Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
Vom Netzwerk:
Zubehör herstellen, sogar das Anmalen. ›Keiner langt mir hin‹, hat er gesagt. Und ich, ich könnte ihm sowieso nichts recht machen.«
    Der Polizist wirkte einen Moment lang verwirrt, dann sagte er entschieden: »Ich bringe Sie jetzt zu Ihrem Mann, damit der sich um Sie kümmert.«
    Ehe Wally widersprechen konnte, hatte er den Wagen vor der aufgebockten Stange abgestellt, war ausgestiegen und zur Beifahrertür gehastet. Er öffnete, half Wally beim Aussteigen und führte sie zu Sepp Maibier, der den Hobel weglegte und den beiden deutlich missgestimmt entgegensah.
    Mit knappen Worten klärte ihn der Polizist darüber auf, dass es an der Brücke einen Unfall gegeben habe und Frau Maibier die Bergung der Verletzten hatte mitansehen müssen, weswegen sie wohl ein wenig unter Schock stehe. Dann nickte er Maibier zu, schüttelte Wally die Hand, versicherte ihr, dass sie sich von dem Schrecken bald erholt haben würde, und machte sich davon.
    Wally ließ schuldbewusst den Kopf hängen, denn sie rechnete mit jener Latte von Vorwürfen und Anschuldigungen, die ihr Mann gemeinhin für sie auf Lager hatte: … hast du es wieder prima geschafft, uns ins Gerede zu bringen … die Polizei auf dem Hof … Nachbarn lauern ja bloß auf so etwas … und alles nur, weil meine Alte mittwochs ins Kaffeehaus …
    »Was ist denn bei der Brücke passiert?«, fragte Sepp Maibier jedoch stattdessen und musste die Frage zweimal stellen, bevor Wally begriff, dass sie dazu aufgefordert worden war, von ihrem Erlebnis zu erzählen.
    Entsprechend stotternd fiel ihr Bericht aus.
    »Mit dem Rad gegen die Christophorus-Statue geprallt, sagt die Polizei, und im Bach gelandet«, wiederholte Sepp Maibier.
    Dabei wirkte er geradezu heiter, weswegen sich Wallys Zunge vertrauensselig lockerte. »So ein schlimmer Unfall. Die arme Lore ist bestimmt ganz arg verletzt, heilige Mutter Gottes. Aber wenigstens muss sich niemand die Schuld daran geben.« Sie sah ihren Mann mit aufgerissenen Augen an. »Stell dir vor, du wärst gerade mit dem Transporter unterwegs gewesen, hättest die ahnungslos radelnde Lore mit der Stoßstange gerammt, sodass sie … Heilige Mutter Gottes. Nie wieder könntest du ruhig schla–« Sie unterbrach sich, als sie bemerkte, dass sich die Augen ihres Mannes zu Schlitzen verengt hatten, aus denen ärgerliche Blicke zu ihr herübergeschossen kamen.
    »Wieso sollte ausgerechnet ich sie gerammt haben?«, fragte er unangenehm leise. »Sieht das hier so aus, als ob ich unterwegs gewesen wäre?«
    Wally begann wieder zu stottern. »Du doch nicht. Natürlich nicht. Und sonst auch niemand. Ich habe ja nur gesagt, wie es hätte sein können. Du weißt doch, wie man so was sagt, so als Beispiel, wenn man …« Sie verhedderte sich mehr und mehr, suchte im Gesicht ihres Mannes ängstlich nach einem neuerlichen Anflug guten Mutes. Der blieb jedoch aus.
    Natürlich blieb er aus. Wally wusste genau, dass er ausbleiben würde. Sie ließ den Kopf hängen, starrte auf ihre Fußspitzen und teilte ihnen wortlos mit, dass es am klügsten sei, sich schleunigst in Richtung Wohnhaus in Marsch zu setzen, denn jetzt war es so weit: Maibier würde sie abkanzeln.
    Ihre Beine wollten jedoch nicht gehorchen. Das eine knickte nach außen weg, das andere fühlte sich so schlaff an, als wäre es aus Kleiderstoff gemacht und angenäht.
    Da Wally so intensiv damit beschäftigt war, sich Schritte abzuringen, überhörte sie das Brummen des Lastwagens, der in den Hof bog und Sepp Maibiers Aufmerksamkeit von ihr ablenkte. Sie blickte erst auf, als ein Klirren und Scheppern an ihre Ohren drang, das die Ankunft des Getränkelieferanten verriet.
    Der ist aber spät dran heute, meldete sich ein Gedanke in Wallys Kopf. Der kommt doch sonst schon am frühen Nachmittag.
    Die beiden Männer begrüßten sich und begannen ein Gespräch, ohne Wally die geringste Beachtung zu schenken. Sie hätte unbemerkt weggehen können, stand aber immer noch da wie festgeklebt. Gesprächsfetzen drangen an ihr Ohr: »… Kotflügel eingedrückt … alles umgeladen … übliche Runde nicht mehr zu schaffen …«
    Langsam dämmerte Wally, wovon der Getränkelieferant sprach. Offenbar war das Fahrzeug, mit dem er zuvor unterwegs gewesen war, beschädigt worden.
    Beschädigt, pochte es in ihrem Kopf, eingedellt. Wodurch? Himmelmutter, doch nicht etwa durch Lores Rad? Das würde ja bedeuten … Halt, rief sie sich zurück, hatten die Polizisten nicht festgestellt, dass an dem Unfall kein anderes

Weitere Kostenlose Bücher