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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Freien eingesetzt zu sein.
    Pascoe, der den Einsatz der uniformierten Teams koordinierte, die die Verhaftungen vornahmen, war den Elementen ausgeliefert. Er zog hinter den Männern von Haus zu Haus, holte sich jede Information, die er von Eltern und Familie kriegen konnte, und stellte sicher, daß seine Suchmannschaft jeden Fetzen Beweismaterial aus den Zimmern der Jugendlichen mitnahm.
    Wield hatte die Aufgabe, die Festgenommenen zu begrüßen und ihre ersten Aussagen aufzunehmen. Man hoffte, so manches unfreiwillige Geständnis aus ihnen herauszuquetschen, solange ihnen der Schlaf noch die Augen verklebte und ihnen der Schreck über die Nacht-und-Nebel-Aktion noch in den Knochen saß.
    Die ersten drei waren zu unterschiedlichen Anteilen mißmutig, widerspenstig, empört und ängstlich, aber sonst schienen sie nichts gemeinsam zu haben. Was trieb einen neunzehnjährigen Automechaniker, einen Einundzwanzigjährigen, der in seinem ganzen Leben noch keinen Schlag Arbeit getan hatte, und einen jungverheirateten Dreiundzwanzigjährigen, der gerade den zweiten Teil seiner Anwaltsgehilfenprüfung bestanden hatte, zur Gewalt? Letzterer war merkwürdigerweise der einzige, der nicht nach einem Anwalt blökte. Vielleicht malte er sich bereits aus, was seine Festnahme für seine berufliche Laufbahn bedeutete, und hoffte, irgendwie noch ungeschoren davonzukommen. Wield setzte ihn unter Druck, und schon tröpfelten stetig Namen und Informationen, die von Zeit zu Zeit von Unschuldsbeteuerungen unterbrochen wurden. Nur als er wegen des Toten im Zug und des Überfalls in der Kneipe in die Zange genommen wurde, kam das Tröpfeln zum Erliegen. Er kannte sich hinreichend aus, um zu wissen, wo das Verpfeifen aufhörte und die Zeugenaussage begann.
    Der vierte und letzte war achtzehn, arbeitslos und schien von den Verhafteten am wenigsten unter Druck zu stehen, vielleicht, weil er die meiste Zeit gehabt hatte, seine Fassung wiederzugewinnen.
    Er war auch der Rädelsführer der Bande, die Wield an dem Abend, als er Waterson folgte, am Parktor überfallen hatte.
    Er gab nicht zu erkennen, daß er Wield schon einmal gesehen hatte. Wield, der daran gewöhnt war, daß seine zerklüfteten Züge unvergeßlich waren, fühlte sich seltsam pikiert.
    »Medwin, Jason«, las Wield vor. »Jude’s Lane 76. Arbeitslos.«
    »Das bin ich«, bestätigte der Jugendliche freundlich.
    »Schon mal Arbeit gehabt?«
    »Schlosserlehrling nach der Schule. Stellenabbau. Dann war ich einige Monate bei der Parkverwaltung.«
    »Wurde die Stelle auch abgebaut?«
    »Nein. Hab sie an den Nagel gehängt. Hat mir nicht gelegen.«
    »Was würde dir denn liegen, junger Mann?« fragte Wield.
    »Weiß nicht. Vielleicht Ihr Job.« Er grinste. »Muß großartig sein, Leuten eins auszuwischen, ohne daß es eine Beschwerde gibt.«
    Wield sagte sanft: »Macht es dir Spaß, den Leuten eins auszuwischen?«
    Medwin zuckte die Schultern.
    »Hab nichts dagegen, meine Fäuste zu gebrauchen«, sagte er.
    »So? Und warum?«
    »Weiß nicht. Macht mich an. Man merkt, daß man lebt.«
    »Wenn jemand fest genug zurückschlägt, merkst du vielleicht, daß du tot bist«, meinte Wield.
    Noch ein Schulterzucken. Er sah gut aus; blondes, seitlich kurz geschnittenes Haar, oben modern gestylt; die Nase leicht schief (vielleicht von einer Schlägerei?); tiefblaue Augen; attraktives Lächeln; Flaum auf den Wangen; auf dem Kinn Stoppeln, die verrieten, daß er das Haus zu schnell verlassen mußte, um sich vorher rasieren zu können … Wield nahm sich zusammen. Was als professionelle Bestandsaufnahme angefangen hatte, war zu einer … was? geworden. Er rief sich ins Gedächtnis, daß Medwin, Jason, zu Fußballspielen ging, um dort Chaos zu veranstalten, an Parktoren Schwulen auflauerte und Tausenden von Besuchern dieser Stadt das Ferienvergnügen verderben wollte.
    »Du hast also nichts dagegen, wenn dich jemand verletzt oder umbringt?« sagte er.
    »Nicht viel. Es hat auch sonst niemand was dagegen.«
    »Ach ja? Ich verstehe. Keine Freunde, was? Probleme, mit anderen auszukommen, ja?«
    Er hatte ins Schwarze getroffen. Eine Sekunde sah er die Augen, die ihn am Abend des Überfalls mit mörderischem Haß angesehen hatten. Ein Blinzeln, und der lächelnde Junge mit der schiefen Nase saß wieder vor ihm.
    »Ich habe Freunde. Jede Menge.«
    »Nenn mir sechs«, sagte Wield.
    »Was soll denn das heißen?« fragte Medwin verblüfft. »Sie glauben doch nicht etwa, daß ich so einfach die Namen meiner

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