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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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hatte. Ein weiterer Gast trat hinzu, und das Gespräch nahm eine ernsthaftere Wendung. Pitt sagte hier und da selbst etwas, hörte aber in erster Linie zu und beobachtete die anderen.
    Ihm fiel auf, dass man ihn deutlich anders behandelte als noch vor wenigen Monaten, obwohl sich noch nicht überall herumgesprochen hatte, welche Position er inzwischen bekleidete. Er freute sich, wenn man ihn in Unterhaltungen mit einbezog, und sah, dass Charlotte vor sich hin lächelte, bevor sie sich einer ziemlich fülligen Dame in Grün zuwandte und ihr wie bezaubert zuhörte.
    »Ein absoluter Dummkopf, wenn Sie mich fragen«, sagte ein älterer Herr mit Nachdruck. Er sah zu Pitt hin und hob fragend eine Braue. »Ich wüsste gern, warum man den Burschen ins Innenministerium hochgelobt hat. Vielleicht ist er mit jemandem verwandt.« Lachend fügte er hinzu: »Oder er kennt ein paar finstere Geheimnisse, wie?«
    Pitt lächelte zurück. Er hatte keine Ahnung, von dem die Rede war.
    »Sie sind ja wohl nicht im Unterhaus, wie?«, fuhr der Mann fort. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu kränken.«
    »Nein«, gab Pitt mit einem Lächeln zurück.
    »Dann ist es ja gut.« Der Mann war unübersehbar erleichtert. »Willoughby. Ich hab ein bisschen Land in Herefordshire, ’n paar Tausend Morgen.« Er nickte.
    Pitt stellte sich seinerseits vor und beschloss nach kurzem Zögern, nicht zu sagen, was er tat.
    Ein dritter Mann stieß zu ihnen. Er war schlank, wirkte elegant, hatte leicht vorstehende Schneidezähne und einen weißen Schnurrbart. »’n Abend«, sagte er in umgänglichem Ton. »Üble Geschichte, das, in Kopenhagen, nicht wahr? Aber ich denke, die Aufregung wird sich legen, wie meistens.« Dann sah er Pitt aufmerksam an. »Ich vermute, dass Sie die Geschichte kennen.«
    »Ich hab dies und jenes gehört«, räumte Pitt ein.
    »Haben Sie womöglich selbst damit zu tun?«, fragte Willoughby.
    »Thomas Pitt leitet den Staatsschutz«, sagte der dritte in scharfem Ton, »und weiß vermutlich mehr über uns beide als wir selbst.«
    Willoughby erbleichte. »Ach, tatsächlich?« Er lächelte, doch seine Stimme klang belegt. »Viel gibt es da wohl nicht zu wissen, alter Junge.«
    Pitt überlegte angestrengt, was er am besten darauf antworten konnte. Zwar konnte er es sich nicht leisten, Menschen gegen sich aufzubringen, doch war es andererseits auch nicht ratsam, seine eigene Bedeutung herunterzuspielen oder anderen den Eindruck zu vermitteln, er sei nicht ebenso im Besitz aller wichtigen Informationen, wie es sein Vorgänger Narraway gewesen war.
    Er zwang sich, Willoughby anzulächeln. »Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass Sie für uns nicht interessant sind, Sir, aber Sie machen uns keine Sorgen – was bei Weitem nicht dasselbe ist.«
    Willoughbys Augen weiteten sich. »Wirklich?« Er schien beruhigt zu sein, beinahe zufrieden. »Na dann.«
    Der andere Mann sah belustigt drein und fragte süffisant: »Sagen Sie das zu allen?«
    »Ich bemühe mich, höflich zu sein.« Pitt sah ihm geradewegs in die Augen. »Aber manche Menschen sind nun einmal interessanter als andere.«
    Diese Worte erfreuten Willoughby sichtlich, und er gab sich nicht die geringste Mühe, das zu verbergen. Vor Zufriedenheit strahlend nahm er ein weiteres Glas Champagner vom Tablett eines vorüberkommenden Lakaien.
    Pitt ging weiter. Er übte Zurückhaltung, beobachtete viel, sagte so wenig wie möglich und bemühte sich, die gleichen nichtssagenden höflichen Worte zu verwenden wie die anderen. Das fiel ihm keineswegs leicht. Charlotte hätte die Zwischentöne bei allem Gesagten wie Ungesagten verstanden, während sich Pitt sehr viel wohler gefühlt hätte, wenn alle offen heraus gesagt hätten, was sie meinten. Doch dies war ab sofort Bestandteil seiner Welt, auch wenn er sich in ihr wie ein Eindringling vorkam. Ihm war bewusst, dass das den selbstsicheren Menschen um ihn herum, die ihn hin und wieder anlächelten, durchaus klar war.
    Kurz darauf sah er Charlotte wieder. Erleichtert und sogar mit einem gewissen Stolz, den er auch nach all diesen Jahren empfand, selbst wenn er unangebracht sein mochte, bahnte er sich seinen Weg zu ihr. Andere Frauen im Raum waren von eher herkömmlicher Schönheit und trugen prächtigere Kleider, aber in seinen Augen fehlte es ihnen an Wärme. Sie besaßen weniger Leidenschaft und Anmut, Eigenschaften, die aus dem Inneren kommen.
    Sie unterhielt sich mit ihrer Schwester Emily Radley, die ein goldbesticktes Seidenkleid in

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