Mord in Londinium
halten …
Als Petronius und ich das Haus des Prokurators fast erreicht hatten, hörten wir endlich marschierende Stiefel. Legionäre kamen auf uns zu. Sie hatten uns nicht geholfen, als wir sie brauchten. Wir schauten uns an und traten dann einmütig unter die Markise eines Olivenölladens, wo wir ungesehen stehen blieben, bis die Soldaten an uns vorbeimarschiert waren.
XLIX
Der Tag erschien mir lange genug. Vor Stunden war ich in der Morgendämmerung wegen Pyros Tod geweckt worden und seitdem ständig in Bewegung. Wir hatten Fortschritte gemacht. Beide Oberganoven waren identifiziert worden. Jetzt mussten wir sie nur noch gewissenhaft aufspüren. Petro mochte sich einreden, dass wir uns am Ende der Welt befanden, wo sie sich nirgends verkriechen konnten, aber ich war mir dessen nicht so sicher. Die kurze Auseinandersetzung mit Spleiß hatte mit seinem Tod im Amphitheater geendet. Aber Florius und Norbanus konnten auf enorme Ressourcen zurückgreifen. Unsere Aufgabe konnte jetzt recht fordernd werden. Daher war ich bei unserer Rückkehr zur Residenz entschlossen, mich auszuruhen. Ich fand Helena in unserem Zimmer. Sie ließ Essenstabletts kommen, und wir blieben den ganzen Abend über mit unseren Kindern allein. Niemand störte uns. Ich dachte daran, Maia wegen Norbanus Bescheid zu sagen, aber ich war zu müde. Es würde nur zum Streit führen. Morgen, entschied ich, würde ich vielleicht taktvoller sein können.
Petronius hatte sich freiwillig bereit erklärt, dem Statthalter von dem Geschehen zu berichten. Da Petro seine eigene klandestine Stellung in Britannien mit Frontinus besprechen musste, ließ ich ihn allein gehen. Er würde ihm mitteilen, wer die Gangster waren, und unsere abgebrochenen Erkundungen beschreiben, und wenn er sich mit Frontinus über weitere Aktionen streiten wollte – was, so wie ich die Vigiles kannte, wahrscheinlich war –, dann war das ihre Sache.
Die einzige Meckerei, die ich bei den hohen Tieren anzubringen hatte, war ihr Versagen, militärische Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Genau wie bei Maia war ich zu wütend, um dieses Thema zur Sprache zu bringen – na gut, körperlich zu erschöpft, um höflich zu sein. Helena sagte, sie habe dieses Problem bei ihrem Onkel angesprochen, der überrascht gewesen sei. Laut ihm seien prompte Befehle erteilt worden, dass Soldaten die Arena stürmen sollten, und später, als Helena mit Albia heimkehrte, sollte weitere Verstärkung zum Haus von Norbanus geschickt werden. Als ich ihr erzählte, dass niemand aufgetaucht war, wurde Helena wütend. Ich bin sicher, dass sie, nachdem ich eingeschlafen war, hinausschlüpfte und Hilaris ausschalt, weil er mich in Gefahr gebracht hatte.
Möglicherweise half das Petronius Longus. Seine Diskussion mit dem Statthalter muss ziemlich eindringlich gewesen sein, und es gelang ihm, eine vernünftige Eskorte für einen Plan zu bekommen, den er immer noch hatte. Am nächsten Morgen erfuhr ich, dass Petro fast bei Einbruch der Nacht den Fluss überquert hatte und zu Norbanus’ Villa geritten war. Er war überzeugt davon, dass sie noch bei Nacht durchsucht werden musste, also trabte er im unheimlichen Fackellicht los. Ich wusste warum: Er war zu der Überzeugung gekommen, dass Florius – nicht Norbanus – sich dort heimlich aufhielt. Viel später kehrte Petronius enttäuscht nach Londinium zurück. Seine Durchsuchung hatte nichts ergeben. Die Villa schien leer geräumt worden zu sein. Ein Wachposten wurde zurückgelassen, mit dem Befehl, bei Licht am nächsten Morgen eine akribische Suche durchzuführen und dann zu warten, falls einer der Gangster zurückkam. Petronius ritt den größten Teil des Weges zur Stadt zurück, aber es war zu dunkel, um den Fluss zu überqueren, daher übernachtete er in dem Mansio am Südufer, wo er schon vorher untergekommen war. Das war gut, denn wenn er am nächsten Morgen die Nachricht persönlich bekommen hätte, dann hätte er sich, wie ich ihn kannte, weggeschlichen und alles allein in die Hand genommen. Ich meine die Nachricht, die Popillius Petro von den beiden Bandenführern überbrachte.
Popillius kam um die Frühstückszeit. Er schaute verlegen aus. Da Petronius abwesend war, befahl der Statthalter dem Anwalt, den Mund aufzumachen. Verängstigt wiederholte Popillius die Nachricht von Norbanus und Florius. Als wir sie hörten, akzeptierten wir, dass er aus anständigen Motiven als Mittelsmann gehandelt hatte. Popillius hatte erkannt, dass die Situation
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