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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Schulter und sah ihm böse nach. Sie hatte ihn an seinem dunklen, zu einem glatten Zopf gebundenen Haar erkannt. Tilmann Greverode, ein Offizier der Stadtsoldaten, mit dem sie schon einmal aufs unfreundlichste Bekanntschaft gemacht hatte.
    Weshalb wohl die Stadtwache zu den Waffen gerufen worden war? Falls es zu Unruhen kommen sollte, wie so häufig in letzter Zeit, war es noch wichtiger, ihren Vater bald zu finden.
    Auf dem Heimweg betrat Adelina jede Schänke undGarküche, hatte jedoch kein Glück. Auf dem Alter Markt hielt sie Ausschau nach Franziska, konnte diese aber in dem Gewühl von Händlern, Hausfrauen, Bauern und Kleinvieh nicht ausmachen. Unschlüssig, was sie nun tun sollte, umrundete sie den Marktplatz. Als sie fast wieder an ihrem Haus angekommen war, fiel ihr Blick in die Judengasse, auf das Rathaus. Und dort – sie atmete erleichtert auf – erblickte sie auch die untersetzte Gestalt ihres Vaters. Sein schütteres rotblondes Haar mit den grauen und weißen Strähnen war zerzaust, und er fuhr sich mit den Fingern ein ums andere Mal fahrig durch seinen dichten Vollbart. Dann ging er los, leider jedoch in die falsche Richtung. Adelina raffte ihre Röcke und rannte hinter ihm her. Dabei rempelte sie einen Mann in der Zunftkleidung der Zimmermänner an, der ihr unflätig hinterherfluchte.
    «Vater, warte!», rief sie und war erleichtert, als Albert stehen blieb und sich zu ihr umdrehte. Außer Atem blieb sie vor ihm stehen. «Wo willst du denn hin?»
    «Adelina, Mädchen, du sollst doch nicht allein in der Stadt herumlaufen! Geh sofort wieder ins Haus. Ich muss mit deinem Zukünftigen ein Wörtchen reden. Es geht nicht, dass er die Hochzeit noch weiter hinausschiebt.»
    «Mein Zukünftiger? Hochzeit?» Adelina starrte ihn verblüfft an.
    «Ja, natürlich, du weißt doch, wie lange die Heirat mit Ludolf Beichgard schon verabredet ist. Wie ich hörte, ist er ja nun im Stadtrat, also eine noch bessere Partie für mein Mädchen.» Er lächelte ihr liebevoll zu, wurde jedoch gleich wieder ernst und runzelte die Stirn. «Aber stell dir vor, im Rathaus sagte man mir, dass er im Augenblick gar nicht in der Stadt sei. Er wird sich dochnicht vor seiner Pflicht drücken wollen? Das werde ich nicht zulassen.»
    «Vater.» Adelina bemühte sich um einen ruhigen Ton in der Hoffnung, damit bei Albert durchzudringen. «Ludolf ist nicht mein Bräutigam. Ich bin doch längst verheiratet.» Zum Beweis hob sie die Hand mit dem schmalen goldenen Ehering, auf den eine stilisierte Lilie eingraviert war.
    «Was redest du da?» Albert kniff die Augen zusammen und musterte sie, als sei sie es, die den Verstand verloren habe. «Was willst du damit sagen, du bist längst verheiratet? Hast du etwa ohne meine Zustimmung irgend so einen dahergelaufenen Tunichtgut geheiratet?» Seine Stimme wurde immer lauter. Die ersten Neugierigen drehten sich bereits zu ihnen um. Verlegen nahm Adelina ihren Vater am Arm und führte ihn zurück zur Apotheke. Er machte Gott sei Dank keine Anstalten, sich zu wehren.
    «Ich habe nicht ohne deine Zustimmung geheiratet. Und mein Gemahl ist kein Tunichtgut, sondern ein angesehener Medicus, der sogar für den Rat und die Schöffen arbeitet.»
    «Medicus? Davon weiß ich nichts.» Albert schüttelte vehement den Kopf, dann fing er plötzlich an, laut zu schluchzen. Erschrocken stieß Adelina die Haustür auf und schob ihn hindurch. «Ich kann das einfach nicht glauben!», weinte Albert. «Du hast einfach hinter meinem Rücken einen Fremden geheiratet! Wenn das deine Mutter erfährt! Sie wird am Boden zerstört sein.»
    «O Vater, so ist es doch gar nicht. Und Mutter ist schon lange tot. Was soll ich bloß mit dir machen?»
    «Mit mir?», regte sich Albert auf. «Mit mir? Hol lieber diesen angeblichen Medicus her, damit ich ihn mir ansehenkann. Wenn du schon nicht den Anstand hattest, ihn mir vor eurer Hochzeit vorzustellen.»
    Adelina biss sich auf die Lippen. Nun saß sie wirklich in der Klemme. «Ich kann Neklas nicht holen. Er ist fort, auf Besuch bei seiner Mutter in Kortrijk.» Wie sie befürchtet hatte, lief ihr Vater nun vor Zorn rot an.
    «Was sagst du da? Er hat dich hier allein gelassen? Ich wusste es, wahrscheinlich ist er ein ganz ausgekochter Hund, der dich nur ausnutzt und deine Mitgift vergeudet! Was hast du dir nur dabei gedacht? Und nun hat er dich sitzengelassen. Womöglich …» Wieder musterte er sie, und seine Augen wanderten zu ihrer Leibesmitte hin. «Bist du schwanger? Hat er seine

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