Mord auf Raten
sagen, es war aber kurz vor sechs.«
»Wirkte er da anders als sonst?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie kennen ihn seit zwei Jahren, haben seit sechs Monaten ein Verhältnis mit ihm, da hört man doch schon an der Stimme, ob den andern etwas bedrückt oder es ihm nicht gut geht.«
»Nein, mir ist nichts aufgefallen, absolut nichts.«
»Keine Spur von Nervosität oder Hektik?«, hakte Brandt nach.
»Nein, überhaupt nicht. Er hat ganz normal geklungen. Er hat gesagt, dass er sich auf den Abend freut, und sogar nocheinen Scherz gemacht. Er war weder nervös noch hektisch, das hätte ich gemerkt.«
»Seltsam, Frau Zinner behauptet genau das Gegenteil, ebenso wie Pierre, der Barkeeper. Beide sagen übereinstimmend aus, dass Dr. Kaufung nervös gewirkt hat und in Eile war, weil er um acht noch einen Termin hatte. Er hat Ihnen gegenüber nichts von einem solchen Termin erwähnt?«
Petra Johannsen schüttelte energisch den Kopf. Sie hatte die Augen zu Schlitzen verengt und sah Brandt an. »Keinen Ton. Das ergibt für mich keinen Sinn, denn dann hätte er mir gesagt, dass es eventuell später werden könnte. Aber nichts dergleichen. Vielleicht hat er den Termin ausgemacht, nachdem er mit mir telefoniert hat. Sollte es so gewesen sein, hat er bestimmt geglaubt, dass es nicht lange dauern würde, denn ich bin sicher, er hätte mich informiert, wäre es anders gewesen. Er hat mich noch nie versetzt.«
Brandt sah Eberl an, nickte kaum merklich und sagte: »Das wäre natürlich eine Erklärung. Wir werden sämtliche Telefonate überprüfen, die er zwischen siebzehn Uhr dreißig und zwanzig Uhr geführt hat. Vielleicht bringt uns das auf eine Spur.«
»Können Sie sich noch erinnern, wie ich Ihnen gestern Abend gesagt habe, dass ich selber nicht wusste, weshalb ich zur Praxis gefahren bin? Es muss eine innere Stimme gewesen sein, die mich dorthin geführt hat.«
»Ja«, entgegnete Brandt.
»Als er um zehn nach neun noch nicht da war, habe ich schon angefangen, mir Gedanken zu machen. Um diese Zeit herrscht nicht mehr sonderlich viel Verkehr, er hätte längst bei mir sein müssen, um mich abzuholen. Wir hatten für halb zehn einen Tisch bei Lorenzo bestellt, wo wir häufig essen waren. Ich habe bei ihm zu Hause angerufen, aufseinem Handy und in der Praxis. Tja, und dann bin ich losgefahren.«
Brandt und Eberl standen auf. Sie hatten ihre Gläser leer getrunken und auf den Tisch gestellt. »Sie haben uns möglicherweise sehr geholfen. Vielen Dank.«
»Ich weiß zwar nicht, womit, aber wenn Sie noch Fragen haben, ich bin das ganze Wochenende über hier zu erreichen. Ich begleite Sie hinaus. Ach, was ich Sie noch fragen wollte – wie geht es Denise?«
»Nicht besonders. Wenn ich das vorhin richtig gedeutet habe, gibt es zwischen Ihnen keinen Konkurrenzneid, oder?«
»Nein, überhaupt nicht. Wir sind sogar ziemlich eng befreundet. Ich ruf sie an, mal sehen, vielleicht hat sie Lust, herzukommen. Wie heißt es doch so schön, geteiltes Leid ist halbes Leid.«
»Wenn Sie so gut befreundet sind, warum haben Sie sie nicht über Dr. Kaufungs Tod informiert?«
»Ich musste erst einmal selbst damit klarkommen. Es ist für mich immer noch unbegreiflich. Wie hat Denise es denn aufgenommen?«
»Rufen Sie sie an, ich könnte mir vorstellen, sie braucht jetzt auch jemanden, mit dem sie sprechen kann«, sagte Brandt und reichte ihr die Hand.
»Machen Sie’s gut, ich drücke Ihnen ganz fest die Daumen, dass Sie den Kerl finden. Und dann soll er für den Rest seines Lebens hinter Gittern schmoren.«
»Wir werden ihn finden, garantiert. Auch Ihnen alles Gute.«
Sobald sie die Tür aufmachten, schlug ihnen brütend heiße Luft entgegen. Brandt nahm sein Handy aus der Brusttasche und tippte die Nummer von Bernhard Spitzer ein.
»Hi, Bernie. Hör zu, ich brauch eine Liste sämtlicherTelefonate, die Kaufung gestern in der Zeit zwischen siebzehn Uhr dreißig und zwanzig Uhr geführt hat. Nicht nur Festnetz, sondern auch Handy. Und zwar so schnell wie möglich.«
»Eine Spur?«
»Vielleicht. Wie lange wirst du brauchen?«
»Ein paar Minuten. Ich ruf dich an.«
Nachdem er sein Handy wieder eingesteckt hatte, fragte er: »Wer ist der oder die Nächste auf unserer Liste?«
Nicole Eberl sah nach und sagte: »Klaus Wedel im Feldbergweg. Ist gleich hier vorne.«
»Soll einer von Kaufungs Freunden gewesen sein. Dann mal los.«
Samstag, 13.30 Uhr
Katharina Wedel kam an die Tür, eine mittelgroße, sehr schlanke Frau, die Brandt auf
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