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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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bewundernd auf Dalziels leeres Glas.
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Der Anwalt stellte sein ebenfalls leeres Glas neben Dalziels und erkundigte sich höflich: »Übst du dich diese Woche in Abstinenz?«
    »Du würdest doch kein Glas von einem Mann annehmen, der im Begriff ist, dich einen verdammten Lügner zu nennen, oder?«
    »Mit Sicherheit nicht. Andererseits hättest du kein Glas von einem Mann angenommen, den du einen verdammten Lügner zu nennen im Begriff warst, also muß es sich hier um ein Mißverständnis handeln.«
    Dalziel dachte nach und sagte: »In Ordnung. Aber du spuckst alles aus, bevor wir hier heute abend rausgehen, das verspreche ich dir! John, sind Sie ein Ableger der Temperenzlerbewegung, oder was? Hier stehen leere Gläser. Montagabends gibt es Würstchen im Schlafrock, dafür brauchen wir eine solide Grundlage.«
    Mit dem leeren Lächeln eines Menschen, der sich wünscht, der Koch stünde auf seiner Seite, langte John nach dem Macallan.
     
    Die alte Standuhr im Vestibül des Clubs hatte zwei geschlagen, und John war auf seinem Posten eingeschlafen, bevor Dalziel den Schlüssel zu Eden Thackerays Nähkästchen fand.
    Mit Alkohol hatte er es so lange probiert, bis das Würstchen in seinem Schlafrock in Burgunder und Scotch nur so schwamm. Danach hatte er es mit Bestechung versucht und dem Anwalt angeboten, er dürfe in den nächsten vierundzwanzig Monaten bei zwei Fällen seiner Wahl Einsicht in Ermittlungsergebnisse nehmen. Dann wollte er ihn erpressen, indem er sich laut fragte, was die älteren, wohlhabenden Mandanten des Anwalts wohl von der achtzehnjährigen »Nichte« hielten, die dieser mit nach Sardinien genommen hatte.
    Abgesehen davon, daß Thackeray eine Augenbraue hob, als er vernahm, wie vertraut Dalziel mit seinem Privatleben war, hatte der Anwalt die Köder gleichermaßen gleichgültig zur Kenntnis genommen. Verblüfft stand Dalziel auf, um seine Gedanken beim Pinkeln neu zu ordnen. Bei seiner Rückkehr hielt er an der Bar inne, um einen weiteren Whisky zu bestellen.
    »Ist mit Mr. Thackeray alles in Ordnung?« fragte John mit der schweren Zunge eines aus dem Schlaf gerissenen Menschen.
    »Ja. Warum?«
    »Seine Zeit ist gewöhnlich elf. Mitternacht an Club-Abenden. So spät habe ich ihn hier noch nie gesehen.«
    Es war ein tapferer Vorstoß, seine beiden letzten Kunden loszuwerden, doch er scheiterte kläglich. Dalziels Gesicht strahlte wie die sinkende Sonne über der Bucht.
    Er sagte: »Du hast recht, Junge. Gib uns für dieses Mal doppelte.«
    »Sie trinken seit vier Stunden nichts anderes«, entgegnete John mürrisch.
    »Dann doppelte Doppelte!« verbesserte sich Dalziel.
    Er stellte das Glas vor Thackeray hin und sagte: »Austrinken! Das ist das letzte.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Du gehörst längst ins Bett, und ich muß auch im Morgengrauen aus den Federn. Nun ist Schluß mit der Ziererei. Karten auf den Tisch. Wir wissen beide, daß ich herausfinden will, warum du Phil Swain den Laufpaß gegeben hast. Nur ist mir eben erst aufgegangen, daß du genauso scharf darauf bist, es mir zu erzählen, wie ich, es zu erfahren!«
    »Wie um Himmels willen kommst du denn auf diesen Gedanken?«
    »Sonst wärst du schon vor Stunden abgedampft! Du bist nur in der Hoffnung geblieben, daß ich dir einen Vorwand liefere, dein Geheimnis auszuplaudern, ohne daß dein verdammtes berufliches Gewissen allzu großen Schaden nimmt.«
    Thackeray dachte nach, lächelte und meinte dann: »Das ist wahnsinnig subtil, Andy. Aber nachdem du bereits versucht hast, mich betrunken zu machen, zu bestechen und zu bedrohen, was bleibt da übrig? Ein ordentlicher Tritt?«
    »Man muß es mit den Mitteln versuchen, mit denen man sich auskennt«, sagte ein unbußfertiger Dalziel. »Doch ich werfe das Handtuch. Deshalb werde ich morgen, nein, ich meine natürlich heute, als allererstes Swain so lange einheizen, bis er Schikane schreit. Dann mache ich weiter, bis er eine Verfügung auf den Tisch legt, die mich zum Aufhören zwingt. Dann werde ich ihm weiter einheizen, bis ich vor Desperado Dan lande oder meinetwegen sogar vor Gericht. Dann werde ich ihm weiter einheizen, bis ich … hast du kapiert?«
    »Du ganz gewaltig in der Tinte sitzt?«
    »Ja.«
    »Und es wird alles meine Schuld sein?«
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht, ob mein Gewissen
das
zuläßt«, sagte Thackeray todernst. »Besonders wenn das, was ich weiß, so wenig ist.
Sub specie aeternitatis
betrachtet, sind die

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