Mord auf Raten
Mitte bis Ende dreißig schätzte. Auffällig waren die tiefblauen Augen, die einen außergewöhnlichen Kontrast zu ihrem halblangen schwarzen Haar und der braunen Haut bildeten. Ihre Figur versteckte sie unter einem knöchellangen weißen Kaftan, unter dem sie nackt war und sich der dunkle Warzenhof ihrer Brüste deutlich abzeichnete. Sie war keine jugendliche Schönheit wie Denise Zinner oder Petra Johannsen, aber sie hatte ein apartes Gesicht mit markanten Wangenknochen und einem vollen, sinnlichen Mund.
»Mein Mann ist leider nicht zu Hause«, sagte sie mit rauchiger Stimme. »Er ist in der Galerie. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
»Nein, wir müssten ihn persönlich sprechen.«
»Ist etwas passiert?«
»Das kann man so sagen. Dr. Kaufung wurde gestern Abend ermordet, und wir haben erfahren, dass Ihr Mann und er gut befreundet waren.«
»Jürgen ist tot?«, fragte sie mit dem gleichen entsetzten und ungläubigen Gesichtsausdruck wie schon Denise Zinner. »Mein Gott, das ist ja schrecklich! Merkwürdig, dass ich bis jetzt noch nichts davon mitbekommen habe. Normalerweise spricht sich so was doch wie ein Lauffeuer rum.«
»Hat es diesmal offensichtlich nicht. Sie kannten Dr. Kaufung gut?«, fragte Brandt neugierig, der nicht ausschließen wollte, dass auch Katharina Wedel etwas mit Kaufung hatte. Er konnte es sich sogar lebhaft vorstellen.
»Ja, schließlich waren mein Mann und er beste Freunde, und Dr. Kaufung war des Öfteren bei uns zu Gast. Und ich war seine Patientin, mehr nicht. Aber kommen Sie doch rein.«
»Gut, hier draußen ist es mir sowieso ein bisschen zu heiß.«
»Kann ich verstehen«, sagte sie und machte die Tür zu, nachdem die Kommissare im Haus waren. »Gleich hier vorne rechts.«
Auch wenn die Häuser sich äußerlich unterschieden, so war ihnen eines doch gemeinsam – alle waren erlesen elegant eingerichtet. Brandt und Eberl nahmen auf dem Sofa Platz, während sich Katharina Wedel in einen Sessel niederließ, die Beine angewinkelt, die Füße berührten den Po.
»Diese Nachricht ist wirklich schwer zu verdauen. Ausgerechnet Jürgen. Das kann ich nicht begreifen. Wer tut so etwas?«
»Das versuchen wir herauszufinden. Was können Sie uns denn über Dr. Kaufung sagen?«
»Was haben Sie denn schon über ihn in Erfahrung gebracht?«
»Das dürfen wir Ihnen leider nicht verraten«, erwiderte Brandt milde lächelnd. »Sie sagen, Sie waren seine Patientin. Was meinen Sie mit ›mehr nicht‹?«
Katharina Wedels Augen blitzten spöttisch auf, als sie antwortete: »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie bereits mit andern Frauen gesprochen haben und wissen, dass er kein Kostverächter war. Aber ich hatte nie etwas mit ihm, ich bin glücklich verheiratet und habe alles, was ich brauche, was man von einigen anderen seiner Patientinnen nicht gerade behaupten kann. Ich habe einen guten Mann, eine reizende Tochter, eben alles, was das Herz begehrt.«
»Dass Dr. Kaufung sich gerne mit Frauen umgeben hat, ist uns bekannt. Was uns viel mehr interessiert, ist, wie er als Mensch und als Arzt war.«
»Nett, freundlich, zuvorkommend und niemals oberflächlich. Er hat jeden ernst genommen und ihm das Gefühl gegeben, wichtig zu sein. Sie sehen, ich kann nur Positives über ihn berichten.«
»Und er hatte keine dunkle Seite oder wenigstens eine Schwäche?«
»Natürlich hatte er Schwächen. Nennen Sie mir einen Menschen, der keine hat. Seine größte Schwäche waren sicherlich die Frauen. Er hatte ständig irgendwelche Affären, und er war ein Spieler.«
Brandt wurde hellhörig, beugte sich nach vorn, sah Katharina Wedel in die Augen und fragte: »Er war ein Spieler?«
»Oh, das ist also noch nicht bis zu Ihnen vorgedrungen. Er war ein Spieler im klassischen Sinn, ein Zocker eben. Ich möchte nicht wissen, wie viel Geld er schon in den diversenKasinos gelassen hat, aber das war eine Leidenschaft oder auch Sucht, die er einfach nicht in den Griff bekam.«
»Hatte er Schulden?«
Katharina Wedel zuckte mit den Schultern. »Da fragen Sie mich zu viel. Ich denke aber nicht, dazu war er zu vermögend. Außerdem, glaube ich, konnte er ganz genau abschätzen, wie weit er gehen konnte. Er hat jedenfalls nie versucht, uns anzupumpen. Aber ob er Schulden hatte, können Sie doch bestimmt ganz leicht rausfinden. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass er Schulden hatte, das Geld kam immer im Überfluss zu ihm. Wo andere es sich mühsam erarbeiten müssen, flog es ihm nur so zu. Die Villa, in der er
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