Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
überzeugt bin, dass Jay noch ein Ass im Ärmel hatte.« Er blickte auf, blinzelte, sah Carter in die Augen. »Jay hatte etwas herausgefunden. Etwas, das geeignet war, ihm dieses Land in die Hände zu spielen. Er ließ immer wieder Andeutungen fallen, dass wir nicht einen Penny würden zahlen müssen, wenn alles nach Plan lief. Ich meinte zu ihm, er würde wohl Witze machen, doch er grinste nur und sagte, ich solle ihm vertrauen. Fragen Sie mich nicht weiter, Superintendent. Mehr weiß ich nicht. Jay hat die Karten bis zum Schluss verdeckt gespielt. Er wollte sicher sein, dass ich ihn nicht übervorteile. Ich kann es ihm nicht verdenken - ich an seiner Stelle hätte es genauso gemacht. Man gibt Informationen nicht preis, bevor man nicht muss, oder?«
Carter vermutete, dass dies auch als Bitte an ihn gemeint war, Hemmings nachzusehen, dass er den ermittelnden Beamten diese Informationen bis jetzt vorenthalten hatte. Falls dem so war, fiel sie auf steinigen Boden.
»Informationen zurückzuhalten ist nicht immer eine gute Idee«, sagte er. »Hätte Jay offener über das gesprochen, was er herausgefunden hatte, wäre er möglicherweise noch unter uns, um darüber zu reden.«
Hemmings blickte nervös drein. »Vielleicht hätte ich ihn fragen sollen. Ihn dazu bringen, mir alles zu erzählen. Das hatte ich im Grunde genommen auch vor, in nächster Zeit. Wir waren an dem Punkt angelangt, wo ich bereit war zu unterschreiben, aber dazu hätte ich darauf bestanden, vorher zu erfahren, wie das Ass in seinem Ärmel aussah. Ob es eine Frau war, wie Sie anzudeuten scheinen, oder was auch immer. Ich konnte ja nicht wissen, dass er umgebracht werden würde, oder? Als Sie mir sagten, dass er tot in diesem verdammten Haus gefunden wurde, war das ein höllischer Schock für mich, das können Sie mir glauben!«
Hemmings fuhr sich nervös mit den Fingern über den Mund. »Was auch immer er herausgefunden haben mag - Sie gehen davon aus, dass es ihn umgebracht hat, ist das richtig?«
»Ich glaube jedenfalls nicht, dass der Mord ohne Motiv geschah«, erwiderte Carter. »Abgesehen davon halte ich es unter den gegebenen Umständen bis auf weiteres für keine gute Idee, Mr. Hemmings, in Balaclava House oder auf dem Grundstück herumzuwandern. Wer immer Jay Taylor umgebracht hat, könnte auch Sie als eine Bedrohung sehen.«
Billy Hemmings hatte bis zu diesem Moment unbehaglich dreingesehen. Jetzt gesellte sich zum Unbehagen Angst.
K APITEL 18
Balaclava House lag verlassen, als Jess dort eintraf. Um sicher zu sein, umrundete sie das Gebäude zu Fuß und spähte im Erdgeschoss in sämtliche Fenster. Genau das, was Jay Taylor auch gemacht hat, dachte sie. Doch er war von Rosie Sneddon und Seb Pascal beobachtet worden. Falls irgendjemand mich beobachtet, dann verhält er sich ganz leise. Sie betätigte die Klinke des Vordereingangs, doch die Tür war inzwischen abgesperrt. Langsam kehrte sie zum Wagen zurück und suchte auf dem Boden vor dem Tor nach frischen Reifenspuren und Fußabdrücken, die nicht von ihr selbst herrührten und die darauf schließen ließen, dass kürzlich jemand hier gewesen war. Es gab Reifenspuren, doch sie waren nicht mehr frisch - und sowohl Carter als auch Tansy Peterson waren am Vortag hier gewesen. Wahrscheinlich stammten die Spuren von ihnen. Falls Bridget oder Tansy vorgehabt hatten, hierherzukommen, so schienen sie es sich anders überlegt zu haben. Die Fußabdrücke im Garten, die Carter ihr beschrieben hatte, waren ebenfalls nicht mehr frisch.
Jess stieg in den Wagen und überlegte angestrengt. Möglicherweise hatte Monty sie absichtlich auf eine falsche Fährte gelockt. Doch dann fielen ihr die Worte von Monica Farrell wieder ein - dass Monty niemals rundheraus lügen würde, schon gar nicht gegenüber Jess, die ihn an seine verstorbene Frau erinnerte. Falls Monica recht hatte, dann hatte Monty wahrscheinlich die Wahrheit gesagt, was den Streit vom Vorabend anging. Trotzdem war es möglich, dass er die falschen Schlussfolgerungen gezogen hatte, als er die Frauen in derartiger Hast und verschiedenen Fahrzeugen hatte davonfahren sehen an diesem Morgen.
Nein, dachte Jess. Monty hat keine falschen Schlussfolgerungen gezogen. Die Frauen hatten am Vorabend einen heftigen Streit über Balaclava House. Der Streit war nicht beigelegt worden. Sie hatten ihn am Morgen wahrscheinlich wieder aufgenommen. Was dazu geführt hatte, dass Tansy aus dem Haus gerannt war, dicht gefolgt von ihrer Mutter. Sie wollten hierher.
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