbkleckse, die für ihn keinen Sinn machten, dafür aber umso teurer waren, zumindest vermutete er dies. Zum Glück gab es auch andere Motive, die ihm eher zusagten, wie schöne Landschaften oderMenschen. Zwei elegant gekleidete Frauen unterhielten sich mit einem Mann, die jüngere von ihnen kam mit einem Zahnpastalächeln auf die Beamten zu.
»Guten Tag, kann ich Ihnen weiterhelfen?«
»Brandt, Kripo Offenbach. Das ist meine Kollegin Frau Eberl. Wir würden gerne mit Herrn Wedel sprechen. Seine Frau sagte uns, dass er hier ist.«
»Wenn Sie bitte einen Moment warten wollen, ich hole ihn.«
»Nein, ist nicht nötig, wir würden lieber allein mit ihm sprechen. Zeigen Sie uns nur, wo sein Büro ist.«
»Wie Sie wünschen«, sagte die mittelgroße blonde Frau von etwa dreißig Jahren, die einen dunkelblauen Rock, eine weiße Bluse und Pumps trug, nicht unfreundlich. Sie ging mit eleganten Schritten wie ein Model vor den Kommissaren her. Die Galerie bestand aus zwei Ebenen, die zweite war sechs Stufen über der ersten, das Büro von Wedel befand sich am Ende dieser zweiten Ebene. Die junge Frau klopfte an die weiße Tür, von drinnen kam ein kaum hörbares »Herein«.
»Hier sind zwei …«
Brandt drängte sich einfach vorbei, zeigte seinen Ausweis und sagte: »Brandt, Mordkommission. Meine Kollegin Frau Eberl. Herr Wedel?«
»Ja«, antwortete der Angesprochene und stand auf. »Was will die Polizei von mir?«
»Das werden wir Ihnen gleich erklären. Ihre Frau hat Sie noch nicht informiert?«
»Nein, warum?«, fragte Wedel mit hochgezogenen Brauen und deutete auf zwei Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen.
»Es geht um Ihren Freund Dr. Kaufung. Es stimmt doch, dass Sie befreundet sind?«
»Ja, wir sind sogar sehr eng befreundet, wenn ich das so sagen darf. Hat er etwas verbrochen?« Wedel lachte dabei gekünstelt und setzte sich wieder, nachdem auch Brandt und Eberl Platz genommen hatten. Er war nur unwesentlich größer als Brandt, hatte volles graues Haar, blaue Augen, mit denen er die Beamten nicht nur kritisch musterte, sondern förmlich zu durchbohren schien, und ungewöhnlich volle Lippen, die ihm etwas Feminines verliehen. Seine Hände waren gepflegt, die Finger lang und feingliedrig, seine Statur schlank und doch muskulös. Er hatte breite Schultern und kräftige Oberarme, die man nur bekam, wenn man regelmäßig ins Fitness-Studio ging. Er trug eine beige Sommerhose und ein kurzärmliges hellblaues Hemd sowie bordeauxfarbene Slipper. Brandt fiel es schwer, Wedel einzuschätzen, obwohl er in der Regel auf den ersten Blick einen recht genauen Eindruck von einer ihm fremden Person zu gewinnen vermochte. Wedel wirkte derart unverbindlich, dass Brandt diesmal nicht in der Lage war zu sagen, was für ein Mensch ihm gegenübersaß, ob er ihn sympathisch oder eher unsympathisch finden sollte.
Die junge Dame war wieder nach draußen gegangen und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Eine Klimaanlage machte den Aufenthalt erträglich.
»Ob er etwas verbrochen hat, können wir noch nicht sagen. Wir wissen lediglich, dass er tot ist. Deshalb sind wir auch hier.«
Wedels Miene versteinerte sich schlagartig, er schluckte schwer und schüttelte kaum merklich den Kopf, seine Finger krampften sich um die Sessellehne.
»Was sagen Sie da? Jürgen ist tot? Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
»Bei Mord pflegen wir nicht zu spaßen«, antworteteBrandt gelassen. »Wann haben Sie Dr. Kaufung das letzte Mal gesehen?«
»Am Dienstag im Tennisclub. Eigentlich wollten wir auch gestern spielen, aber ich
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