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Mord zur Bescherung

Mord zur Bescherung

Titel: Mord zur Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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war er der Kindsvater? Das musste sie mal näher untersuchen. Gut, der Chef von Mallory und Scrimshaw war wirklich nicht mehr taufrisch, aber wie ihre Mutter ihr wiederholt versichert hatte, war das ja kein Hinderungsgrund. Schnee auf dem Dach, Feuer im Kamin, so sagte sie doch immer, oder?
    Honey notierte sich, dass das nicht völlig auszuschließen war. David Longborough hatte ebenfalls angedeutet, dass sich Samantha und der alte Herr nahegestanden hatten. Es konnte ja eine völlig harmlose Sache sein, aber auch eine schrecklich ernste Angelegenheit. Büroflirts zwischen Angestellten und Chefs fingen ja oft ganz unschuldig an. Falls Scrimshaw ein Auge auf sie geworfen hatte, dann hatte er ihr möglicherweise auch Geheimnisse anvertraut, von denen sonst niemand etwas wusste.
    Ihre Liste bedeckte nicht mal die halbe Seite. Honey verzog unmutig das Gesicht. Sie hätte gern mehr Verdächtige aufgeschrieben. Irgendwie sprang sie kein Name an und verkündete: Schau mich näher an, ich könnte es gewesen sein.
    Sie legte den Stift weg. Es kamen einfach keine Antworten, nur Fragen. Keine Hinweise, nur vage Vermutungen. Und kein Doherty, überlegte sie, während sie einen einsamen Rumtrüffel musterte, der auf ihrem Nachttisch lag. Der musste ihr reichen.
    Sie wachte auf, weil etwas in der Nähe ihres Ohrsbrummte. Zunächst fuhr sie auf, weil sie dachte, es wäre die Alarmanlage. Das blaue Licht an ihrem Handy blinkte. Das Zifferblatt der Uhr verkündete, dass es drei Uhr morgens war.
    Sie fluchte leise vor sich hin, drückte auf den Knopf und nahm das Gespräch an.
    »Wer zum Teufel ruft mich zu dieser nachtschlafenen Zeit an?«
    »Ein Mann mit einem halbleeren Bett. Ich bin so einsam.«
    »Psst. Sprich leise.«
    »Ich spreche leise.«
    Sie merkte, dass sie selbst flüsterte, ein Ohr immer in Richtung auf Lindseys Schlafzimmer gerichtet.
    Sie warf die Bettdecke zurück und langte nach ihrem Bademantel. »Ich komme!«
    Sie wollte kein Licht machen und fischte im Dunkeln nach ihren Hausschuhen. Leider schienen die ganz allein ohne Honeys Füße spazieren gegangen zu sein. Sie fand nur ein Paar kniehohe Stiefel, die sie am Vortag zum Einkaufen getragen hatte. Sie schlüpfte hinein.
    Sie blieb kurz vor Lindseys Zimmer stehen und lauschte, hörte aber nichts. Lindsey schlief den Schlaf der Gerechten.
    Honey zog ihren Frotteemantel fester um sich, schlich sich zur Haustür, überquerte den Innenhof, betrat das Hotel durch die Hintertür, ging den Flur entlang, der zum Empfang führte, und von dort die Treppe in den zweiten Stock hinauf.
    Wie jeder erfahrene Hotelbesitzer wusste sie, dass Paare auf Hochzeitsreise ein Himmelbett, eine Flasche Schampus und völlige Abgeschiedenheit brauchen. Besonders Letzteres hielt Honey für ungeheuer wichtig. Deswegen lag die Hochzeitssuite im Green River Hotel im zweiten Stock, umeine Ecke herum und am hintersten Ende des Ganges, wo das Mondlicht silbern und kühl durch ein eindrucksvolles Rundbogenfenster fiel. Das Fenster ging auf die Feuerleiter an der Rückseite des Hotels, auf das Dach des Kutscherhäuschens und die Rückgebäude der Häuser in der nächsten Straße.
    Honey blieb stehen, einen Stiefel vor den anderen gesetzt. Hier stimmte was nicht. Das Licht auf dem Flur hätte brennen müssen. Selbst zu dieser nachtschlafenen Zeit hätte ein schwacher Schimmer den Flur erleuchten sollen, falls irgendetwas Schreckliches passierte – zum Beispiel in allen Zimmern ein Feuer ausbrach und allein der Flur noch sicheres Terrain war.
    Die Notbeleuchtung war nicht an. Nur das Mondlicht strömte durch das Bogenfenster. Honey ging ein gruseliger Gedanke durch den Kopf. Solche Bogenfenster kamen in Filmen vor, die in Spukhäusern spielten. An Orten wie Amityville.
    Aber wir sind in Bath! Hier passieren solche Dinge nicht!
    Aufmerksam nach axtschwingenden Wahnsinnigen Ausschau haltend, schlich Honey den Flur entlang. Nichts, vor dem man sich fürchten müsste, redete sie sich ein. Natürlich nicht. Sie kannte das alte Gebäude gut, und soweit sie wusste, beherbergte es weder Gespenster noch Axtmörder. Es gab hier nur Sir Cedric, der allerdings vielleicht eine Ausgeburt von Mary Janes Phantasie war, vielleicht aber auch nicht.
    Sie zog ihren warmen Frotteebademantel noch ein wenig enger um sich und ging vorsichtig wie ein Einbrecher auf der Suche nach Beute weiter – und genauso langsam.
    Vorwärts! Nur mutig voran! Wovor hast du Angst?
    Sie wollte gerade ihrer drängenden inneren Stimme folgen

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