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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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begegnen, nicht an diesem Abend… Die Sonne war schon untergegangen, als ich die Straße zu Gipsy’s Acre hinaufstieg. Greta hatte ich natürlich meine Ankunftszeit mitgeteilt. Jetzt musste sie im Haus oder oben sitzen und auf mich warten. Endlich! Mit den Heimlichkeiten und den Täuschungsmanövern war es endlich vorbei – dem Täuschungsmanöver, dass ich sie nicht ausstehen konnte. Mit einem kleinen Lächeln erinnerte ich mich an die Rolle, die ich gespielt hatte, sehr sorgsam und von Anfang an. Oh, wie ich Greta gehasst hatte, wie ich mich dagegen wehrte, dass sie bei uns wohnen blieb! Ja, ich hatte es sehr vorsichtig angefangen. Es musste allen Sand in die Augen gestreut haben. Vor allem der Streit, den wir Ellie so vorgespielt hatten, dass sie alles hören konnte.
    Greta hatte mich vom ersten Augenblick an als das erkannt, was ich war. Wir hatten niemals alberne Illusionen über einander gehegt. Ihr Verstand arbeitete auf die gleiche Art, ihre Wünsche waren die gleichen wie meine. Die Welt sollte uns gehören – mehr nicht! Wir wollten ganz hoch hinaus, alle unsere ehrgeizigen Pläne sollten sich verwirklichen, wir sollten aus dem Vollen leben, uns nichts verkneifen müssen. Ich erinnerte mich daran, wie ich ihr bei unserer ersten Begegnung in Hamburg mein Herz ausgeschüttet, ihr meinen fieberhaften Ehrgeiz geschildert hatte. Vor Greta musste ich meinen wilden Lebenshunger nicht verbergen, sie empfand dasselbe wie ich.
    »Wenn das Leben Spaß machen soll, braucht man Geld«, hatte sie gesagt.
    »Ja, und ich wüsste nicht, wie ich zu Geld kommen sollte.«
    »Nein, durch deiner Hände Arbeit kommst du bestimmt nicht dazu. Der Typ bist du nicht.«
    »Arbeit!«, höhnte ich. »Seit Jahren hab ich arbeiten müssen. Ich will nicht mehr arbeiten. Und ich will kein gesetzter Bürger in mittleren Jahren werden. Entweder jetzt oder nie. Was hilft mir Geld, wenn ich alt bin? Ich will es hier und jetzt. Du auch, nicht wahr?«
    »Ja, und ich weiß auch einen Weg. Es ist so einfach für dich. Ich wundere mich nur, dass du noch nicht daran gedacht hast. Die Mädchen fliegen nur so auf dich, oder? Das merke ich doch. Das spüre ich.«
    »Glaubst du, ich mache mir was aus ihnen?«, fragte ich. »Für mich gibt’s nur eine – dich. Und du weißt das auch. Ich gehöre dir, vom ersten Augenblick an.«
    »Ja, ich glaube, das stimmt.«
    »Wir wollen beide das gleiche vom Leben.«
    »Und ich sage dir, nichts leichter als das«, fuhr sie fort. »Du brauchst bloß eine reiche Frau zu heiraten, eine der reichsten der Welt. Ich kann dir dazu verhelfen.«
    »Erzähl mir keine Märchen.«
    »Kein Märchen – ein Kinderspiel.«
    »Nein«, protestierte ich, »das ist nichts für mich. Ich will nicht der Hampelmann einer reichen Frau sein. Sie kauft alle meine Anzüge, führt mich aus und hält mich im goldenen Käfig – aber das schmeckt mir nicht. Ich bin kein Leibeigener.«
    »Brauchst du auch nicht zu sein«, erklärte sie. »Der Zustand braucht ja nicht lange zu dauern. Auch Ehefrauen sind sterblich…«
    Ich starrte sie nur an.
    »Jetzt bist du schockiert«, sagte sie.
    »Nein, nicht schockiert.«
    »Das hatte ich eigentlich auch nicht erwartet. Ich dachte, du hast vielleicht schon…?« Sie musterte mich neugierig, aber auf diese Frage gedachte ich ihr nicht zu antworten. Ein paar Geheimnisse muss man schließlich voreinander haben. Nicht, dass es damals genau genommen noch Geheimnisse gewesen wären, aber ich sah sie gern als solche an. An den Ersten dachte ich nicht gern. Eigentlich albern. Kindisch. Belanglos. Mich hatte die typisch kindliche Gier nach einer schicken Armbanduhr gepackt, die ein anderer Junge – ein Schulfreund – geschenkt bekommen hatte. Ich wollte sie haben. Unbedingt. Sie war sehr teuer gewesen, ein reicher Patenonkel hatte sie ihm geschenkt. Ja, ich war ganz versessen darauf, glaubte aber nicht, dass ich sie je in meinen Besitz würde bringen können. Und dann kam der Tag, an dem wir miteinander Schlittschuh laufen gingen. Das Eis trug noch nicht. Nicht, dass wir das vorher bedacht hätten, es passierte eben einfach. Er brach ein, und ich schlitterte hin zu ihm. Er klammerte sich noch an. Er war eingebrochen, hielt sich am Rand fest, und das scharfe Eis schnitt ihm in die Finger. Natürlich lief ich hin, um ihm zu helfen, aber dann, als ich bei ihm war, sah ich die Armbanduhr glitzern. Wenn er nur untergeht und ertrinkt, dachte ich. Wie leicht wäre es dann…
    Halb unbewusst, so scheint es mir

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