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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schaufenster eines Geschäftes brannte, Honeys Aufmerksamkeit. Kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass eine unbeaufsichtigte offene Flamme durchaus ein Feuer verursachen konnte. Hoffentlich nicht. Jedenfalls hatte sie keine Lust, etwas dagegen zu unternehmen. Ein warmes Getränk, sich mit einem Frotteehandtuch abrubbeln, danach stand ihr jetzt der Sinn.
    Plötzlich fiel die Gasse steil nach unten ab. Honey konnte ins Obergeschoss der Gebäude zu ihrer Linken hineinsehen. Aus |15| den Fenstern drang warmes Licht und spiegelte sich in goldenen Rechtecken auf den nassen Pflastersteinen. Die glänzten, als hätte sie jemand mit Silikon überstrichen.
    Das war ja alles sehr idyllisch, aber das Kopfsteinpflaster war wirklich glitschig. Honey versuchte, sich in schräger Linie nach links zu tasten, um sich an einer Mauer festhalten zu können.
    »Seien Sie vorsichtig!«, rief sie ihrer Begleiterin zu.
    Keine Antwort. Aufgeblasene Ziege! Hoffentlich rutscht sie aus und zerbeult sich dabei ihr würdevolles Ego ein wenig, dachte Honey.
    Sie hielt die Augen weiterhin starr auf die Pflastersteine vor ihren Füßen gerichtet. Es war keine Menschenseele zu sehen. Wie hatte es die Gruppe nur geschafft, diese abschüssige Straße so rasch hinunterzugehen? Vor ihr glänzte der Weg nass – und menschenleer. Sehr menschenleer. Konnte es denn sein, dass sie die Gruppe überholt hatte, ohne es zu bemerken?
    Sie schaute über die Schulter zurück. Auch da war niemand. Schatten, die flackernde Kerze, strömender Regen. Keine untersetzte Frau mit hochmütiger Miene und Spazierstock!
    Plötzlich peitschte der Wind das Regenwasser aus einem übervollen Rinnstein hoch. Honey schaute auf – und bekam einen Schwall Wasser ins hochgereckte Gesicht. Sie prustete und zwinkerte, fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. Eine Kontaktlinse glitt heraus und fiel zu Boden, war nun kaum mehr als ein winziges Ruderboot für Insekten.
    »Verdammt!«
    Als Honey unter ihrer Kapuze auftauchte, stellte sie fest, dass sie inzwischen auf ebenem Terrain war und gerade noch vor einer Riesenpfütze zum Stehen gekommen war.
    Sie schaute zurück auf die steil aufsteigende Gasse. In langen Bindfäden pladderte der Regen durch den Lichtschein der Straßenlaternen. Honey glaubte, wieder das gleiche Motorrad gesehen zu haben wie früher am Abend. Aber sonst war nichts und niemand zu erspähen, nicht einmal Ihre Mittwestliche Ladyschaft. Wahrscheinlich hatte die sich längst wieder dem Rest der Gruppe angeschlossen. Wie sie das geschafft hatte, konnte |16| Honey sich beim besten Willen nicht vorstellen. Aber heute Abend war ihr das wirklich egal.
    »Na gut, wenn es unbedingt sein muss«, seufzte sie und beugte sich hinunter, um mal wieder ihre Schuhe zuzubinden.
    Eine Kontaktlinse zu verlieren, das war beinahe so schrecklich, als hätte man zeitweilig ein Bein verloren. Alles war schief. In der Nähe war es ja nicht so schlimm. Aber wenn man in die Ferne blickte, war es der reinste Albtraum.
    Plötzlich erregte eine Bewegung am anderen Ende der Gasse Honeys Aufmerksamkeit. Ein paar Leute sprangen fröhlich in einer Pfütze herum, die sich zwischen der Straße und dem Bürgersteig gebildet hatte. Zweifellos waren die beiden Australierinnen auch dabei.
    Kaum hatte Honey diesen Gedanken gehabt, da schlenderte ein Paar glänzender Schuhe an ihr vorüber. Sie schaute auf und erblickte einen Hut mit breitem Rand, den sich jemand tief ins Gesicht gezogen hatte.
    »Guten Abend«, sagte sie. Wer es auch war, er gab keine Antwort. Das war eigentlich schade, denn sie brannte darauf, eine Bemerkung über die Lackschuhe zu machen.
    Glänzende Schuhe?
    Lackschuhe?
    Bei dem Wetter?
    Wie kam es, dass sie nicht nass waren – oder gar völlig durchweicht? Und wieso hatte sie keine Schritte gehört? Das war kein Gespenst. Nein. Das konnte einfach nicht sein. Oder doch? Das Blut gefror ihr in den Adern – und diesmal hatte es nichts mit dem Wetter zu tun!
    Honey zischte los wie eine Concorde in Heathrow, rannte und schlitterte über die nassen Pflastersteine, rumpelte in die kleine Gruppe am unteren Ende der Gasse hinein.
    »He!«
    Die verschwommenen Gestalten wurden deutlicher. Gesichter. Junge Gesichter schauten sie stirnrunzelnd an. »Wir ziehen durch die Clubs«, war deutlich von ihren Mienen abzulesen.
    »Tut mir leid! Falsche Gruppe!«

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    Nachdem sie endlich ihrer Begleiterin entwischt war, machte sich Lady Wanda Templeton-Jones – geborene Carpenter –

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