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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich, und ich musste wieder einmal feststellen, was für merkwürdige Geräusche Ausländer hervorbringen können. «Wir wollen einmal annehmen, dass unsere dritte Theorie zutrifft, nämlich die, dass Frederick oder William Bosner der Mörder ist. Von diesem Gesichtspunkt aus können wir unsere Liste der Verdächtigen auf vier reduzieren: Pater Lavigny, Mr Mercado, Carl Reiter und David Emmott.»
    «Pater Lavigny steht außer Frage», widersprach Dr. Leidner bestimmt. «Er gehört zum Orden der Pères Blancs in Karthago.»
    «Und sein Bart ist echt», warf ich ein.
    « Ma súur » , erwiderte Poirot, «ein erstklassiger Mörder trägt nie einen falschen Bart.»
    «Woher wissen Sie, dass es sich um einen erstklassigen Mörder handelt?», fragte ich aufgebracht.
    «Wenn er es nicht wäre, wüsste ich bereits Bescheid, und das ist leider nicht der Fall.»
    Purer Eigendünkel, dachte ich und sagte im Hinblick auf den Bart: «Auf jeden Fall muss es lange gedauert haben, bis er gewachsen ist.»
    «Das ist eine sachliche Bemerkung», erklärte Poirot.
    Dr. Leidner warf unwillig ein: «Das ist doch lächerlich, ganz lächerlich. Er und Mercado sind seit Jahren bekannte Wissenschaftler.»
    Poirot wandte sich zu ihm. «Sie sind sich über eins noch nicht klar. Wenn Frederick Bosner nicht tot ist, was hat er wä h rend der ganzen Zeit getan? Er muss einen anderen Namen angenommen, einen anderen Beruf erlernt haben.»
    «Ins Kloster gegangen?», fragte Dr. Reilly skeptisch.
    «Das hört sich phantastisch an», gab Poirot zu, «aber wir dürfen nichts außer Acht lassen. Immerhin gibt es noch andere Möglichkeiten.»
    «Die jungen Leute?» fragte Dr. Reilly. «Meiner Ansicht nach kann überhaupt nur einer in Frage kommen.»
    «Und der wäre?»
    «Carl Reiter. Es liegt nichts Besonderes gegen ihn vor, aber wenn Sie sich’s überlegen, sprechen verschiedene Dinge für diesen Verdacht: Er hat das richtige Alter, hat einen deutschen Namen, ist dieses Jahr das erste Mal hier und hatte die Möglichkeit, die Tat zu begehen. Er brauchte nur die Dunkelkammer oder das Fotoatelier zu verlassen, über den Hof zu gehen, den Mord zu verüben und zurückzueilen, während die Luft rein war. Wäre jemand in seiner Abwesenheit ins Atelier gekommen, hätte er immer behaupten können, er sei in der Dunkelkammer gewesen. Ich sage nicht, dass er der Täter ist, aber wenn Sie jemanden verdächtigen wollen, käme einzig und allein er in Frage.»
    Monsieur Poirot nickte zweifelnd und entgegnete: «Ja, das könnte möglich sein, doch so einfach kommt es mir nicht vor. Ich möchte aber jetzt vor allem das Zimmer sehen, in dem der Mord verübt wurde.»
    «Bitte sehr.» Dr. Leidner suchte in seiner Tasche, dann blickte er Dr. Reilly an. «Hauptmann Maitland hat den Schlüssel genommen.»
    «Maitland hat ihn mir gegeben, er wurde dringend abberufen», erklärte Dr. Reilly.
    Dr. Leidner sagte zögernd: «Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich nicht … vielleicht, Schwester…»
    «Ich verstehe Sie», rief Poirot, «ich möchte Ihnen nicht unnötigen Schmerz bereiten. Würden Sie mich begleiten, ma súur? »

17
     
    M rs Leidners Leiche war nach Hassanieh zur Leichenschau gebracht worden, im Übrigen war das Zimmer unberührt geblieben; es befanden sich so wenig Möbel darin, dass die Polizei es rasch hatte durchsuchen können.
    Rechts von der Tür stand das Bett; an der Südwand, zwischen den zwei vergitterten Fenstern, die aufs Feld gingen, stand ein einfacher Eichentisch, den Mrs Leidner als Toilettentisch benutzt hatte. An der Ostwand hingen an einer Reihe von Haken die in baumwollene Überzüge gehüllten Kleider, daneben stand eine Kommode aus Tannenholz und links von der Tür der Waschtisch. Auf dem großen eichenen Tisch, in der Mitte des Zimmers, stand ein Tintenfass, und daneben lagen ein Tintenlöscher und die kleine Schreibmappe, in der Mrs Leidner die anonymen Briefe aufbewahrt hatte. Die weiß-gelb gestreiften Vorhänge aus handgewobenem Stoff waren kurz; den Steinfußboden vor den beiden Fenstern und dem Waschtisch bedeckten drei kleine braune Ziegenfellteppiche mit schmalen weißen Streifen; ein größerer, von etwas besserer Qualität, lag zwischen dem Fenster und dem Schreibtisch.
    Es gab weder Schränke noch Nischen, noch lange Vorhänge – nichts, wohinter sich jemand hätte verstecken können. Auf dem eisernen Bett lag eine gemusterte Baumwolldecke. Den einzigen Luxus im Zimmer bildeten drei schöne weiche Daunenkissen, wie sie nur

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