Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
ungefragt von seiner Erdbeermarmelade bedienten, ging ihm der Hut hoch. Aus seinem gebrauchten Polyesteranzug sah der Hintern halb raus, seine Einzimmerwohnung teilte er mit Ratten und Kakerlaken, und er war himmelschreiend überarbeitet und unterbezahlt – aber all das störte ihn nicht sonderlich. Es ärgerte ihn jedoch ungeheuer, wenn seine diebischen Kollegen im Mama Ngine Drive ihre Messer in seinen kostbaren Marmeladentopf tunkten, dieses eine Glas, dass er allmonatlich aus der Lebensmittellieferung für die Luxushotels an der Küste stahl.
Tiptree-Erdbeermarmelade aus Essex, England, jawohl! Das Wappen auf dem Etikett bewies, dass sogar die Königin von England diese Marmelade aß!
Das war das Einzige in seinem ganzen elenden Leben, das er Luxus nennen konnte.
»Haben Sie schon wieder von meiner Marmelade gegessen?«, fragte er, als Jouma ins Büro zurückkam.
Der war so in Gedanken versunken, dass er mitten im Raum stehen blieb und langsam den Kopf umwandte: »Wie war das, Sergeant?«
»Meine Erdbeermarmelade – haben Sie sich von meiner Marmelade bedient?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie überhaupt reden. Aber ich würde Ihnen raten, sich zu überlegen, mit wem Sie reden.«
Nyami stand auf und hielt Jouma das geöffnete Glas anklagend unter die Nase. Ein einziger tiefer Stich in der glatten, dunkelroten Oberfläche.
»Sehen Sie sich das an!«, verlangte er.
»Manchmal glaube ich, Sie haben sie nicht mehr alle, Nyami«, erwiderte Jouma und ging weiter zu seinem Schreibtisch. »Woran arbeiten Sie im Moment?«
»Die Liste mit den Verbrechen der letzten Nacht.«
»Und?«
»Zweiundzwanzig geknackte Autos. Eine Frau, die behauptet, dass ihr Mann ein Attentat auf den Präsidenten plane. Ein Mann, der behauptet, sein Hund sei vom Teufel besessen …«
»Okay, vergessen Sie das einfach. Ich möchte, dass Sie mir die Akte von diesem vermissten Fischerboot holen.«
Nyami sah ihn überrascht an. »Ich dachte, in dem Fall ermittelt die Polizei Malindi.«
»Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage, Sergeant.«
Während Nyami verdrießlich aus dem Zimmer schlich, trat Jouma zu der großen, verknickten Landkarte der kenianischen Küste, die mit Heftzwecken an der Wand neben dem Waschbecken befestigt war. Dann griff er zum Hörer und rief die Küstenwache Mombasa an.
»Robert – hier ist Daniel. Erinnern Sie sich noch an das Fischerboot, das neulich vor Watamu verschwunden ist? Dieser weiße Skipper und der Junge aus Jalawi? Genau. Wo wurden die Wrackteile gefunden?« Er wartete einen Moment. »Alles klar. Danke. Schönen Tag noch, Robert.«
Er legte auf und ging zurück zur Karte, wobei er sich das Kinn mit zwei Fingern knetete. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und wählte die Nummer der örtlichen Wetterstation.
»Harriet – hier ist Daniel Jouma. Aus welcher Richtung kam der Wind gestern Nacht hauptsächlich?« Neuerliche Pause. »Alles klar. Danke, Harriet.«
Wieder stellte er sich vor die Karte und ging schließlich zurück an den Schreibtisch.
In diesem Moment kam Nyami mit einem zweiseitigen Ausdruck aus dem zentralen Polizeicomputer zurück.
»Das ist alles?«, wunderte sich Jouma.
»Die Polizei Malindi hat den Fall abgeschlossen.«
»Abgeschlossen?«
Nyami zuckte mit den Schultern. Er machte sich wesentlich mehr Gedanken darüber, wer sich an seinem Marmeladenglas vergriffen hatte. Auf seinem Weg durch den Korridor hatte er systematisch alle Verdächtigen eliminiert, bis nur noch ein Name übrig blieb. Sergeant Walu! Der musste es sein! Nyami konnte sich richtig vorstellen, wie sich der feiste Mann vom Empfangstresen während seiner Nachtschicht ins Büro der Kriminalpolizei schlich, Schubladen aufzog, mit seinen Wurstfingern überall herumwühlte und unkontrolliert lossabberte, als er das ungeöffnete Glas zwischen Tacker und Locher fand …
Nachdem Jouma mit dem zweiseitigen Bericht der Polizei Malindi fertig war, las er ihn mit wachsender Ungläubigkeit ein zweites Mal. Für Chief Inspector Oliver Mugo war der Fall nach dreitägigen Ermittlungen abgeschlossen. Die Leichen von Dennis Bentley und seinem Schiffsjungen waren nicht gefunden worden, und nach Ansicht von Chief Inspector Mugo würden sie das wahrscheinlich auch nicht mehr. Technische Fragen wie zum Beispiel die Ursache der Explosion hatte man aufgrund mangelnder Beweisstücke einstellen müssen. Mit anderen Worten, dieser fette Blödmann hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, die Wrackteile zur Analyse
Weitere Kostenlose Bücher