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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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. Ecke Stubenring und Wollzeile 26 erblickte er das Café Prückl. Da sein ursprünglicher Tatendrang fast gänzlich verschwunden war und einem hilflosen Zaudern Platz gemacht hatte, beschloss er, sich im Kaffeehaus ein spätes Frühstück zu gönnen. Er bestellte eine Eierspeise 27 aus drei Eiern und verzehrte dazu zwei Buttersemmerln. Danach angelte er sich eine Zeitung und blätterte sie durch. Wohlig gesättigt, nickte er schließlich kurz ein. Heftiges Diskutieren eines Paares am Nebentisch holte ihn abrupt in die Kaffeehauswirklichkeit zurück. Die Frau zeterte in einem fort, der Mann wehrte sich hin und wieder. Zuerst wollte Budka diesem Streitgespräch gar nicht zuhören. Doch als er mitbekam, dass es um Geld ging, spitzte er die Ohren. Die Frau warf ihrem Herrn Gemahl vor, dass dieser seine Waren viel zu billig anbieten würde. Deshalb sei seine Firma schon einmal am Rande des Konkurses gewesen. Er mache mit seiner Handelstätigkeit so wenig Gewinn, dass das ihr übergebene Haushaltsgeld nie ausreiche. Und jetzt, wo sie ausnahmsweise nach Wien mitgekommen war, könne sie sich hier nicht einmal eine neue Frühjahrsgarderobe schneidern lassen. Nur weil er ein so gutmütiger Depp sei, der nicht gescheit kalkulieren könne und der sich zusätzlich noch von Kunden über den Tisch ziehen lasse. Der Mann hatte jegliche Gegenwehr aufgegeben. Mit gesenktem Kopf ließ er die Vorwürfe auf sich niederprasseln. Schließlich stand er auf und ging wortlos in Richtung WC. Die Frau erhob sich ebenfalls und holte sich vom Zeitungsständer die neuesten Klatschblätter. Auf dem nun unbeaufsichtigten Tischchen lag eine offene Ledermappe mit mehreren Preislisten sowie einem kleinen Stoß Visitenkarten. Plötzlich hatte Budka eine Idee! Blitzschnell stand er auf, ging am Nebentisch vorbei und schnappte sich, verdeckt durch die Zeitung, die er in der linken Hand hielt, eine Preisliste sowie einige Geschäftskarten. Beides verschwand blitzartig in der Innentasche seines Sakkos. Dann ging er ebenfalls aufs WC. Dort sperrte er sich in eines der Kabäuschen ein, setzte sich bequem hin und sichtete das Diebesgut. Es waren Unterlagen der Firma Giuseppe Hmelak, Delikatessen-, Konserven- u. frische Meeresfische-, Kolonialwaren-, Südfrüchte- und Gemüse-Handlung. Das Unternehmen war in Graz, in der Sporgasse 15, daheim. Zufrieden grinsend betrachtete er seine Beute. Jetzt wusste er, wie er den Herrn Direktor Hubendorfer kennen lernen würde. Als er an seinen Kaffeehaustisch zurückgekehrt war, rief er dem Ober »Zahlen!« zu. Er packte seinen Mantel, schlüpfte voll Elan hinein, setzte den Hut auf, musterte zufrieden seine adrette Erscheinung in einem Spiegel, zahlte und ging. Die Vereinskanzlei des Ersten Wiener Consum-Vereins befand sich mehr oder minder um die Ecke vom Café Prückl: in der Stubenbastei 12. Er betrat das Haus, ging zum Portier und sagte würdevoll:
    »Gott zum Gruße! Mein Name ist Giuseppe Hmelak, ich komme aus Graz und habe einen Termin beim Herrn Direktor Hubendorfer.«
    Der Portier schickte ihn in den ersten Stock zum Sekretariat des Herrn Direktor. Nach zaghaftem Klopfen trat er ein und wurde von dem fragenden Blick eines mittelalten, dicklichen Bürofräuleins empfangen. Elegant lüftete er seinen Hut und stellte sich aufs Neue vor. Die Vorzimmerdame machte große, kugelrunde Augen und stammelte:
    »Aber mir is’ nix bekannt, dass der Herr Direktor heute einen Termin mit Ihnen hat…«
    Er verbeugte sich noch einmal, lächelte charmant, aber auch ein bisschen traurig und sagte leise:
    »Das ist aber schade. Da bin ich extra aus Graz angereist… Und jetzt hat der Herr Direktor keine Zeit für mich. Das ist bedauerlich. Wo ich meinen Besuch doch telefonisch angekündigt habe…«
    »So? Telefonisch haben S’ ihn angekündigt? Aber unseren Telefonapparat hebe normalerweise ich ab. Und ich kann mich nicht erinnern… Obwohl, ich war jetzt ein paar Tage krank, da ist vielleicht irgendetwas nicht weitergeleitet worden. Wissen S’ was, nehmen S’ doch einfach Platz. Ich werde schaun, was sich machen lässt. Schließlich sind S’ ja einen weiten Weg von Graz zu uns her gekommen…«
    Sie stand auf, klopfte an eine Tür und verschwand dann im Nebenraum. Kurz darauf kam sie mit einem schlanken Bürschlein ins Zimmer zurück. ›Das kann aber nicht der Hubendorfer sein‹, dachte sich Budka. Und so war es auch. Der Jüngling wurde ihm als der Sekretär des Herrn Direktor vorgestellt. Er würde sich mit dem Anliegen

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