Mord auf Raten
fragte Eberl neugierig.
»Das wussten Sie nicht? Sie schreibt sehr erfolgreiche historische Romane, und mir gehört diese Galerie. Uns verbindet nicht nur die Liebe, sondern auch die Kunst. Deshalb harmonieren wir auch so prächtig.«
Es klopfte an der Tür, die junge Frau kam herein und sagte leise: »Herr Kolkow ist draußen, Sie haben einen Termin mit ihm. Soll ich ihm sagen, dass er sich noch einen Augenblick gedulden möchte?«
Wedel blickte erst die Kommissare und anschließend die junge Frau an. »Hab ich jetzt ganz vergessen. Ja, sagen Sie ihm, dass er sich noch einen Moment gedulden soll.« Und als sie wieder draußen war: »Haben Sie noch Fragen?«
»Vorerst nicht. Wenn Sie uns bitte nur noch Ihre Telefonnummer sagen würden, damit wir uns gegebenenfalls mit Ihnen in Verbindung setzen können«, erwiderte Brandt. Wedel reichte ihm seine Visitenkarte, auf der auch die Privatnummer vermerkt war.
»Dann noch einen schönen Tag. Und sollten Sie noch Informationen für uns haben oder falls Ihnen noch etwas zu gestern Abend einfällt, hier ist meine Karte.«
»Einen schönen Tag werde ich ganz sicher nicht haben, ichmuss erst einmal diese Nachricht verdauen. Nie mehr Tennis mit meinem Freund. Wenn ich das Schwein vor Ihnen finde, ich garantiere für nichts.«
»Wo wollen Sie denn suchen? Haben Sie doch eine Vermutung, die Sie uns aber nicht mitteilen möchten?«
»War nur so dahergesagt. Ich habe keine Vermutung.«
»Sie haben übrigens eine hübsche Galerie. Allerdings verstehe ich nicht viel von Kunst. Diese zwei Bilder links neben dem Eingang, ich weiß nicht so recht«, sagte Brandt provozierend ruhig und mit leicht herabgezogenen Mundwinkeln. Es war eine bewusste Provokation, mit der er testen wollte, ob sich Wedel aus der Reserve locken ließ. Die einzige Reaktion war jedoch ein vergebendes Lächeln.
»Es ist Kunst. Aber trösten Sie sich, Sie sind nicht der Einzige, der damit nichts anfangen kann.«
»Das beruhigt mich«, erwiderte Brandt ironisch und verließ mit Eberl die Galerie. Er spürte Wedels stechenden Blick in seinem Rücken, aber er drehte sich nicht mehr um. Irgendetwas störte ihn, doch er konnte nicht genau definieren, was es war. Er brauchte Ruhe, um darüber nachzudenken, was an dem eben geführten Gespräch merkwürdig war. Brandt würde Andrea nachher von Wedel berichten, nach einer kalten Dusche und einem noch kälteren Bier. Er hätte jetzt große Lust gehabt, schwimmen zu gehen, aber in Offenbach gab es nicht einmal ein vernünftiges Freibad. In Offenbach gab es fast nichts, was ihn gereizt hätte, hinzugehen, außer auf den Bieberer Berg, aber seit die Kickers nur noch in der Amateurliga rumgurkten, machte ihm auch das keinen Spaß mehr. Dennoch liebte er seine Stadt, hier war er geboren worden, hier war er aufgewachsen, hier war er zur Schule gegangen. Er musste Katharina Wedel Recht geben, die Stadtväter sollten endlich einmal etwas tun, um Offenbach aus dem Schattendaseinherauszuholen, das es seit langem führte. Eine graue Maus neben der schillernden Metropole Frankfurt. Die Frankfurter machten Witze über die Offenbacher, sie fragten, was das Autokennzeichen OF bedeute, und wenn ein Fremder ratlos mit der Schulter zuckte, sagten sie lachend »Ohne Verstand«, weil die Offenbacher nicht einmal das Wort Verstand richtig buchstabieren konnten. Es war natürlich nicht fair, aber Offenbach hatte sich einen Großteil seiner Nichtbeachtung selbst zuzuschreiben. Wer wollte schon in einer Stadt leben, die kaum eine Perspektive bot, wo die Lebensqualität Jahr für Jahr sank, die alteingesessenen Offenbacher immer weniger wurden und und und.
»Wir fahren zurück ins Präsidium«, sagte er zu Eberl. »Ich hab keinen Bock, heute noch mehr in der Gegend rumzufahren, es würde sowieso nichts bringen. Vielleicht liegt auch schon der endgültige Bericht der KTU vor. Und Andrea müsste eigentlich auch fertig sein.«
»Der Wedel gefällt mir nicht«, bemerkte Eberl, ohne auf Brandts Worte einzugehen. »Frag mich aber nicht, warum.«
»Warum?«, fragte Brandt dennoch mit einem Schmunzeln.
»Einfach ein Bauchgefühl. Und wie ist es bei dir?«
»Ähnlich. Er kommt mir ziemlich arrogant vor.«
»Das auch, aber es ist was anderes. Doch was?«
»Keine Ahnung. Aber wir werden ihn im Auge behalten.«
Eberl wischte sich den Schweiß von der Stirn, obwohl es im Auto relativ kühl war. Sie mochte diese Hitze im Kessel des Rhein-Main-Gebiets nicht, sie hatte diese Hitze noch nie gemocht.
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