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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schon beim Aussprechen der Frage bemerkte er den rüden Dalzielismus.
    »Zwei, bei denen ich mir sicher bin«, sagte sie, ohne daß es sie zu stören schien. »Jede Menge Vermutungen, aber ich lasse Sie nicht auf Vermutungen los.«
    So also hatte sie ihr Gewissen beruhigt. Er fragte: »Und die Gewißheit …?«
    »Von Mrs. Coombes habe ich Briefe gefunden. Mit Miss King habe ich ihn in den Steigbügeln angetroffen.«
    »Meine Güte. Ich meine, das tut mir leid. Gibt es noch etwas, das Sie mir sagen können? Adressen vielleicht?«
    »Keine Ahnung. King arbeitet in Gregs alter Firma, und Chris Coombes ist mit Peter Coombes verheiratet, dem Personalchef ebendieser Firma, Sie sehen also, daß er nichts dagegen hatte, es auf seiner eigenen Türschwelle zu treiben, im Fall King sozusagen buchstäblich.«
    Während der gesamten Befragung hatte sie steif dagestanden. Nun schienen ihre Beinmuskeln nachzugeben, leicht schwankend setzte sie sich hin.
    Pascoe sagte: »Ist alles in Ordnung, Mrs. Waterson?«
    »Bestens. Warum setzen Sie sich nicht? Es war sehr unhöflich von mir …«
    Er sah sie unsicher an. Er zog es vor, wenn sie stark war.
    »Nein danke, ich muß wirklich los, und ich habe Ihnen genug von Ihrer Zeit gestohlen. Danke für Ihre Hilfe. Ich hoffe, daß sich irgendwie eine Lösung für Sie findet. Bleiben Sie ruhig sitzen. Ich finde die Tür.«
    Schuldbewußt verließ er das Zimmer. Auf der Treppe begegnete ihm eine Schwester. Er hielt sie an und fragte: »Kennen Sie Mrs. Waterson? Mir kommt es so vor, als ginge es ihr nicht gut. Wenn Sie vielleicht in ein paar Minuten unauffällig bei ihr reinschauen könnten, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist? … Danke.«
    Er setzte seinen Weg fort, etwas erleichtert, aber nicht sehr.

Fünf
    E in Paranoiker war Andrew Dalziel nicht, da mochten seine Freunde sagen, was sie wollten. Er hielt sich weder für unfehlbar noch für zu unrecht verfolgt. Seine große Stärke war, daß er seine Fehler hinter sich lassen konnte wie ein Pferd seine Äpfel und sich darüber im klaren war, wie er selbst einmal bemerkte, daß man mit Verfolgung rechnen mußte, wenn man den Leuten auf den Teppich kackte.
    Doch wenn er überzeugt war, richtigzuliegen, war er nicht davon abzubringen, bevor er nicht alles auf den Kopf gestellt hatte.
    Der Schlüssel war natürlich Gail Swain, doch eine Leiche auf den Kopf zu stellen würde nicht viel bringen. Philip Swain stand zur Zeit unter dem Schutz des gewaltigen Eden Thackeray, und um den auf den Kopf zu stellen, würde er einen Kran brauchen. Gregory Waterson klang danach, als könnte ihn eine starke Ameise auf den Kopf stellen, aber sie mußten den blöden Kerl erst einmal finden. Und das ließ sehr wenige Kandidaten übrig, bei denen er das Unterste zuoberst kehren konnte.
    Nachdem Pascoe gegangen war, überflog Dalziel noch einmal einen Zettel, der am Vormittag eingegangen war. Wenn Pascoe ihn gesehen hätte, wäre ihm aufgegangen, daß Dalziel wahrhaft am Ende war, denn er stammte vom Zentralrechner der Polizei, und dem stand Dalziel mit derselben Begeisterung gegenüber wie ein Vandale den Verfeinerungen der griechisch-römischen Kultur. Da hieß es:
     
    PERSONALAKTEN DES SPECIAL AIR SERVICE NICHT OHNE GENEHMIGUNG DES VERTEIDIGUNGSMINISTERIUMS ZUGÄNGLICH ; LT . ARMEEARCHIV : CPL MITCHELL , GARY , GEBOREN IN CONSETT , NORTHUMBERLAND , 8.6.59, 1977 EINTRITT INS VERSORGUNGSCORPS , 1983 ENTLASSEN , KEINE STRAFTATEN .
     
    In der Not frißt der Teufel Fliegen, sagte er sich. Und mit einem viehischen Rülpser, der ihn daran erinnerte, wie wenig Zeit es noch bis zum Mittagessen war, stand er auf und ging zum Mid-Yorkshire-Schießclub, um dort einiges auf den Kopf zu stellen.
    Zur Mittagszeit, wenn die angespannten Manager ihren morgendlichen Streß abreagierten, ließ das Geschäft im Club offensichtlich nichts zu wünschen übrig. Eine gedämpfte Salve aus einem Schießstand irgendwo im Gebäude zerriß die Luft, als Dalziel in dem kleinen, militärisch ordentlichen Büro auf Mitchell wartete. Nach wenigen Minuten kam ein athletischer Hüne herein, Ohrenschützer um den Hals und eine verärgerte Miene zur Schau tragend. In der Hand hielt er einen geöffneten Revolver, den er behutsam auf einen Aktenschrank legte.
    »Ich bin Mitchell«, sagte er, setzte sich auf einen Drehstuhl, legte die Beine über Kreuz auf seinen Schreibtisch und kratzte sich die Designerstoppeln. »Ich hoffe, es dauert nicht zu lange. Ich habe bereits alles, was ich zu sagen

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