Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
betrachten. Es war in einem bekannten Nachtclub aufgenommen worden und zeigte eine Gruppe von feiernden Menschen. Sie zelebrierten den Erfolg eines Rennpferds, das einem der Ihrigen gehörte, stand unter dem Bild zu lesen. Überall waren Champagnerflaschen zu sehen. Der Besitzer des Pferdes - und seine weibliche Begleiterin - war Lesern dieser Sorte von Klatschmagazinen bekannt genug, um von Interesse zu sein. Die Bildunterschrift verkündete weiterhin, dass das prominente Paar eine Nacht mit Freunden zusammen gefeiert hatte. Einer dieser Freunde war eindeutig und unverkennbar Jay Taylor gewesen.
Armer Jay, dachte Jess betrübt. Es ist genauso, wie Tom sagte. Er ist voller Leben und umgeben von der Sorte von Leuten, über die er schreibt und zu denen er selbst so gerne gehören würde. Er war unübersehbar angeheitert und grinste direkt in die Kamera des Paparazzo, der dieses Bild geschossen hatte. Er hatte besitzergreifend den Arm um eine junge Frau gelegt, die sich an ihn schmiegte. Auch sie sah nicht mehr ganz nüchtern aus. Ihr Gesicht leuchtete, und ein Träger ihres Partykleids war über die Schulter gerutscht und hing über ihrem Oberarm.
»Und?«, fragte Palmer hoffnungsvoll. »Können Sie was damit anfangen? Wahrscheinlich verrät es Ihnen nichts, das Sie nicht schon längst wissen, aber ich dachte, Sie würden es gerne sehen.«
»Sie haben richtig gedacht, Tom, ich bin interessiert, sehr interessiert sogar«, antwortete Jess. »Ich danke Ihnen, Tom, ich danke Ihnen tausendmal. Ja, das ist Jay Taylor ... und dieses Mädchen hier in seinem Arm kenne ich ebenfalls.«
Jess tippte auf das Bild des Mädchens mit dem heruntergerutschten Träger. »Das ist Tansy Peterson. Wenn das kein Zufall ist ... ich war ohnehin auf dem Weg zu ihrer Mutter. Jetzt muss ich auch sie noch einmal vernehmen, und zwar ganz dringend.«
Doch weder Bridget Harwell noch Tansy Peterson waren zu Hause, als Jess schließlich The Old Lodge erreicht hatte. Monty wanderte durch den Garten, ein Whiskyglas in der Hand. Er sah einigermaßen glücklich und zufrieden aus.
»Beide ausgeflogen!«, verkündete er, als er Jess sah. »Einfach wunderbar! Sie haben mich ganz allein zurückgelassen, und Bridget hat vergessen, den Barschrank abzuschließen.«
»Haben sie gesagt, wohin sie wollten?«, fragte Jess.
»Nein, und ich habe sie auch nicht gefragt! Sie sind nicht zusammen weg, sondern nacheinander.«
Jess runzelte die Stirn. Das klang danach, als wären Mutter und Tochter in verschiedene Richtungen aufgebrochen.
Monty bemerkte ihr Stirnrunzeln und interpretierte es als Unglauben. »Ich weiß, es klingt ziemlich verrückt. Aber zuerst ist Tansy in ihrer alten rostigen Karre davongerast, und dann ist Bridget in diesem kleinen blauen Sportdingsbums hinterher.«
Also waren die beiden Frauen vielleicht doch in die gleiche Richtung gefahren. Irgendetwas war vorgefallen.
»Mr. Bickerstaffe«, begann Jess. »Bitte versuchen Sie sich zu erinnern. An alles, jede Einzelheit. Ich muss die beiden finden. Was war gestern Abend? Hat eine der beiden gestern Abend erwähnt, dass sie heute Morgen wegwill?«
»Oh, gestern Abend.« Monty schniefte missbilligend. »Gestern Abend hatten die beiden einen völlig verrückten Streit. Sie streiten eigentlich unablässig, deswegen bedeutet es wahrscheinlich nichts.«
»Worüber haben sie sich gestritten?«
»Keine Ahnung«, murmelte Monty. »Ich hab versucht wegzuhören. Ich war in meinem Zimmer. Ich konnte sie trotzdem hören, wenn sie nicht gerade versucht haben, leise zu sein.«
»Monty!«, drängte Jess. »Bitte versuchen Sie sich zu erinnern! Es ist wichtig. Wichtig für Tansy, glaube ich. Ich weiß, dass Bridget Ihnen egal ist, aber Tansy nicht, oder?« Jess wagte einen Schuss ins Blaue. »Sie ist Ihre Erbin, nicht wahr?«
Monty blinzelte sie überrascht an. »Mensch«, sagte er. »Sie sind scharfsinnig, alles, was recht ist. Ja. Sie ist meine Erbin. Ich habe kein Geld, das weiß sie. Ich habe ihr in meinem Testament Balaclava House vermacht, und das ist wahrscheinlich mehr Bürde als Segen für sie.«
»Weiß sie das? Haben Sie ihr gesagt, dass Sie ihr Balaclava vermachen?«
Monty zuckte die Schultern. »Ich habe die ein oder andere Andeutung gemacht, glaube ich. Sie schien sich zu freuen, das arme Ding.« Er betrachtete Jess nachdenklich. »Ist Tansy in Schwierigkeiten?«
»Ich muss mit ihr reden, Monty. Dringend. Das ist alles.«
»Hm ...« Er starrte in sein leeres Whiskyglas. Vielleicht war es
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