Mord Nach Maß
prunkte mit Dezenz. Wände in gedeckten Farben und ein Samtsofa für versunkene Betrachter verbreiteten eine Atmosphäre der Gedämpftheit. Ein Mann, der mich an den typischen Dressman aus den Konfektionsanzeigen erinnerte, erschien und nahm sich meiner an, dem Milieu entsprechend natürlich gedämpften Tones. Seltsamerweise wirkte er nicht so arrogant wie sonst die Verkäufer in der Bond Street. Er hörte sich mein Anliegen an, dann holte er das Bild aus dem Fenster und hielt es für mich gegen die Wand, damit ich es mir nach Herzenslust betrachten konnte.
Und in dem Augenblick hatte ich einen Geistesblitz, wie einem das manchmal so geht. Plötzlich weiß man genau Bescheid. Ich wusste jetzt, dass sich in der Kunst nicht dieselben Maßstäbe anlegen ließen wie sonst im Leben. Irgendein Interessent in schäbigem altem Anzug und ausgefranstem Hemd konnte in so einer Galerie aufkreuzen und sich dann als Millionär entpuppen, der ein neues Stück für seine Sammlung suchte. Oder er kam herein, billig und geschniegelt, eher von meinem Genre, aber doch mit Geld in der Tasche, das er sich durch irgendeinen scharfen Dreh ergattert hatte, bloß weil er in ein bestimmtes Bild verliebt war.
»Ein besonders gelungenes Beispiel für den Stil des Künstlers«, meinte der Mann an der Wand.
»Wieviel?«, fragte ich brüsk.
Die Antwort verschlug mir den Atem.
»Fünfundzwanzigtausend«, sagte die sanfte Stimme.
Ein Pokergesicht zu wahren, ist meine Stärke. Ich ließ mir nichts anmerken. Zumindest glaube ich das. Er setzte noch irgendeinen ausländisch klingenden Namen dazu, den des Künstlers vermutlich, und erwähnte, dass das Bild aus einem Landhaus auf den Markt gekommen sei, einem Haus, wo die Besitzer keine Ahnung von seinem wirklichen Wert gehabt hätten.
Ich wahrte das Gesicht und seufzte. »Das ist eine Menge Geld, aber durchaus angemessen, scheint mir.«
Fünfundzwanzigtausend Pfund. Zum Lachen.
»Ja.« Er seufzte ebenfalls. »Ja, das ist es.« Vorsichtig ließ er das Bild sinken und trug es zurück ins Fenster. Dann wandte er sich lächelnd zu mir um. »Sie haben einen guten Geschmack«, sagte er.
Ich spürte, dass wir uns verstanden. Nachdem ich mich bei ihm bedankt hatte, trat ich wieder hinaus auf die Bond Street.
3
I ch verstehe nicht viel davon, wie man solche Dinge richtig niederschreibt – richtig, meine ich, wie ein echter Schriftsteller. Zum Beispiel vorhin das über das Bild. In Wirklichkeit spielt es weiter gar keine Rolle, will sagen, es führte zu nichts, nichts kam dabei heraus; und doch habe ich irgendwie das Gefühl, es war wichtig, es gehört irgendwo dazu. Manchmal erlebe ich Dinge, die etwas zu bedeuten haben – und das war so ein Erlebnis. Genau wie Gipsy’s Acre für mich von Bedeutung war. Oder Santonix. Viel habe ich eigentlich noch nicht von ihm gesprochen. Er war Architekt, aber das haben Sie natürlich schon erraten. Auch mit Architekten hatte ich nie viel zu schaffen gehabt, obwohl ich im Baugewerbe ziemlich Bescheid weiß. Auf Santonix stieß ich im Lauf meines Wanderlebens. Damals arbeitete ich als Chauffeur, fuhr reiche Leute in der Welt herum. Einige Male kam ich so auch ins Ausland, zweimal davon nach Deutschland – ich spreche immerhin etwas Deutsch –, ein- oder zweimal nach Frankreich – auch von Französisch habe ich eine Ahnung – und einmal nach Portugal. Die Fahrgäste waren meist schon älter, hatten Geld und Maladien gleichermaßen reichlich.
Wenn man diesen Menschenschlag fährt, gewinnt man allmählich die Überzeugung, dass Geld am Ende doch nicht alles ist. Nein, diese ständigen Herzattacken, die Batterien von Pillenröhrchen und die Nervenzusammenbrüche über das Essen oder den Service in den Hotels – das alles kann mir gestohlen bleiben.
Von den reichen Leuten, die ich so kennenlernte, waren die meisten recht arm dran. Sie hatten auch ihre Last – Steuern und Investitionen, lauter Sorgen, wenn man so zuhörte, wie sie untereinander oder mit Freunden redeten. Die Hälfte davon sorgte sich reinweg zu Tode. Und mit ihrem Liebesleben war es auch nicht weit her. Ihre Frauen waren entweder langbeinige Blondinen mit viel Sex, die sie mit ihrem Hausfreund betrogen, oder von der ewig unzufriedenen Sorte, die einen den ganzen Tag herumkommandieren. Nein, da bleibe ich lieber, was ich bin: Michael Rogers, der sich den Wind um die Nase wehen und von hübschen Mädchen verwöhnen lässt, sooft er Lust dazu hat.
Klar, man lebt dabei immer von der Hand in den
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