Mord zur Bescherung
Schrift sah. »Wow! Da hat sich aber jemand Mühe gegeben. Was ist das denn für einer?«
Honey streckte die Hände mit nach oben gedrehten Handflächen aus. »Ich habe es dir doch schon gesagt, ich erinnere mich nicht an einen solchen Namen.«
»Ich nehme an, du hast nicht alle Freunde von Dad gekannt?«
»Nein«, antwortete Honey mit einer Grimasse. »Besonders einige der Freundinnen hat er vor mir ziemlich geheim gehalten.«
»Das hier ist aber ein Mann.«
»Mit einem Vornamen wie Jake sollte er das sein, ja.«
»Truebody. Das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Name.«
Honey schüttelte den Kopf. »Sein Problem. Nie gehört.«
Ihr Handy begann zu trällern wie ein gewürgter Wellensittich. Das musste Doherty sein. Sie hoffte, er würde ihr den Vorschlag machen, sich mit ihr auf einen Drink im Zodiac zu treffen. Das war ihre Lieblingskneipe, der Klub, in dem sich Hotelbesitzer und Wirte gegen Mitternacht zu versammeln pflegten, um sich ihre Probleme von der Seele zu reden und sich ganz allgemein gepflegt zu betrinken.
Tatsächlich wollte er sich dort mit ihr treffen, und sie sagte gern zu.
»Ich wollte dir auch noch mitteilen, dass ich Mark Bennett, den Installateur, hinter dem du hergejagt bist, davon überzeugt habe, keine Anzeige zu erstatten.«
»Ah ja!«
»Ich habe ihm erklärt, das hätte man in deinem Alter manchmal.«
Vier
Zwei Tage nach dem Eintreffen des Briefs aus Maine und nachdem die Firma Mallory und Scrimshaw in die Lücke gesprungen war, die entstanden war, weil eine Anwaltskanzlei storniert hatte, ging Honey einkaufen. Sie hatte einen sorgfältig zusammengefalteten Einkaufszettel in der Tasche. Doherty lief neben ihr.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du gern einkaufen gehst«, sagte sie zu ihm.
»Tu ich auch nicht, aber so habe ich die Gelegenheit, mir mal die Sehenswürdigkeiten anzuschauen.«
Als sie um die Ecke in die Milsom Street einbogen, blieben sie kurz stehen, um ein sehr buntes Rentier zu betrachten. Das unten in den Sockel eingeätzte Schild teilte ihnen mit, dass es sich um ein »Regenbogen-Rentier« handelte.
»Sonst auch unter dem Namen Rudolf Rotnase bekannt«, meinte Honey. Beide hatten sie sofort die rote Plastiknase bemerkt, die ein Witzbold diesem Kunstobjekt angeklebt hatte. »Habt ihr eine Ahnung, wer das macht?«
»Nein. Er taucht zwar auf den Videos einiger Sicherheitskameras auf, aber er trägt immer eine Kapuze, und die Bilder sind zudem nicht besonders scharf.«
»Schnee, selbst wenn es gar nicht schneit.«
»Jawohl. So klar sind die ungefähr.«
Inzwischen hatte sich Nebel über die Stadt Bath herabgesenkt, und eisige Luft biss sie in die Nasen. Alle Farben wirkten ein wenig gedämpft, aber die Weihnachtslichter glitzerten unverändert hell. Nur in den engsten Gassen, in denen die Beleuchtung etwas schummrig war, hatte der Nebel allesvöllig eingehüllt. Gebäude, die bereits in die Jahre gekommen waren, als Jack the Ripper noch ein kleiner Junge war, ragten finster auf, und ihre Umrisse waren nur als geisterhafte Schemen wahrzunehmen.
Honey wusste, dass Doherty ihr jetzt gleich die Million-Dollar-Frage stellen würde, und das machte sie nervös.
»Hast du es ihr schon gesagt?«
Es hatte also nicht funktioniert, Steve Doherty durch die schwierige Aufgabe des Einkaufens vom Thema abzulenken. Er hatte ihr einen Ring geschenkt, den sie tragen sollte. Seine Absichten waren eindeutig – und ehrenhaft. Der Ring hatte bisher das Tageslicht nicht erblickt. Er befand sich in der Warteschleife.
Wie sollte Honey Lindsey sagen, dass sie noch einmal heiraten wollte? Das war Honeys Problem. Lindsey war sehr erwachsen, etwa seit ihrem dritten Lebensjahr. Aber Honey betrachtete sie immer noch als ihr liebes kleines Baby, und irgendwie kam es ihr vor, als würde sie dieses Baby im Stich lassen und grob vernachlässigen, wenn sie jetzt zugab, dass Detective Chief Inspector Steve Doherty sie gebeten hatte, ihn zu heiraten.
»Steve, ich habe im Augenblick ziemlich viel zu tun, mit Weihnachtsvorbereitungen und so …« Nichts als Ausflüchte.
»Sind wir nun verlobt oder nicht?«
»Natürlich sind wir das … glaube ich. Aber muss das jetzt schon öffentlich verkündet werden?«
»Ich kann es ihr selbst sagen.«
»Nein! Das brauchst du nicht. Okay, sag ruhig, dass ich feige bin, aber ich muss den richtigen Augenblick abwarten.«
Sie tat so, als hätte ein Schaufenster mit einer dieser modernen Auslagen, in denen eine Aktentasche, von Misteln und
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