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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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überstrenger Jurist könnte aus der Wegnahme der Pistole nicht nur die Vorenthaltung wichtigen Beweismaterials konstruieren, sondern vielleicht sogar Fundunterschlagung. Diese Frage dürfte, wenn überhaupt nötig, in einem gesonderten Verfahren zu klären sein. Verständlich wird die Tat aber aus der Situation, der Aufregung und der Unbeholfenheit des Angeklagten.«
    Herrlich hatte er das gesagt! Ich konnte deutlich erkennen, daß die Gesichter der Geschworenen nicht mehr so finster waren, wenn sie sich mir interessiert zuwandten. Einmal bemerkte ich sogar, daß mir einer der Geschworenen leicht zunickte.
    Plötzlich hörte ich den Verteidiger von einer Sache sprechen, die mich wieder sehr interessierte. Er sagte:
    »Was hat denn schon der Herr Staatsanwalt für Beweise in der Hand? Keine. Denn wie würde er sonst mit so fadenscheinigen Argumenten operieren, wie es die Aussage des Kriminalassistenten Merker aus Stuttgart ist, der behauptet, der Angeklagte habe >erleichtert aufgeatmet<, als es sich nur um die Unterschrift unter das Protokoll handelte. Wer, meine Herren Geschworenen, bekommt denn kein flaues Gefühl im Magen, wenn er ahnungslos die Tür öffnet, und draußen steht ein Kriminalbeamter? Und wer von uns würde nicht aufatmen, wenn er erfährt, daß es sich nur um eine formale Unterschrift handelt? Aber sind das dann Beweise für die Schuld des Angeklagten? Ich sage nein, und ich bezweifle keine Sekunde, daß Sie meiner Meinung sind.«
    Ich hatte das Gefühl, Dr. Herrmann werde solange sprechen, bis die Nacht eine Unterbrechung erforderlich machte. Aber ich hatte mich geirrt. Nach wenigen Sätzen sagte er mit erhobener Stimme:
    »Und nun komme ich zum Schluß meines Plädoyers.
    Hohes Gericht, verehrte Herren Geschworenen!
    Ich habe dargelegt, daß es eine Menge wirklich stichhaltiger Beweise für die Unschuld des Angeklagten gibt. Ich habe weiter dargelegt, daß es keinerlei stichhaltige Beweise für seine Schuld gibt. Ich bezweifle daher keinen Augenblick, daß Sie, meine Herren Geschworenen, bei reiflicher Überlegung und gewissenhafter Abwägung aller vorgebrachten Argumente, unbedingt zu einem »Unschuldig« kommen müssen. Trotzdem fühle ich mich verpflichtet, ehrlich und offen vor Sie hinzutreten und zu bekennen: Niemand war dabei, als Carl Weynert aus der Türe stürzte.«
    Ich rieb mir in Gedanken die Hände. Wenn die wüßten, wie sehr ich dabei gewesen war!
    »Kein Mensch«, rief er den Geschworenen zu, »kein Mensch hat gesehen, wie Carl Weynert den verhängnisvollen Schritt getan hat. Nichts, aber auch gar nichts spricht dafür, daß der Angeklagte, ein absolut unbescholtener Mann, auch nur den Versuch unternommen hat, sich des vorbestraften Erpressers zu entledigen. Ich bitte daher das Hohe Gericht, nein, ich fordere von der Gerechtigkeit den Freispruch des Angeklagten wegen erwiesener Unschuld.«
    Das hatte er gut gemacht. Ich konnte im Gesicht des Richters nichts, aber auch gar nichts an Regung erkennen. Mir schien jedoch, als blickten mich die Geschworenen durchaus wohlwollend an.
    Das Gericht und die Geschworenen zogen sich zur Beratung zurück.
    Dr. Herrmann drehte sich zu mir um.
    »Jetzt müssen wir warten«, sagte er lächelnd. Würde er lächeln, wenn er nicht mit einem vollen Erfolg rechnete?
    Plötzlich tat es mir leid, daß Karin nicht hier war. Sie hätte meinen Freispruch erleben müssen. Und es wäre schön gewesen, sie nachher, wenn alles vorüber war, in die Arme schließen zu können.
    Schon nach sieben Minuten kam der Richter mit den Geschworenen zurück. Alles im Saal stand auf.
    Der Richter rückte an seinem Barett und verkündete:
    »Im Namen des Volkes!
    Der Angeklagte Stefan Roeder wurde für nicht schuldig befunden, den Carl Weynert getötet zu haben. Es ergeht daher folgendes Urteil: der Angeklagte Stefan Roeder ist mangels Beweises freizusprechen. Die Kosten des Verfahrens trägt...«
    Ich hörte ihn sprechen, aber ich verstand kein Wort mehr.
    Ich war freigesprochen!
    Jetzt lag alles, was mich jemals gequält hatte, hinter mir.
    Der Richter sprach immer noch, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Es interessierte mich auch nicht, was er noch zu sagen hatte.
    Erst sein Schlußwort brachte mich wieder zur Besinnung. Ich hörte ihn sagen:
    »... und so war der Angeklagte wegen mangelnden Beweises freizusprechen. «
    Richtig, der mangelnde Beweis für meine Schuld. Es war gar kein echter Freispruch, das Gericht sagte damit, wir können ihm zwar nichts

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