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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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nachzufragen, ob es eine Nachricht für den Herrn Frantisek gäbe. Der Pikkolo schaute zuerst groß, als er aber 10 Heller in die Hand gedrückt bekam, eilte er diensteifrig davon. Kurze Zeit später kreuzte er sehr geschäftig mit roten Ohren auf, überreichte ein kleines Kuvert und krähte:
    »Gnä’ Herr, das wurde vor zwei Wochen bei der Sitzkassierin abgegeben…«
    »Ich dank’ dir recht schön. Geh, ruf mir den Marqueur, ich möchte nämlich gleich zahlen.«
    »Sofort, der Herr!«, rief der Pikkolo und verschwand. Oprschalek riss das zugeklebte Couvert auf, nahm einen Zettel heraus, auf dem mit ungelenker Hand gekritzelt stand: Radetzkystraße 14, Hotel Hungaria. Er grinste zufrieden, steckte das Couvert ein, zahlte den Tee und verließ eiligen Schrittes das Kaffeehaus. In seiner Euphorie merkte er nicht, dass ihm jemand folgte.
     
    Da ein eisiger Nordwind blies, der immer wieder einige Schneeflocken vor sich herwirbelte, stellte er, als er über den Karlsplatz ging, wieder den Mantelkragen auf. Gleichzeitig zog er das Genick ein und verfluchte seine Blödheit, dass er bei seinem Einbruch in der Kleiderfabrik nicht auch einen warmen Schal mitgehen hatte lassen. Trotzdem, der Mantel war von bester Wollqualität, die ihm durchaus Wärme sowie Schutz vor dem Sauwetter bot. Sein Weg führte ihn über den Schwarzenbergplatz, den Heumarkt entlang und dann durch die Invaliden- und die Hauptzollamtsstraße. Letztere mündete in die Radetzkystraße. Hier musste er sich orientieren: Sollte er nach rechts oder links gehen? Nachdem er sich kurz nach links gewendet und gesehen hatte, dass hier die Hausnummern niedriger wurden, kehrte er um. Er kam auf den Radetzkyplatz und sah vor sich ein hohes Eckgebäude, in dessen Erdgeschoss sich ein Café namens ›Hungaria‹ befand. Über der Fensterreihe des 2. Stocks prangte der Schriftzug ›Hotel Hungaria‹. Wieder grinste Oprschalek. War ja gar nicht so schwer zu finden gewesen. Er betrat das Entree des Hotels, klopfte sich den Schnee vom Hut und ging gemessenen Schrittes zur Rezeption. Die Halle machte, so wie das ganze Hotel, einen etwas abgewohnten, schäbigen Eindruck. Er betätigte die Klingel, die sich auf dem Rezeptionspult befand und wartete. Nichts geschah. Nun läutete er mehrmals hintereinander. Keiner kam. Als er ziemlich ratlos dastand, hörte er plötzlich ein Rumoren in dem Raum hinter der Rezeption. Eine junge, blonde Frau erschien. Sie richtete sich die zerknitterte Bluse, die einmal weiß gewesen sein musste, rieb sich die Augen und gähnte herzhaft. Desinteressiert fragte sie:
    »Der Herr wünschen?«
    »Ich hätte gerne den Herrn Budka gesprochen. Der logiert doch bei Ihnen?«
    »Budka, Budka…«, murmelte sie und blätterte gedankenverloren im Gästebuch. »Ah! Da haben wir ihn: Budka, Zimmer 211. Aber warten S’, ich glaub’,er ist nicht auf seinem Zimmer. Wenn ich mich net täusch’, ist Herr Budka ausgegangen… vor circa einer Stunde.«
    »Wissen Sie vielleicht zufällig, wohin?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich kann net hellsehen…«
    »Hat er vielleicht ein Stammlokal in der Gegend?«
    »Na, schaun S’ vielleicht einmal ins Kaffeehaus vorne am Eck. Oder drüben in die Weinhalle. Vielleicht ist er dort.«
    Oprschalek bedankte sich und ging hinaus ins nächtliche Schneetreiben. Er schaute kurz in das Café Hungaria, das ziemlich leer war und in dem sich Budka leider nicht aufhielt. Nun überquerte er den Radetzkyplatz und betrat die Weinhalle, deren Gasträume extrem weitläufig waren. Als er schon fast resignieren und umdrehen wollte, entdeckte er an einem etwas abgeschiedenen Tisch den Gesuchten, der sich gerade eine Zigarette ansteckte. Lächelnd ging er auf ihn zu und sagte:
    »Na, haben der Herr gut gespeist?«
    Budka blickte irritiert auf, grinste aber dann auch. Er schob Oprschalek mit dem Fuß einen Sessel hin und deutete ihm mit einer einladenden Handbewegung, Platz zu nehmen.
    »Frantisek… Endlich hast meine Nachricht gelesen. Ich hab schon g’laubt, du hast dich päulisiert 30 .«
    »Geh! Wo soll i denn hin? Ich hab mich halt a Zeit lang versteckt. Aber das wird auf die Dauer auch fad.«
    »Herst, du bist g’schalnt 31 ! Wie ein Firmling… Ehrlich, wie ein richtiger Herr schaust aus. Ich hätt’ dich fast net erkannt.«
    Oprschalek bestellte sich ein Bier und einen Becherovka 32 . Dann erzählte er mit leiser Stimme von seinem Einbruch und der Brandlegung. Budka hörte lächelnd zu und gratulierte zur gelungenen Tat. Als

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