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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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den nächsten vierundzwanzig Stunden wieder auftaucht. Der Superintendent ist jedoch wieder da.«
    »Was machte er für einen Eindruck?«
    »Nicht gerade glücklich. Ich habe ihn gefragt, ob es im ›Pilger‹ gut gelaufen sei, aber er sagte, der Wirt sei so hilfsbereit gewesen wie der Trottel vom Dienst, und sein Bier sei auch ungenießbar.«
    »So schlimm! Dann laß ich ihn wohl erst einmal eine Weile in Ruhe.«
    »Er ist sowieso nicht allein.«
    »Ach ja? Wer ist denn bei ihm?«
    Broomfield zuckte mit den Schultern und sagte: »Wer weiß?
Er
hatte Dienst, als sie aufkreuzten.«
    Er wies mit dem Kopf in Richtung des hinteren Büros, wo Police Constable Hector gebeugten Hauptes und mit der verzückten Konzentration eines Schimpansen, der sich überlegt, wie er am besten den »Hamlet« beginnt, über einer Schreibmaschine saß.
    Seufzend machte sich Pascoe auf den Weg.
    Ihn plagte die Neugier, wer wohl Dalziels Besucher waren, aber es juckte ihn nicht so sehr, daß er sofort hätte kratzen müssen. Doch als er das Stockwerk der Kripo erreichte, begrüßte ihn das Gebrüll eines verwundeten Mammuts. Sein erfahrenes Ohr hörte die Wut heraus, aus der es geboren war. In solchen Fällen war es üblich, sich in einen Schrank einzuschließen, bis man wußte, gegen wen sich die Wut richtete, doch da er sich ausnahmsweise sicher fühlte, gab er seiner Neugier nach, klopfte an die Tür seines Vorgesetzten, steckte den Kopf hinein und fragte: »Haben Sie gerufen, Sir?«
    Das Geheimnis war gelöst. Die Besucher waren Philip Swain und Eden Thackeray. Der Anwalt lächelte ihm zu. Swain, blaß und verhärmt, ignorierte ihn. Und Dalziel fauchte: »Nein, hab ich verdammt noch mal nicht, aber wenn du schon hier bist, komm am besten rein. Ich hätte verdammt noch mal gern einen Zeugen, wenn ich verdammt noch mal diffamiert werde!«
    »Ich bitte Sie«, sagte Thackeray, ganz Mann von Welt. »Von Diffamierung kann nicht die Rede sein. Sie werden doch gar nicht beschuldigt. Um mögliche Mißverständnisse von vornherein auszuschließen, lassen Sie mich gleich zu Beginn sagen, daß wir gar nicht bestreiten, daß mein Mandant seine Aussage freiwillig gemacht hat. Er war keinem Zwang ausgesetzt, und alles wurde vorschriftsmäßig abgewickelt.«
    »Danke vielmals«, knurrte Dalziel.
    »Nun will er nichts anderes, als freiwillig, ohne Zwang und streng nach Vorschrift, diese Aussage leicht abzuändern«, fuhr der Anwalt fort. »Ist das alles?« fragte Dalziel, triefend vor Sarkasmus.
    »Ich habe hier Kopien seiner überarbeiteten Aussage. Vielleicht sollte ich sie Ihnen vorlesen, damit wir alle Hürden hinsichtlich Verständlichkeit und Interpretation ausräumen können.«
    Der Anwalt setzte eine Hornbrille auf und hüstelte hinter vorgehaltener Hand. Pascoe war klar, daß er, abgesehen davon, daß er seinen Mandanten vertrat, seinen Spaß an der Szene hatte.
    Er hob zu sprechen an.
    »Ich möchte zuvor betonen, daß die Aussage exakt so lautet, wie Mr. Swain sie diktierte. Sie enthält weder von meiner noch von anderer Seite Veränderungen oder Eingriffe.«
    Er räusperte sich noch einmal und begann dann mit dem Vorlesen.
    »›Als Superintendent Dalziel mich in der Nacht von Gails Tod zur Polizei brachte, stand ich vermutlich unter Schock. Alles kam mir unwirklich, weit weg und unwichtig vor. Alles, außer Gails Tod. Der Schock hielt einige Zeit an, doch erst als ich auf Mr. Thackerays Rat hin meinen Arzt aufsuchte, wurde er diagnostiziert. Ich werde immer das Gefühl haben, an Gails Tod mitschuldig zu sein. Irgendwie muß ich ihr gegenüber versagt haben. Und wenn ich in jener Nacht nicht zu Waterson geeilt wäre, hätten wir eine Lösung finden können. Wie auch immer die Wahrheit aussehen mag, ich erkenne nun, daß diese Gefühle meine Urteilsfähigkeit und mein Erinnerungsvermögen beeinträchtigten, so daß ich in meiner ersten Aussage die volle Schuld übernehmen wollte, sogar über die moralische und psychologische hinaus bis zur physischen, und behauptete, daß sich meine Hand an der Waffe befand, als diese losging. Nun kann ich mich daran erinnern und, was noch wichtiger ist, zugeben, was wirklich geschah. Als Gail anfing, mit der Waffe zu hantieren, war es Waterson und nicht ich, der sie zu packen versuchte. Vielleicht fühlte er sich bedroht, vielleicht war seine einzige Sorge, sie daran zu hindern, sich Schaden zuzufügen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß die Waffe losging und Waterson sich völlig aufzulösen schien. Er

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