Mord Im Garten Eden
Sparte Verkauf - die Begrüßung und Bedienung der Kunden -, aber ich war zu klein, als dass mich die Leute hinter dem Tresen hätten sehen können. Für die Käufer auf der anderen Seite war ich nicht viel mehr als ein hin und her huschender Kopf. Mein Vater musste mir ständig ausweichen, weil ich ihm ständig um die Füße wuselte, der Aktionsradius hinter dem Tresen war ziemlich begrenzt. Die gestärkte weiße Schürze, die mein Vater mir umband, war mir viel zu groß. Sie schleifte über die Fußbodenleisten, und bald hatte sich am unteren Saum eine Schicht Sägemehl angesammelt. Gelegentlich trat ich auf die Schürze. Wenn das passierte, raffte ich den Stoff irgendwie hoch. Aber wenig später rutschte er wieder hinunter.
Ich bin sicher, dass ich eine mittlere Katastrophe war. Ich bin sicher, dass ich Dad sehr im Weg war. Aber er sprach mich niemals darauf an.
Dad war sich bewusst, dass ich nicht auf Dauer schmückendes Beiwerk bleiben konnte. Er musste mir etwas zu tun geben. Meine erste Aufgabe bestand darin, die drei beliebtesten Salate - Kartoffelsalat, Krautsalat und Makkaronisalat (der Vorläufer des neumodischen Pastasalates) - aus der Kühlung in Halbliter- oder Viertelliterbehälter zu schöpfen. Diese Arbeit war ein Kinderspiel, denn die Salate wurden nach Gewicht berechnet. Ein Pfund Krautsalat kostete X Cents. Ein halbes Pfund kam daher auf X/2. In der Schule war ich ein Ass in Mathe. Ich hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, von etwas die Hälfte zu nehmen.
Nachdem ich den Dreh mit den Salaten raushatte, bekam ich meine nächste Aufgabe: eingelegte Gurken abwiegen und verpacken. Zu meiner Überraschung stellte sich das als ziemlich verzwickte Angelegenheit heraus.
Ich bekam einen Hocker, damit ich die Waage sehen und ablesen konnte. Aber zuerst musste ich lernen, wie man eine Waage überhaupt bedient. Damals, lange bevor LCD und die digitale Revolution Einzug hielten, waren die Uhren analog und Waagen hinterhältige Apparaturen, die aus spaltenlangen Preisen und zeilenlangen Gewichtsangaben bestanden - ein Kreuzworträtsel von Zahlen, das ständig mit dem Zeiger der Waage auf und ab hüpfte. Um herauszufinden, wie viel etwas kostete, musste man den richtigen Kreuzungspunkt zwischen Preis und Gewicht entlang einer dünnen roten Linie finden. Ich kenne Erwachsene, die die Kunst, diese Art von Waagen abzulesen, nie begriffen haben, ich kenne übrigens auch Erwachsene, die nie hinter den Trick mit dem Rechenschieber gekommen sind.
Ich brauchte einige Zeit. In der ersten Woche hatte ich auf geheimnisvolle Weise Gurkenpreise ermittelt, die einem Pfund, einem halben Pfund oder einem Viertelpfund entsprachen, denn ich wusste - schließlich war ich ein Mathe-Ass - wie man einen Preis mit dem Faktor Zwei dividiert. Alles, was dazwischenlag, rundete ich zur nächsten Ganzzahl ab, die wiederum durch zwei teilbar war. Um mir den Kunden gewogen zu halten, rundete ich meistens ab. Bestimmt ging meinem Vater dadurch einiges an Wechselgeld durch die Lappen.
Falls er es bemerkt hatte, sprach er mich nie darauf an.
Irgendwann hatte ich dann das Ding mit der Waage geknackt. Es war ein stolzer Augenblick, der eigentlich eine Art Zertifikat verdient hätte. Aber Wissen ist Belohnung genug. Da ich die Waage nun ablesen konnte, konnte ich auch abwiegen - Lebensmittel wie Lachs, Käse und Fleisch in Scheiben, eingelegten sauren Hering und herrlich ölige griechische Oliven.
Nun, da ich schon mal zwei Fertigkeiten beherrschte, war ich entschlossen, mir eine weitere vorzunehmen - Einpacken. Origami-Fans mussten sich nicht herausgefordert fühlen, aber trotzdem war ich auf meine hübsch eingewickelten Päckchen mit der genau richtigen Menge Klebeband stolz. Und wenn ich dann auf das weiße Papier eigenhändig das Wort »Gurken« oder »Käse« malte, gab es niemanden, der zufriedener als ich hätte sein können.
Meine Wiege- und Verpackungsfertigkeiten waren mittlerweile so ausgefeilt, dass Dad ein gewagtes Experiment mit mir anstellte. Nein, die Fleischmesser waren immer noch tabu für mich, aber er ließ mich an die Brotschneidemaschine.
Denjenigen, die mit dem Wesen von Brotschneidemaschinen nicht vertraut sein sollten, will ich es erklären: Wenn man einen ganzen Wecken Brot aufschneiden möchte, schiebt man das Brot normalerweise gegen einen hinteren Anschlag und schaltet dann die Maschine ein. Mithilfe eines Handgriffs - den der Bediener oder die Bedienerin normalerweise langsam zu sich zieht - wird das
Weitere Kostenlose Bücher