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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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angenommen, daß man einen Polizisten schneller los wird, wenn man ihn stehen läßt. Das traf aber nicht zu. Er lehnte sich gegen die Lehne eines Stuhls und sah sich die Frau genau an. Sie sah ruhig und beherrscht aus, ihr Gesicht gehörte zu der Sorte, die man gern sieht, wenn man hilflos im Krankenhaus liegt. Er spürte etwas hinter dieser Fassade. Was hatte Seymour gesagt? Sie sei sehr unglücklich? Ja, das war’s; aber da war noch mehr. Er hatte den Verdacht, daß man ihr ständig mehr aufbürdete. Er wußte aus eigener Erfahrung, daß körperliches Leiden selbstsüchtig macht, aber es gab Formen des geistigen und seelischen Leidens, bei denen der Jammer der anderen wie Hammerschläge auf einen Menschen niederging, und in einem solchen Zustand konnte jeder Tod und jede Krankheitsverschlechterung für eine Schwester zur persönlichen Niederlage werden.
    Er sagte: »Ist Ihr Mann abhängig, Mrs. Waterson?«
    Sie erwiderte: »Er spritzt nicht, hat es zumindest nicht getan. Das hätte ich während unseres Zusammenlebens gemerkt. Hasch, ja. Wer nimmt das nicht? Amphetamine manchmal, und ich habe auch keinen Zweifel, wenn er an Kokain kommt, dann snieft er. Doch als Abhängigen würde ich ihn nicht bezeichnen.«
    Das klang defensiv. Sowohl Wield als auch Seymour hatten gespürt, daß ihre Gefühle für ihren Mann ambivalent waren. Katholisch zu sein gab einem manchmal Gründe an die Hand, eine Scheidung zu vermeiden. So konnte selbst Gott zum Vorwand werden.
    »Als er Sie bat, Drogen zu stehlen, sind Sie da davon ausgegangen, daß sie für ihn persönlich waren?«
    »Ja, natürlich. Für wen denn sonst? Mein Gott, Sie spielen doch nicht etwa mit dem Gedanken, daß er dealt? Herrje! Er kriegt noch nicht einmal sein eigenes Leben auf die Reihe, von einem Drogenring ganz zu schweigen! Geben Sie ihm eine Sanduhr, und die geht im Handumdrehen nach! Wenn er das Zeug verkaufen würde, hätte er Vorräte und wäre wohl kaum ständig pleite, oder?«
    Sie wiederholte, was Dalziel gesagt hatte. Pascoe lächelte reumütig, daß er das zweite Mal innerhalb einer Stunde abgekanzelt worden war. Dann setzte er seine ernsteste Miene auf und sagte: »Ihr Mann ist knapp bei Kasse, sagen Sie? Hat er denn keine Abfindung bekommen, als er ausschied?«
    »Er hat in der Tat etwas bekommen. Einen Anspruch hatte er zwar nicht, weil er selber es war, der gekündigt hatte, aber man hat ihm eine großzügige Abfindung gegeben. Ich vermute, weil man ihn mochte. Er war nicht zum Aushalten, aber man mochte ihn.« Sie lachte freudlos. »Wie ich.«
    »Und was ist daraus geworden?«
    »Das weiß Gott allein. Der Ausbau des Dachbodens hat mit Sicherheit eine ganze Stange gekostet. Er konnte nicht im Gästezimmer arbeiten. Nicht Greg. Immer die grandiosen Ideen. Er mußte unbedingt sein eigenes Atelier haben …«
    Ihre Stimme wurde leiser. Pascoe folgte ihren Gedanken … wenn Greg nicht Swain beauftragt hätte, sein Atelier zu bauen, hätte er nicht Gail Swain kennengelernt, und sie wäre nun nicht tot, und Greg wäre nicht …
    Was zum Teufel machte dieser Waterson nur?
    Er sagte: »In Ordnung, als Dealer können Sie sich Ihren Mann nicht vorstellen. Wie wär’s damit: Wenn jemand dringend Stoff benötigte und Ihr Mann wollte diesen Jemand gern beeindrucken, würde er da vielleicht den großen Macker, den Mann mit den tollen Verbindungen spielen?«
    Sie fuhr sich mit den Fingerspitzen über ihre hohlen Wangen, die tiefblauen Augen auf sein Gesicht gerichtet, ohne ihn wirklich anzusehen. Dann huschte die Parodie eines Lächelns über ihr Gesicht, und sie sagte leise: »Haben Sie nicht gesagt, daß Sie meinen Mann nicht kennen?«
    »Sie glauben also, daß ich richtig liegen könnte?«
    »Genauso ist er. Besonders gegenüber Blondinen.«
    Welche Gründe sie auch immer angab, in dem Eintopf von Gründen, ihren Mann zu verlassen, war die Eifersucht das Fleisch. Das erleichterte ihm den nächsten Punkt.
    Sehr forsch und geschäftsmäßig fragte er: »Wir würden uns gern mit einer Frau unterhalten, die eine Beziehung mit Ihrem Mann gehabt haben könnte. So diskret wie möglich natürlich. Wir wollen kein Porzellan zertrümmern.«
    Ein Gefühl der Scham überkam ihn ob seiner List, ihr einen Ausweg anzubieten, der ihr Gewissen beruhigte, und einen Anreiz, ihre Rachegelüste zu befriedigen.
    Was stärker wog, konnte er nicht ausmachen, aber sie erwiderte wie aus der Pistole geschossen: »Christine Coombes. Beverley King.«
    »Nur zwei?« sagte er, und

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