Mord auf Raten
vorüberziehen lassen, in denen meine Schwester vorkommt. Reicht dir das?«
»Genau das wollte ich von dir hören. Und jetzt überleg mal, wie Wedels Frau und sein Bruder reagiert haben. Nichts von dem, was du eben beschrieben hast, habe ich bei ihnen gesehen. Es herrschte eine eisige Kälte. Die Einzige, die auf mich keinen kalten Eindruck gemacht hat, war die Schwägerin. Das kann zwar auch an ihrer Migräne liegen, aber ich glaub nicht, dass es das war. Sie hat was Besonderes an sich, irgendwie zerbrechlich, wie kostbares Porzellan. Hast du sie mal beobachtet?«
»Ja, und?«
»Mein Gott, sie hat dagesessen, als würde sie einfach nur Schutz suchen. Die Nachricht hat sie umgehauen, ich habe esgesehen. Bei ihrem Mann war das ganz anders. Der hat so freiweg von der Leber geplaudert, als wäre es ihm scheißegal, was mit seinem Bruder passiert ist.«
»Und was willst du mir damit sagen?«, fragte Eberl.
»Weiß ich selbst nicht. Ich hab nur so ein blödes Gefühl, ohne dass ich dir beschreiben könnte, was das für ein Gefühl ist«, antwortete er leicht gereizt.
»Und was ist, wenn das ein reines Familienproblem ist? Die Brüder haben sich einfach nicht verstanden. Es kann doch sein, dass er einfach nur ehrlich ist.«
»Du meinst, die Kälte kommt aus dem Herzen?«
»Ja, warum nicht? Solche Leute sind mir lieber als die Heuchler. Da weiß ich wenigstens, woran ich bin.«
»Kann sein. Aber ich bin überzeugt, dass die Morde an Kaufung und Wedel in direktem Zusammenhang stehen. Wie ich schon sagte, wir müssen eine Verbindung herstellen. Finde doch mal raus, mit wem Wedel gestern alles telefoniert hat. Und dann brauche ich noch eine lückenlose Vita von ihm. Machst du das?«
»Wie könnte ich dir eine Bitte abschlagen. Ich werde mein Bestes tun.«
Sie fuhren auf den Parkplatz des Präsidiums, als Brandts Handy klingelte. Bernhard Spitzer. Er fragte, ob Brandt heute noch mal ins Büro komme.
»Ich bin in einer Minute oben.«
»Okay, bis gleich.«
»Nicole, du kannst schon mal vorgehen, ich muss noch kurz telefonieren.« Er tippte die Nummer seiner Eltern ein und erkundigte sich nach Sarah und Michelle. Seine Mutter sagte ihm, dass beide bei Freundinnen seien, um mit ihnen zu lernen.
»Ich werd heute nicht mehr vorbeikommen, sie sollenspätestens um sieben nach Hause gehen. Falls ich noch nicht da sein sollte, Andrea kommt irgendwann zwischen sechs und sieben. Ich versuch aber rechtzeitig zu Hause zu sein.«
»Ist alles in Ordnung?«, fragte seine Mutter.
»Nur viel Arbeit. Ciao, Mama, ich muss los, sonst schaff ich mein Pensum nicht.«
In seinem Büro wurde er von Spitzer erwartet – und von Elvira Klein, die hinter Brandts Schreibtisch saß. Spitzer zuckte so unauffällig wie möglich mit den Schultern, als wollte er damit sagen, dass er nichts für die Anwesenheit der Klein könne.
»Bequem hinter meinem Schreibtisch?«, fragte er, woraufhin Elvira Klein ihm einen spöttischen Blick zuwarf und aufstand.
»Hab schon besser gesessen«, antwortete sie und machte die Zwischentür zu. »Herr Brandt, ich hatte heute einen nervenaufreibenden Gerichtstermin und bin mehr zufällig hier vorbeigekommen und habe quasi nebenbei von dem Mord an Wedel erfahren. Was können Sie mir denn bis jetzt sagen?«
»Was möchten Sie denn hören?«
»Was Sie bisher herausgefunden haben.«
»Nichts, wenn Sie’s genau wissen wollen. Wir haben weder das Autopsieergebnis, noch kennen wir den genauen Todeszeitpunkt, die Spurensicherung ist noch vor Ort, und die bisherigen Befragungen haben nichts ergeben, was uns weiterführen könnte. Das ist mein ganzer vorläufiger Bericht. Sonst noch was?«
»Und mit wem haben Sie bis jetzt gesprochen? Angehörige?«, fragte sie und setzte sich auf eine freie Stelle des Schreibtischs, ein Fuß auf dem Boden, mit dem andern Beinschlenkerte sie hin und her. Ihr Rock war ein Stück übers Knie gerutscht, und Brandt musste anerkennend zugeben, dass sie lange und sehr schöne Beine hatte.
»Mitarbeiter und Angehörige. Aber da Wedel irgendwann heute Nacht umgebracht wurde und der, oder die Täter, das Band der Videoüberwachung hat mitgehen lassen, stehen wir noch am Anfang.«
»Nun, Herr Brandt, ich will ja nicht drängen, aber das ist jetzt schon der zweite Mord innerhalb von zwei Monaten, dazu noch an zwei Männern, die befreundet waren. Und Sie haben noch nicht einmal den ersten Mord gelöst …«
»Stopp, bevor Sie weitersprechen«, wurde sie von Brandt unterbrochen, der Mühe
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