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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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freien Stücken ins Nichts gegangen, in endlose Nacht… Der Kopf wurde mir schwer, ich beugte mich vor, tiefer über den Boden.
    »In endlose Nacht«, murmelte ich.
    »Hör auf!«, schrie Greta. »Steh auf! Reiß dich zusammen! Lass dich nicht so gehen mit diesem albernen, abergläubischen Zeug.«
    »Was kann ich denn dafür?«, fragte ich. »Wir sind auf Gipsy’s Acre, oder etwa nicht? Und hier war noch keiner seines Lebens sicher. Nicht Ellie, nicht ich, und du vielleicht auch nicht.«
    »Wie meinst du das?«
    Ich erhob mich und ging auf sie zu. Ich liebte sie, begehrte sie immer noch. Aber Liebe, Hass, Begierde – ist das nicht alles dasselbe? Ellie konnte ich nie hassen, aber jetzt hasste ich Greta. Und das tat wohl. Ich hasste sie von ganzem Herzen, mit jäh aufflammendem Verlangen nach… Nein, zum Teufel mit der Sicherheit, ich wollte es nicht auf die sichere Tour, wollte nicht warten… Ich näherte mich ihr.
    »Du elendes Biest!«, sagte ich. »Du elendes, herrliches Biest! Du bist hier nicht sicher, Greta, nicht vor mir. Verstehst du? Ich weiß jetzt, dass es Spaß macht… Ja – es macht Spaß zu morden. Damals, als Ellie ihrem Tod entgegenritt, da war ich ganz aufgeregt vor Freude, den ganzen Vormittag. Vor Freude am Töten, obwohl ich damals gar nicht in die Nähe kam. Nicht so nahe wie jetzt. Das hier ist was ganz anderes. Es reicht nicht, dass man weiß, sie wird nachher sterben, weil sie beim Frühstück eine Kapsel genommen hat. Es reicht nicht, eine alte Frau in den Steinbruch zu stoßen. Ich will mehr. Ich will’s mit meinen Händen machen – mit eigenen Händen.«
    Greta hatte jetzt Angst. Sie, der ich vom ersten Tag in Hamburg an verfallen gewesen war, für die ich krankgespielt und einen guten Job aufgegeben hatte, nur damit ich bei ihr bleiben konnte. Jetzt hatte sie keine Macht mehr über mich. Ich gehörte nicht mehr ihr, nur noch mir selbst. Ich hatte eine andere Freiheit gefunden als die, von der ich geträumt hatte.
    Sie hatte Angst. Große Angst, wunderbare Angst, wie ich sie liebte, diese Angst, als meine Hände sich um ihren Hals legten. Ja, selbst jetzt, wenn ich hier sitze und all das niederschreibe (und es macht Spaß, so alles über sich selbst aufzuschreiben) – alles über mich und das, was ich durchgemacht habe, was ich gefühlt und gedacht habe und wie ich sie alle hereingelegt habe – ja, es ist herrlich so was, und ich war irrsinnig glücklich, als – ich Greta erwürgte…

24
     
    D anach gibt’s nicht mehr viel zu sagen. Oder anders ausgedrückt: Dies war der Höhepunkt. Man vergisst wohl immer wieder, dass nun nichts Besseres mehr nachfolgen kann, dass man alles ausgekostet hat. Lange Zeit blieb ich einfach nur sitzen. Ich weiß gar nicht, wann sie kamen, kann auch nicht sagen, ob sie alle zugleich eintrafen… Jedenfalls konnten sie nicht schon die ganze Zeit dagewesen sein, denn sie hätten mich Greta nicht erwürgen lassen. Als erstes erkannte ich den lieben Gott. Nein, ich bin ein bisschen durcheinander, ich meine Major Phillpot. Ihn hatte ich immer gern gemocht, er war stets sehr nett zu mir gewesen. Ein fairer Mann, fair und freundlich. Er kümmerte sich um die Leute, tat für sie, was er konnte.
    Ich kann nicht sagen, wie viel er über mich wusste, aber ich erinnere mich an den Morgen der Auktion, als er mich wegen meiner Ausgelassenheit so neugierig gemustert hatte. Ob er sich damals wohl fragte, warum ich so vergnügt war?
    Und dann, als wir vor dem Kleiderbündel standen, vor Ellie im Reitanzug… Ich frage mich, ob er damals Bescheid wusste oder doch eine Ahnung hatte.
    Als Greta tot war, saß ich, wie gesagt, nur so in meinem Sessel und starrte in mein Champagnerglas. Es war leer. Wir hatten nur eine Lampe angeknipst, Greta und ich, sie gab nicht viel Licht, und die Sonne musste schon lange untergegangen sein. Ich saß nur da und fragte mich dumpf, was nun wohl kam.
    Und dann kamen die Leute. Vielleicht eine Menge auf einmal. Falls ja, dann waren sie dabei sehr leise, denn ich hörte und bemerkte sie lange nicht.
    Vielleicht hätte mir Santonix sagen können, was nun zu tun war. Aber Santonix lebte nicht mehr, er hatte einen anderen Weg gewählt als ich und konnte mir nun nicht mehr von Nutzen sein. Niemand konnte das mehr.
    Nach einer Weile bemerkte ich Dr. Shaw. Er verhielt sich so still, dass er mir bisher gar nicht aufgefallen war. Dabei saß er ganz nahe bei mir, wartete wohl auf etwas. Allmählich begriff ich, dass er auf ein Wort von mir

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