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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einen Dreck um andere Leute.
    |22| »Ich dachte, die Regierung erlaubt jetzt Ausschank rund um die Uhr?«
    »Ich scheiß was auf die Regierung. Rund um die Uhr trinken, das tu ich, sobald ich im Urlaub bin. Morgen mach ich die Mücke, auf zur Costa del Sol. Da kann ich keine alten Taschen in meiner Kneipe gebrauchen – alte Schachteln übrigens auch nicht.«
    »Charmant, charmant«, murmelte Honey, die annahm, dass sie eine der alten Schachteln war.
    »Entschuldigung.«
    Sie drehte sich um und schaute in Pamela Windsors blasses Gesicht. Die Augen der jungen Frau strahlten jetzt ein wenig, vielleicht weil sie inzwischen dampfgetrocknet war.
    »Die nehme ich wohl besser an mich«, meinte die Stadtführerin und griff nach der Tasche. »Ich kann ja in Lady Templetons Hotel eine Nachricht hinterlassen, dass die Tasche sicher in meinem Besitz ist. Das geht bestimmt so in Ordnung.«
    Nun gut, das war ein vernünftiger Vorschlag. Warum bloß hatte Honey plötzlich das Gefühl, sie müsste dieses braune Lederding beschützen? Lag es daran, dass es ihrer eigenen übergroßen Lieblingstasche ähnelte, wenn es auch ein wenig kleiner war? Oder hatte es etwas damit zu tun, dass die junge Stadtführerin auf einmal weniger bleich und wesentlich lebhafter aussah als in den vergangenen Stunden?
    »Das ist nicht nötig.« Honey drückte die Tasche fest an sich, als wäre sie ein hungriges Neugeborenes. »Ihre Ladyschaft wollte in ihrem Hotel aus- und in meinem einchecken. Wahrscheinlich ist sie schon dort, wenn ich heimkomme.«
    Es gab keineswegs eine Garantie dafür, dass Ihre Ladyschaft im Green River Hotel auftauchen würde. Noch viel weniger hatte Honey irgendeinen Grund für ihr Misstrauen gegen Pamela. Die junge Frau meinte es nur gut. Aber Honey konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass irgendetwas nicht stimmte. Im Green River Hotel gingen Gott und die Welt ein und aus. Da lernte man allmählich das Verhalten der Menschen einzuschätzen. Keine Frau ab einem gewissen Alter würde je ohne ihre Handtasche am Arm nach Hause oder in ihr Hotel zurückgehen. |23| In dieser Tasche befand sich doch alles, was ihr lieb und teuer war: Schlüsselbund, Telefon und Geld, vielleicht noch ein alter Lippenstift und eine Puderdose, dazu Familienfotos.
    Honey murmelte etwas in diesem Sinne.
    Pamela schaute sie wütend an. Seltsam, denn eigentlich war sie nicht der Typ, der wütend schaute. Sie war eher der nervös mit den Wimpern klimpernde Typ. Jetzt schaltete sie genau auf diese Masche um. Klimper, klimper. Gleichzeitig versank ihr Kinn im Rollkragen ihres grellroten Pullovers. »Das wusste ich nicht. Also, wenn Sie sich völlig sicher sind …?« Jetzt war ihre Stimme ganz leise und schwach. Aber vorher hatte Honey eine Sekunde lang einen kurzen Blick voller Stärke, vielleicht sogar eine Spur von Temperament erhascht.
    Mary Jane schlug vor, die Polizei einzuschalten.
    »Damit sollten wir besser noch warten«, warnte Honey. »Es ist noch viel zu früh, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Wahrscheinlich hat sie sich doch entschlossen, in ihrem anderen Hotel das Gepäck abzuholen. Und dabei hat sie ganz vergessen, dass sie die Tasche hier deponiert hatte.«
    Pamela Windsor zog sich noch weiter in ihren Rollkragen zurück. Ihre Augen waren starr auf die Tasche gerichtet. »Ich fürchte, sie geht davon aus, dass ich mich um ihr Eigentum kümmere.«
    Einen Sekundenbruchteil überlegte Honey, ob sie der jungen Frau die Tasche überreichen sollte. Mary Jane drängte sich als Erste dazwischen. »Wenn die Lady ins Green River umzieht, kann sich Honey am besten um die Tasche kümmern. Sie hat einen riesigen grünen Safe in ihrem Büro hinter dem Empfang. Dort ist die Tasche gut aufgehoben, bis jemand sie abholt.«
    Honey berührte Mary Jane sanft am Arm und erklärte ihr leise, dass man besser nicht so öffentlich in einer Kneipe über Safes und Wertsachen plauderte.
    »Scheint dir doch auch sinnvoll, oder?«
    Mary Jane reckte das Kinn vor. »Schon kapiert. Du willst nicht, dass bei uns einer eine Biege macht.«
    »Einen Bruch, meinst du wohl. Einen Einbruch.«
    |24| »Genau!«
    Mary Jane bemühte sich, den Slang des Vereinigten Königreichs möglichst rasch zu erlernen. Das Meiste nahm sie aus Seifenopern, die in Nordengland oder im East End von London spielten. Einmal hatte sie tatsächlich versucht, eine walisische Serie anzuschauen, weil sie überzeugt war, auf diese Weise Walisisch lernen zu können. Das war ihr allerdings nicht

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