Mord im Nord
der Zukunft überlassen.
Grizzlys Einverständnis mit unseren Plänen war unüberhörbar, als er zu uns aufs Bett sprang, sich an seinem gewohnten Plätzchen auf der Bettdecke einrollte und tief befriedigt zu schnurren begann.
Vor dem Einschlafen wurde mir klar, dass ich mich nicht nur in Adelinas Leib und Seele verliebt hatte, sondern auch in ihren klaren Verstand. Ohne diesen hätte ich auch diesmal den Fall nicht gelöst, wenn man überhaupt von Lösung sprechen konnte. Wohl war sie erst in einem späten Stadium dazugestossen, doch ab dann war es die Möglichkeit gewesen, mich mit ihr auszutauschen, welche die Nebel rund um den Tod von Hans so weit gelichtet hatte, wie es überhaupt möglich war. Und so wenig ich mir nach all den Aufregungen einen nächsten Kriminalfall zur Aufklärung herbeisehnte, so sehr wünschte ich mir, ihn zusammen mit Adelina lösen zu können, wenn schon, denn schon.
Eingelöstes Versprechen
Ein paar Tage darauf traf ich mich mit Karl Abderhalden, meinem Vertrauten von der Polizei. Adelina besichtigte eine Wohnung, und so hatte ich Zeit für einen kleinen Schoppen mit Karl. Ich hatte ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil ich schon wieder mehr wusste als er und dieses Wissen zurückhielt. Als guter Beobachter merkte er das sofort und sagte es mir auf den Kopf zu.
Ich gab zu, etwas mehr über die Hintergründe zu wissen, die zum Tod von Hans geführt hatten. Doch da ich mit einer Weitergabe dieses Wissens mich selbst belasten, vor allem aber bedrohen würde, müsse ich von meinem Recht auf Zeugnisverweigerung Gebrauch machen. Vor allem aber könne ich ihm schwören, dass es der Polizei nicht weiterhelfe, wenn sie dieses Wissen besässe. Sie wüsste dann zwar mehr über die Hintergründe, doch klären könnte sie deswegen den Fall sicher nicht, jedenfalls nicht dann, wenn unter Klärung die Festnahme des Täters verstanden wird.
Karl war ob meiner Haltung logischerweise gar nicht glücklich. In der Schweiz würden gerade mal zwölf Prozent aller Morde nicht aufgeklärt, und er hätte keinerlei Lust, jetzt schon zum zweiten Mal zu dieser Statistik beizutragen. Aber das sei nun mal so, damit müsse er sich abfinden. Er nehme es mir ab, dass mein Wissen keine Aufklärung bringen würde.
Allerdings, fügte er drohend hinzu, verbitte er es sich aufs Entschiedenste, dass ich jemals wieder eine Leiche anschleppen würde, deren Tötung nicht wirklich aufgeklärt werden könne. Was ich ihm natürlich nicht garantieren konnte.
Besänftigen liess sich der Chef der Kriminalpolizei von Appenzell Ausserrhoden letztendlich durch mein Versprechen, über den jetzigen Fall einen Krimi zu schreiben. Krimis enthielten bekanntlich nie die ganze Wahrheit, aber so habe er, Karl, die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was darin wahr und was erfunden sei. Dieses Versprechen habe ich hiermit eingelöst …
Ausblick
Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass es Sie interessiert: Adelina und ich kommen wieder. In unserem dritten Fall wird der mehrere hundert Jahre alte erste Appenzeller Käse gefunden – eingeschlossen in einen Eissarg am Säntis. Und daneben liegt die schöne Gletscherleiche «Appi». Wie es weitergeht, sagt der Titel des dritten Teils der Trilogie der Appenzeller-Käse-Krimis: «Leichenraub mit Eichenlaub». Bleiben Sie uns treu!
Michael Moritz
ZÜRCHER VERSCHWÖRUNG
Kriminalroman
ISBN 978-3-86358-097-1
»Ein temporeiches Buch mit packenden Thrillerelementen um einen zunächst sehr undurchsichtigen Fall, in den unzählige verdächtige Personen verwickelt sind, es Leichen zuhauf gibt und Stahl niemandem trauen kann. Das sich dramatisch zuspitzende Finale führt schließlich die losen Fäden gekonnt zusammen.«
ekz
Leseprobe zu Michael Moritz,
ZÜRCHER VERSCHWÖRUNG
:
1
Stahl bekreuzigte sich. Die Frau neben ihm sah von der
Modezeitschrift auf und schenkte ihm einen Blick feinen Spotts. Stahl war kein
Feigling, aber Katholik. Er wusste, dass der Himmel nicht über den Wolken hing,
aber er hatte sich den Respekt vor dem Fliegen bewahrt.
Der Pilot verstand seinen Job, das Flugzeug setzte sanft auf. Es war es
wert gewesen, sich zu bekreuzigen.
Stahl sah auf die Boulevardzeitung, die er sich zu Beginn des Fluges vom
Stapel genommen hatte, und dachte beim wiederholten Lesen der Schlagzeile, dass
er sich auch für Albin bekreuzigt hatte. Einmal bekreuzigen für eine Landung
und für den Tod eines alten Freundes. Das konnte man effizient nennen. Und
Effizienz war es auch, was
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