Mord auf Widerruf
Thackeray. »Nur hatte ich mich in der Ursache für seine Empörung geirrt.«
Dalziel verdaute die Information und begann dann zu grinsen. »Du willst sagen, daß sein Geld dorthin geflossen war …?«
»Ja. Sie hatten nicht genug Vertrauen in ihn, um ihn in ihre Pläne einzuweihen, aber er gehörte zu dem engen Kreis, der die ersten Gerüchte über ihr Interesse an der Firma in Milton Keynes mitbekam. Vielleicht waren sie sogar so schamlos und haben ihn als ahnungslosen Verbreiter ihres Ablenkungsmanövers benutzt. Swain sah jedenfalls plötzlich eine Chance, reich und unabhängig zu werden. Er lieh sich so viel, wie er bekam, verschuldete Moscow bis unters Dach und begann Aktien der Zulieferfirma zu kaufen. Als die Gerüchte sich verbreiteten – und sie wurden durch Swains Käufe nur angefacht –, stiegen die Aktien, aber er kaufte weiter.«
»He, ich habe zwar keine Ahnung von Finanzrecht, aber das ist strafbar, oder?« sagte Dalziel, plötzlich hellwach, weil er etwas gefunden zu haben glaubte, das er Swain anhängen konnte.
»Swain war mit Sicherheit der Meinung«, sagte Thackeray grimmig. »Deshalb hat er seine Spuren so gut verwischt. Aber beruhige dich, Andrew. Strafbar ist so etwas nur, wenn man Gewinn macht. Delgado hatte an einer Übernahme kein Interesse, deshalb kann von Insidergeschäften keine Rede sein. Man kann einen Mann schwerlich dafür bestrafen, daß er eine dumme Investition gemacht und einen beträchtlichen Verlust eingefahren hat.«
»Vermutlich nicht. Kein Wunder, daß er Delgado zur Hölle schickte und das Top-Stellenangebot dazu!« Auf Dalziels Zügen breitete sich ein fast bewunderndes Lächeln aus. »Aber es war kein reiner Verlust. Es gelang ihm, zum Freund der Arbeiter erkoren zu werden, indem er die bitterbösen Kapitalisten anprangerte. Bei Gott, eines muß man dem Idioten lassen. Würde er einen Arm verlieren, würde er ihn an eine Wurstfabrik verkaufen!«
»Seine Heuchelei ist unverzeihlich«, sagte Thackeray mit Widerwillen.
»Tja, aber auch das ist keine Straftat«, sagte Dalziel. »Und du fragst dich nun, ob er sich nicht die Frage gestellt hat, wie die Aktien stehen würden, wenn er seine angetraute Ehehälfte ins Jenseits befördern würde, als er merkte, daß er sich die Muncaster-Leute nicht länger vom Leib halten konnte.«
»Nein, Andrew, die Tatsachen sind so eindeutig, daß ich nicht verstehe, wie du selbst bei deinem Vorurteil an dem Glauben festhalten kannst, daß Swain am Tod seiner Frau schuldig ist. Er mag ein Heuchler sein und ein Egoist und es mit der Geschäftsmoral nicht so genau nehmen, aber das macht ihn noch lange nicht zum Mörder.«
»Macht ihn aber auch nicht ungeeignet, dein Mandant zu sein«, sagte Dalziel verschlagen. »Ich meine, deine Beschreibung Swains trifft doch mit Sicherheit auf die Hälfte der Strolche in deiner Kartei zu! Der Hase muß woanders im Pfeffer liegen.«
»Vielleicht weißt du nur nicht mehr, was ein reines Gewissen ist, Andrew«, sagte Thackeray und stand auf.
An der Bar gähnte John ein von Herzen kommendes Dankgebet.
Dalziel schüttelte nachdenklich den Kopf und sagte: »Geld. Es muß etwas mit Geld zu tun haben. Deine Zunft hebt ihr Gewissen doch in der Bank auf, stimmt’s?«
Dann machte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit.
»Ach so! Es war doch … es konnte doch nicht … ich wette, so war’s! Eine der fälligen Verbindlichkeiten, die keinen Aufschub mehr duldeten, war eine Kostennote? Hat der freche Kerl deine Rechnung mit einem gefälschten Scheck beglichen? Bei Gott, ich habe bisher nicht viel für Swain übrig gehabt, das muß ich zugeben. Aber in jedem Menschen steckt irgend etwas Gutes, man muß nur genau genug hinsehen. Den eigenen Anwalt mit einem gefälschten Scheck zu bezahlen! Wenn ich etwas zu trinken hätte, würde ich auf den Tausendsassa anstoßen! Was für eine geniale Idee! Setz dich, Eden, und mach kein so langes Gesicht. John, füll noch einmal die Gläser. Doppelt doppelte Doppelte!«
Drei
N icht lange, nachdem Dalziel Johns immer gotteslästerlichere Gebete erhört und den Club verlassen hatte, machte sich Sergeant Wield auf den Weg zur Arbeit. Es war der Tag, an dem im Morgengrauen die Razzia wegen der Hooligans anstand. Machen wir jede Menge Aufhebens von der Sache, hatte Dalziel gesagt. Doch nasse Füße bekam wie immer die arme verdammte Infanterie, dachte Wield, als er den Nieselregen aus seiner Regenjacke schüttelte.
Er hatte wenigstens noch den Trost, nicht im
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