Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
Vom Netzwerk:
Mann nichts machen.« Mentale Notiz: Vielleicht bleibe ich doch besser Irin.
    Aber Mrs. DiNunzio hatte sich bereits vom Tisch erhoben und stand vor der Spüle, wo sie Leitungswasser in eine durchsichtige Plastik-Schüssel gab. Dann drehte sie den Hahn zu, nahm eine golden glänzende Flasche Olivenöl von einem Regal über dem Herd und brachte beides an den Tisch zurück, wo sie die Schüssel und das Olivenöl zwischen sich und Anne stellte. Dann setzte sie sich, die Augen hinter der dicken Trifokalbrille in weite Ferne gerichtet.
    »Mrs. DiNunzio ...«
    »Pst! « Mrs. DiNunzio hielt eine Hand hoch, dann sah sie Anne an, und ihr Blick wurde weicher. »Du leiden unter Malocchio. Das ich wissen. Vide! Sieh her!« Mrs. DiNunzio nahm die Flasche mit dem Olivenöl und goss drei kleine Tropfen in die Schüssel mit Wasser, einen über den anderen. Schließlich trieb ein großer Tropfen auf der Oberfläche des Wassers, und Mrs. DiNunzio betrachtete ihn aufmerksam. In der warmen Küche wurde es leise, bis auf das gelegentliche Mopp der Tomatensoße auf dem Herd. »Warte, Anna.«
    »Worauf? Auf das Öl?«
    »Si, wenn du verfolgt von Malocchio, dann sich das Öl trennen wird.« Mrs. DiNunzio wies auf die Schüssel, und tatsächlich spaltete sich das Öl in zwei Tropfen auf, die voneinander wegtrieben. »Da du sehen! Malocchio!«
    Was ist das? Chemie auf Italienisch? »Mrs. DiNunzio, Wasser und Öl trennen sich immer ...«
    »Anna, du haben ganze schlimmes Malocchio . Du haben Schwierigkeiten. In dir drin, nicht?« Ihre Augen blickten so freundlich, und ihre leise Stimme war so besorgt, dass Anne unwillkürlich spürte, dass an ihren Worten etwas dran war, ungeachtet der dummen Schüssel, in der die Öltropfen trieben.
    »Na gut, ich gebe es zu, ich habe Schwierigkeiten«, erwiderte Anne zu ihrem Erstaunen, jedoch so leise, dass Mary es nicht hören könnte, falls sie im Esszimmer lauschen sollte.
    Mrs. DiNunzio wies auf Annes Lippe, direkt auf die Narbe. »Ich sehen, du haben - come si dice?« Ihre Stirn legte sich in Konzentrationsfalten.
    »Eine Hasenscharte.«
    »Madonna mia! Geschenk Gottes! «
    »Ein Geschenk?«, platzte Anne heraus. »Es ist ein Fluch! «
    »No , no. « Mrs. DiNunzio wedelte bedächtig mit einem Finger. »Gott, er haben dir ein Geschenk gemacht. Du sein so schön, Anna, die Menschen werden sein eifersüchtig. Sie werden dich hassen . Gott das wissen. Das sein ein Geschenk von Gott, und du ihm müssen dafür danken.«
    Sons t noc h was? , dachte Anne. Sie konnte sich keinen Gott vorstellen, der Kindern aus reiner Güte Hasenscharten verpasste, geschweige denn einem rothaarigen Mädchen. Warum? Um sicherzustellen, dass es auch ja keiner übersah?
    »Pst.« Mrs. DiNunzio drückte ihre Hand. »Du schließen die Augen, Anna. Ich dir helfen. Niemand dir mehr wehtun.«
    Anne konnte sich nicht überwinden, die Augen zu schließen. Das war doch absurd, oder? So etwas wie Geister oder den bösen Blick gab es nicht.
    »Du schließen die Augen, Anna!«, befahl Mrs. DiNunzio, und Anne merkte, wie sie diesem Befehl Folge leistete. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Wärme von Mrs. DiNunzios Hand, die auf ihrer eigenen lag. Sie atmete den wunderbaren Geruch nach Knoblauch und Zwiebeln ein und überließ sich der Weichheit des Plastikkissens auf ihrem Stuhl. Hörte auf das Blubbern der Tomatensoße. Dann murmelte Mrs. DiNunzio leise auf Italienisch, in gleichmäßigem und beruhigendem Sprechrhythmus. Anne konnte die Worte nicht verstehen, und sie versuchte es auch gar nicht. Plötzlich spürte sie eine warme Fingerspitze, in Öl getunkt, auf ihrer Stirn.
    »Was machen Sie da?«, flüsterte Anne.
    »Pst! Ich schlagen das Zeichen des Kreuzes. Dreimal. Pst!« Mrs. DiNunzio nahm ihren Sprechgesang wieder auf, wahrscheinlich hob sie damit den Zauber des bösen Blickes auf. Anne konnte nicht anders, als dem mütterlichen Tonfall von Mrs. DiNunzios Stimme zu lauschen und zu spüren, wie das Öl sich warm über ihre schmerzende Stirn ausbreitete. Sie fühlte sich in dieser Küche irgendwie gesegnet, und das war eine bemerkenswerte Schlussfolgerung für jemanden, der nicht an Gott, den bösen Blick oder nur an Mütter glaubte.
    »Jetzt öffnen Augen, Anna «, flüsterte Mrs. DiNunzio und drückte ein letztes Mal ihre Hand.
    Anne tat wie geheißen und sah Mrs. DiNunzio an, deren dunkle Augen sie wie in einer liebevollen Umarmung zu sich zogen. Sie erwiderte Annes Blick eine Minute lang, dann drückte sie wortlos

Weitere Kostenlose Bücher