Mord zur Bescherung
Kühlendes, das man drauflegen kann«, blaffte sie Doherty an. »Und ziehen Sie sich eine Unterhose an.«
»Ist er weg?«, fragte Honey.
Doherty hielt sie fest an sich gedrückt und half ihr wieder auf die Beine. »Ja. Könntest du ihn identifizieren?«
»Nein. Ich habe nur einen Schatten gesehen. Sonst nichts.«
Sie lehnte sich schwer gegen ihn, als er sie in sein Zimmer führte. Ihre Beine waren wie Wackelpudding. Ihr Kopf fühlte sich an, als spielte eine Steelband auf uralten Ölfässern Reggae.
»Du hast nichts an«, stellte sie fest, während sie sich Mühe gab, ihr Augenmerk auf die interessanteren Aspekte seines Körpers zu fokussieren. Alles schien ein wenig unscharf. Das Licht war schummerig, und außerdem sah sie die Welt nur verschwommen.
»Falsche Zeit, falscher Ort, da können wir jetzt gar nichts machen«, antwortete er grimmig. Während er sie weiter auf den Beinen hielt, gab er am Telefon schon Anweisungen.
»Ich denke, wer immer es war, er ist aus dem Fenster gesprungen«, sagte er.
Honey merkte, dass sie ein bisschen wankte, aber daran konnte sie nichts ändern. Nur gut an Doherty festhalten. Ihr Bademantel war inzwischen ein wenig aufgefallen. Doherty schaute gründlich hin.
»Der Stil gefällt mir«, meinte er und nickte anerkennend. »Bademantel und kniehohe Stiefel, das hat eine Wahnsinnswirkung auf mich.«
Einunddreißig
Trotz ausgiebiger Suche fanden sie keine Spur des Phantomeinbrechers.
»Nicht einmal einen Fußabdruck.« Doherty runzelte nachdenklich die Stirn. »Da hätten aber welche sein müssen. Unten an der Feuerleiter ist Eis.«
Einen Augenblick lang dachte Honey, dass er ihr vielleicht nicht glaubte.
»Ich habe wirklich jemanden gesehen – nur einen Schatten, aber da war jemand.«
Er streichelte ihr übers Kinn. Sie lag in seinem Bett und hatte sich die Decke bis zum Hals hochgezogen.
»Ich glaube dir«, antwortete er und küsste sie auf die Stirn. »Oh, und übrigens besteht Mary Jane darauf, dass ein böser Geist hier herumläuft. Ein Geist aus der Vergangenheit.«
Honey stöhnte. »Die Beule an meinem Kopf sagt mir, dass es kein Gespenst war. Böser Geist oder nicht, jedenfalls hauen die einem nicht mit was Schwerem auf den Kopf.«
»Nein, das machen sie nicht.«
Irgendwas an Dohertys Tonfall machte sie stutzig.
»Dich beschäftigt was. Das merke ich immer.«
»Wieso?«
»Na ja, ich liege hier nackt im Bett, und du sitzt noch draußen.«
Er grinste. »Du kennst mich wirklich gut.«
Das Telefon klingelte frühmorgens am Heiligabend. Doherty sagte ihr, sie solle sich anziehen. Sie wollten sich Clarence Scrimshaws anderes Haus ansehen.
»Er hatte nämlich nicht nur die Wohnung über dem Büro. Da haben wir uns ja schon gründlich umgeschaut und nichts gefunden. Er hat auch noch ein Haus in Beaufort East.«
Sie hatte nur ihre Stiefel und den Bademantel da. Mit ein paar von Dohertys Sachen mummelte sie sich ein. Am Empfang hing noch eine warme Jacke. Dann brauchte sie nicht zurück ins Kutscherhäuschen, und es bestand keine Gefahr, dass sie Lindsey so früh am Tag aufweckte und Rede und Antwort stehen musste.
Die Fahrt zu Scrimshaws anderem Anwesen war viel kürzer als erwartet. Über die A36, die Cleveland Bridge und rechts auf die A4.
»Wieso wusste im Büro eigentlich niemand etwas von diesem Haus?«, fragte Honey.
Doherty machte ein ernstes Gesicht. »Er ist nicht oft hierhergekommen, und wenn, dann immer allein.«
Er fuhr an einer langen Häuserzeile im Vorort Beaufort East vor.
»Das hätte ich nicht erwartet«, meinte Honey. »Ich hätte gedacht, dass er in einem viel großartigeren Haus wohnen würde, wenn er schon außer der Wohnung noch einen Wohnsitz hatte.«
»Das Geld dazu hätte er gehabt«, murmelte Doherty. »Wir haben inzwischen bei seinem Steuerberater und seinem Rechtsanwalt nachgefragt. Aber der gute alte Clarence war wohl nicht so materialistisch eingestellt. Eigentlich genau das Gegenteil. Irgendwie ziemlich spirituell.«
»Religiös?«
»In gewisser Weise.«
»Irgendwas verrätst du mir noch nicht, oder? Das Haus ist nicht etwa vom Keller bis zum Dach voller wertvoller alter Bibeln?«
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Wir schauen mal, ja?«
Wie so oft in Bath war die Zufahrtsstraße zwischen den Gebäuden und einem Rasenstreifen mit Bäumen und Büschen völlig zugeparkt. Doherty stellte seinen Wagen in der zweiten Reihe ab und legte das Schild »Polizei im Einsatz« hinter die Windschutzscheibe.
Früher einmal
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