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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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von Gesetzes wegen zusteht, vorzuenthalten. Ich werde mich da
wohl an eine höhere Stelle wenden müssen. Zumal ich Herrn Meussel, Ihren Chef,
sehr gut persönlich kenne.«
    Eine ganz gewöhnliche Drohung, wie sie im
Polizeialltag tagtäglich ausgesprochen wurde, nichts Besonderes also. Und doch
erregte dieser Einschüchterungsversuch Paulas Unmut in einem Maße, dass sie für
einen Moment die Beherrschung verlor und Interna preisgab.
    »Zu Ihrer Information: Erstens war Herr Meussel nie
mein Chef, dafür stand er in der Rangordnung viel zu weit unten. Und zweitens
hat uns Herr Meussel vor bereits vier Jahren verlassen müssen. Er wurde wegen
einseitiger Informationsvorteilsgewährung nach Straubing strafversetzt. Wenn
Sie sich an ihn wenden möchten, was Ihnen natürlich jederzeit freisteht, dann
also bitte an das Polizeipräsidium Niederbayern.«
    An der Wohnungstür hatte sie sich wieder im Griff.
Darum sagte sie mit all der falschen Freundlichkeit, die ihr in diesem
Augenblick zur Verfügung stand: »Und während Sie den Kontakt zu Herrn Meussel
suchen, werden wir – zusätzlich zu unseren Ermittlungen – nach dem Testament
fahnden. Und ich bin mir hundertprozentig sicher, wir werden auch eines
finden.«
    Eine überflüssige Anmerkung, gewiss. Und doch, nicht
ganz. Jetzt, nachdem sie eine ungefähre Vorstellung davon hatte, wie die
Kindheit ihres Opfers ausgesehen haben mochte, glaubte sie, das der HB -Raucherin schuldig zu sein. Sie war sich sicher,
auch Elvira Platzer hätte diese Gemeinheit, dieser höchst überflüssige und
vielleicht auch unrichtige Hinweis, gefallen.

7
    Eva Brunner hätte ihre Komparsenrolle nicht
besser spielen können – schweigsam und mit dem strengen Habitus einer
unnahbaren Amtsperson. Jetzt aber, nachdem sie beide die Pirckheimerstraße
überquert hatten, brach sie ihr Schweigen und gab ihre Amtsattitüde auf.
    »Darf ich Sie mal was fragen, Frau Steiner?«
    »Ja, natürlich.«
    »Haben Sie mich da mitgenommen, um mir zu
signalisieren, dass Sie mir die Geschichte von der Eichendorffstraße nicht mehr
übel nehmen?«
    Erstaunt sah Paula sie an. »Nein. Ich habe Sie
mitgenommen, weil ich davon ausgegangen bin, dass Sie mir in dieser Situation
hilfreich sind. Und so war’s ja auch letztendlich. Ohne Ihre Anwesenheit hätte
Frau Rupp nämlich nicht so schnell und nicht so offen geredet. Wenn sie
überhaupt geredet hätte.«
    Die Antwort schien der Anwärterin zu gefallen. Sie
nickte zweimal, blieb dann stehen und fragte: »Und kann ich Ihnen heute noch
anderweitig behilflich sein?«
    »Nein. Heute nicht. Am Montag wieder. Ich habe eine
ganz wichtige Aufgabe für Sie.«
    »Welche denn?«
    Da war er endlich wieder, dieser einzigartige
Diensteifer, vermischt mit dieser ansteckenden Arbeitslust. Beides hatte Paula
in den vergangenen Monaten vermisst. Eva Brunner hatte aus dieser Geschichte
gelernt. Und sie auch.
    »Eine Befragung auf breiter Front.«
    »Gerne. Da bin ich richtig gut.«
    »Ich weiß. Und zwar suchen wir einen Mann mit einem
Brillantohrstecker im linken Ohr.«
    Sie langte in ihre Handtasche und zog die beiden
Computerausdrucke der Phantomzeichnungen hervor.
    »Das ist neben der Kappe leider der einzig sichere
Anhaltspunkt, den wir haben. Sie sehen ja selbst, wie unterschiedlich die
beiden Zeugen diesen Mann beschrieben haben.«
    Sie reichte Eva Brunner die Papiere. »Das ist Ihre
Aufgabe für die kommende Woche. Sich im Umfeld des Opfers, also der Rupp, ihres
Schwiegersohns und der beiden Enkelinnen, umzuhören. Ach ja, bei den Nachbarn
natürlich auch und in dem Altenheim, wo das Opfer gearbeitet hat. Möglichst
unauffällig. Andernfalls wecken wir eventuell nur schlafende Hunde.«
    »Der Ansicht bin ich auch, Frau Steiner, dass so was
nur undercover sinnvoll ist. Gut, dann gehe ich jetzt gleich mit Ihnen mit und
hole mir die Adressen und meinen Ausweis. Und morgen in der Früh fange ich an.«
    »Also, mir würde Montag auch noch reichen«,
widersprach Paula. »Wegen mir müssen Sie nicht Ihr Wochenende opfern.«
    »Aber wegen mir. Ohne Arbeit ist es ja so was von
langweilig und fad daheim. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie mir die
Arbeit gefehlt hat, Frau Steiner. Und es waren ja bloß ein paar Tage. Zwar
heißt es in der psychologischen Fachliteratur dazu, dass Langeweile eine
produktive Kraft sein kann. Für den, der die Zeit zu nutzen weiß. Aber ich
konnte die Zeit nicht nutzen. Wofür auch?«
    So gingen sie also gemeinsam zum Jakobsplatz. Oben in
ihrem

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