Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Sekunden vorher danach gefragt. Er öffnete eine Schublade in seinem Schreibtisch und nahm eine Brandyflasche hervor.
»Möchten Sie vielleicht auch einen Schuss, Superintendent?«, fragte er.
»Ich bin im Dienst«, antwortete Carter mit einem Lächeln.
»Ja, natürlich.« Hemmings stellte die Flasche zurück in die Schublade und setzte sich wieder zurück. »Balaclava House, sagen Sie? Wo Jay gefunden wurde? Ich glaube mich zu erinnern, dass Sie mir das gesagt haben.«
»Das ist richtig - ich habe Ihnen das gesagt. Kannten Sie das Haus schon vorher?«
Für den Bruchteil einer Sekunde war Hemmings versucht zu lügen. Sein Gesicht verriet nichts, doch seine Körpersprache tat es. Er schien den Atem anzuhalten und sich zu versteifen. Dann entspannte er sich wieder.
»Ja. Ja, ich erinnerte mich - nach dem Gespräch mit Ihnen -, dass ich schon früher von diesem Haus gehört hatte. Nun ja, es steht bei uns in der Gegend, in Weston St. Ambrose, nicht wahr? Oder zumindest beinahe.«
Ihm war klar geworden, dass der Superintendent bereits etwas wusste oder sich denken konnte, wenn er hergekommen war, um über Balaclava House zu reden. Als Nächstes würde Hemmings versuchen herauszufinden, wie viel genau Carter wusste. Aber Carter war auch nicht schlecht in diesem Spiel.
»Es ist ein großes Haus, mit einem riesigen Grundstück dazu«, sagte Carter im Konversationston und griff nach seiner Kaffeetasse.
»In der Tat?«, entgegnete Hemmings misstrauisch.
»Das Haus selbst ist leider in einem traurigen Zustand.«
Der Bauunternehmer nickte. »Das hat man mir gesagt.«
»Oh?«, fragte Carter, indem er seine Tasse abstellte. »Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Verdammt!«, sagte Hemmings. »Der Kaffee ist zu heiß!« Er stellte hastig seine eigene Tasse zurück.
Nicht schnell genug, alter Schlawiner! Carter grinste innerlich. Du bedauerst nicht, dass du dir die Zunge verbrannt hast, sondern dass du mir so leicht in die Falle gegangen bist.
»Ja, ich habe mich ein wenig umgehört, nachdem Sie uns erzählt hatten, dass Jay dort gefunden worden war ...« Hemmings' Ausrede klang dünn, und er wusste es. »Es ... es weckte meine Neugier.«
»Sie waren nicht in jüngster Zeit dort, nachdem Mr. Taylor dort gefunden wurde und Mr. Bickerstaffe, der Besitzer, vorübergehend zu seiner Nichte gezogen ist?«
Stille. Hemmings starrte ihn trübselig an. »Also schön, Superintendent«, sagte er schließlich. »Karten auf den Tisch.«
»Sehr gerne«, antwortete Carter.
»Sie sind ein Mann, der gerne auf den Punkt kommt, und das Gleiche gilt für mich.« Hemmings räusperte sich. »Jay hat mir von diesem Haus erzählt. Er kannte es von irgendwoher. Er dachte, das Land dort wäre reif für ein Bauprojekt. Ich bin Bauunternehmer, und er kam mit einem Vorschlag zu mir. Wir kannten uns von der Rennbahn. Viele Geschäfte nehmen in einem gesellschaftlichen Netz ihren Anfang. Man trifft jemanden und unterhält sich ... und so war es auch in diesem Fall. Jay schlug vor, dass er und ich das Land gemeinsam erschließen könnten. Eine Partnerschaft eingehen. Meine erste Frage war, wie wahrscheinlich es wäre, dass das Land und das Haus auf dem Markt erscheinen würden und wann? Man muss pragmatisch an diese Dinge herangehen. Ich habe schon alle möglichen wilden Ideen von Leuten gehört, wie man eine Wagenladung Geld machen könnte - wenn man nur eine Lösung fände für dieses oder jenes große Problem. ›Also schön, Jay, immer der Reihe nach‹, sagte ich zu ihm. ›Wem gehört das Land und das Haus? Beabsichtigt der Besitzer, es zu verkaufen? Wer weiß sonst noch davon?‹
Jay sagte, der gegenwärtige Besitzer hätte nicht vor zu verkaufen. Ganz im Gegenteil, er dächte überhaupt nicht daran. Doch er wäre schon älter und gebrechlich und ein ziemlicher Trinker obendrein, wie es scheint. Die Umstände könnten sich ganz schnell ändern. Die nächsten Besitzer würden vielleicht anders denken. Wenn wir jetzt aktiv würden, wären wir die Ersten. Noch war niemand außer uns auf die Idee gekommen. Ich sagte zu Jay, dass ich definitiv interessiert wäre.«
»Sie hatten keine Angst, dass Sie keine Baugenehmigung erhalten?«, fragte Carter.
Hemmings hatte bereits die Antwort darauf parat. »Das Haus ist alt, aber es steht nicht unter Denkmalschutz. Ich habe es selbst kontrolliert. Ein behutsamer Bebauungsplan würde im Stadtbauamt gut ankommen. Schließlich steht es leer, sobald der gegenwärtige Besitzer verstorben ist, und das hilft
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