Mord in der Vogelkoje
Asmus, dann sind Sie dran!«
Asmus zog die Augenbrauen in die Höhe, ließ sich aber durch die Drohung nicht einschüchtern. »Ich täte es nicht, Herr Jung. An Ihrer Stelle …« Damit verließ er den großen Wachraum und zog sich in das Verhörzimmer zurück, wo es seit neuestem einen Fernsprecher gab.
In Hamburg erreichte er einen Kriminalinspektor, der ihm persönlich bekannt war, und schilderte ihm, welche Informationen er aus New York benötigte.
Der Kollege war sehr hilfsbereit. »Ich lasse deine Fragen ins Englische übersetzen und telegrafiere dann persönlich. Es wird etwas dauern, wie du weißt. Hamburg–London– Irland–New York und zurück. Plus Übersetzung ins Deutsche. Oder kannst du Englisch?«
»Meine Reederfamilie war der Meinung, dass englische Sprachkenntnisse das Wichtigste sind für das Geschäft. Deshalb auf deine Frage: Ja. Ich bin dankbar, dass du mir hilfst«, sagte Asmus, beendete flugs das Gespräch und fuhr nach Hause.
K APITEL 19
Am späten Morgen des nächsten Tages schlenderte Hank Christensen in die Wache, betrachtete sich neugierig Anschläge und Plakate an den Wänden und hatte keine Eile, Matthiesen anzusprechen, der wartend am Tresen stand.
»Bisschen ärmlich hier«, bemerkte Christensen endlich und drehte sich um.
»Wir machen trotzdem unsere Arbeit ordentlich«, sagte Asmus, der hinter ihm in den Raum getreten war. Er wunderte sich, wie lässig Hank mit einer Vorladung umging, bis ihm einfiel, dass die beiden wichtigsten Zeugen ja tot waren. Vermutlich war er sich seiner Schießkünste sehr sicher.
»Davon gehe ich aus. Warum wollen Sie mich sprechen?«
»Einige Dinge klären. Kommen Sie mit! Wachtmeister Matthiesen wird dabei sein und Ihre Aussage für das Protokoll mitschreiben. Ihre Antworten auf dem kleinen gemeinsamen Spaziergang neulich reichen zum Abschließen des Vorgangs nicht aus.«
»Meinetwegen.« Hank zuckte gleichmütig die Schultern und folgte Asmus in das Verhörzimmer.
Asmus räusperte sich. »Ich möchte gerne die ganze Sache mit der Fabrik mit Ihnen besprechen. Sie beabsichtigen also, eine Fabrik zu betreiben, in der Wildenten als Dosenware verpackt und exportiert werden.«
»Im Großen und Ganzen richtig«, stimmte Hank zu. »Natürlich werde ich die auch in Deutschland vertreiben und vor allem auf den Luxusschiffen der Hamburg-Amerika-Linie. Der Rest geht in die USA, wo mir viele Friesen dankbar sein werden.«
»Und um das Fabrikgelände zu bewachen, haben Sie den Wächter Dres aus Süderlügum eingestellt und mit einer Flinte ausgerüstet. So weit richtig?«
»Ja.«
»Warum haben Sie ihn außerhalb des Geländes schießen lassen?«
»Ausschließlich zwischen Kampen und der Entenkoje. Und er hat nur in die Luft geschossen, zur Warnung für Neugierige, wie ich Ihnen bereits erzählt habe. Es ist nicht verboten, zu schießen, auch nicht außerhalb der Jagdzeit, ich habe mich erkundigt. Vorher trieb sich allerhand Gesindel in der Koje herum, wie Petersen mir berichtete.«
»Dres hat auf Matthiesen und mich geschossen.«
»Sie haben auch das bereits erwähnt, aber auf diese primitive Tour legen Sie mich nicht herein. Dres konnte Sie offenbar nicht leiden. Sie müssen ihn schon selbst befragen.«
»Ein Katz-und-Maus-Spiel ist unnötig, Herr Christensen. Sie dürften wissen, dass Dres tot ist.«
»Ach, ist er?«
»Kannten Sie Maximilian Degenhardt?«
Christensen begann zu lachen. »Den komischen Vogel mit dem Vogel?«
»Ja.«
»Ich habe ihn durch Zufall in Konstanz kennengelernt. Er interessierte sich für Enten wie ich auch, und das bot uns für eine Weile genügend Gesprächsstoff. Schließlich schlug er vor, eine Entenart, die im Bodensee häufig ist, in der Koje anzusiedeln, damit wir auch im Sommer Enten verarbeiten könnten. Für seine Dienstleistung wollte er bezahlt werden, und ab da wurde er lästig. Ich habe ihn abserviert, und danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
»Wer hat ihn erschossen?«
»Dres. Der Mann war auf unserem Grundstück – zumindest bezahle ich Pacht –, betätigte sich dort unerlaubt, wie Dres meinte, als Spion und hatte etwas Schwarzes in der Hand, das Dres für eine Pistole hielt. Dres war schneller.«
»Eigenartig, finden Sie nicht? Wir befinden uns doch nicht in Amerika.«
Hank zuckte mit den Schultern.
Sowohl Degenhardt als auch Dres waren mit Kugeln erschossen worden, beide obendrein von hinten. Hank log, aber Asmus ließ es einstweilen auf sich beruhen. »Dann waren da noch regelmäßig
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