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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gesehen?«
    Honey kamen die schimmernden Lacklederschuhe in den Kopf. Sie vermied jeden Blickkontakt und bestellte einen zweiten Drink. »Nein. Nichts.«
    Mary Jane verengte die Augen zu Schlitzen und zog eine Augenbraue hoch.
    Wie um alles in der Welt machte sie das?
    »Du siehst ein bisschen blass aus. Du kippst dir den Schnaps rein wie sonst was. Ich merke doch, dass du was gesehen hast. Du hast was gesehen! Los! Verrat’s mir! Und nimm dir eine Handvoll Kartoffelchips, wenn du schon mal dabei bist.«
    Honey bestellte einen weiteren Drink, konnte es sich aber gerade noch einmal verkneifen, tief in die Schüsselchen mit den |20| Nüssen und Kartoffelchips zu greifen, die auf der Theke standen. Mary Jane war manchmal richtig Furcht einflößend. Sie konnte einem Blicke zuwerfen, die einem unmissverständlich mitteilten, man würde auf der Stelle in einen Frosch verwandelt, wenn man nicht mit der Wahrheit rausrückte.
    »Hast du schon mal Unterricht in Hogwarts gegeben?«, erkundigte sich Honey.
    Mary Jane zog beide Augenbrauen hoch. »Natürlich nicht. Das ist doch nur ein Roman.« Plötzlich wurde ihr Lächeln breiter. »Ich würde aber eine gute Hexe abgeben, meinst du nicht?«
    Honey umklammerte ihr Glas fest mit beiden Händen. »Schütt mir bloß nichts in den Drink! Mir reichen Eis und eine Zitronenscheibe vollauf. Von Krötenaugen krieg ich immer Blähungen.«
    Mary Jane grummelte leise, ließ sich aber nicht lange von der Fährte abbringen. »Du hast was gesehen, sagst aber nichts.«
    Honey schüttelte den Kopf. »Da war nichts.«
    Mary Jane beugte sich über sie. »Raus mit der Sprache!«
    Noch ein großer Schluck Wodka. »Ich habe einen Mann mit einem schwarzen Umhang und schwarzen Lackschuhen gesehen. Wahrscheinlich auf dem Weg zu einem Kostümball, jede Wette!«
    »O du liebe Zeit! O Gott! Du willst doch nicht etwa sagen, dass du was gesehen hast? Wirklich und wahrhaftig?« Zwischen den Falten und Fältchen eines ganzen Lebens hervor schaute Mary Jane sie mit ehrfürchtigem Neid an. »Also, das ist nicht fair. Wieso siehst du ein Gespenst und ich nicht?«
    Die Umgebung verstummte. Aller Augen waren auf Honey gerichtet und warteten darauf, dass sie den Startschuss abfeuerte, der sie mit dem fortfahren ließ, was sie gerade getan hatten.
    »Nö! Nur einen feinen Pinkel im Abendanzug. Der war wahrscheinlich bei einem überaus wichtigen Diner gewesen. Ich denke mal, dass die Frau aus Ohio – oder wo immer sie herkam – Lady Irgendwas, dass die ihn auch gesehen hat. Die frage ich mal.«
    Honey war davon ausgegangen, dass Lady Templeton-Jones vor ihr hergeprescht und schnell wieder zur Gruppe gestoßen |21| war. Blitzschnell wanderten ihre Augen von einem Gesicht zum anderen. Die zerzausten Gespensterwanderer wärmten sich am Geist aus der Flasche. Lady Templeton-Jones war nicht dabei.
    »Oh, es sieht ganz so aus, als hätte sie sich bereits abgesetzt.«
    Natürlich hatte sie das. Und sie hatte wahrscheinlich auch vergessen, sich in ihrem gegenwärtigen Hotel abzumelden und im Green River anzumelden. Leute, die Zimmer buchten und dann nicht eincheckten, waren ein echter Albtraum und überaus ärgerlich.
    Verdammt! Ich hätte mir ihre Kreditkartennummer geben lassen sollen!, überlegte Honey.
    Plötzlich wurde etwas mit lautem Krachen auf die Theke gedonnert, dass die kostenlosen Erdnüsse nur so in den Schüsselchen tanzten.
    Eine Stimme dröhnte: »Hier ist Ihre Tasche, Ihre Ladyschaft.«
    Die Gespräche verstummten. Verständnislose Gesichter wandten sich dem Mann zu.
    »Lady Templeton«, fügte er hinzu. Ob absichtlich oder aus Versehen, jedenfalls hatte er den gewöhnlicheren Namen Jones weggelassen.
    Adrian Harris war der Pächter des Pubs. Er war groß, finster und aufgedunsen. Sein einstiger Waschbrettbauch war schon lange zu einem Waschtrommelbauch geworden. Zudem hatte er den leicht verschwitzten bleichen Teint eines Menschen, der nachts wach ist und tagsüber schläft. Eine Art Vampir, nur ohne Reißzähne und straffe Muskeln.
    »Ich glaube, sie ist direkt ins Hotel gegangen«, erklärte Honey. »Sie checkt dort aus und kommt dann zu mir. Ich nehme an, sie taucht irgendwann in meinem Hotel auf.«
    »Dann gehört das Ding Ihnen«, meinte Alex schroff. Er knallte Honey die Tasche vor die Nase und wandte sich abrupt ab.
    »Aber sie kommt vielleicht wieder her, um die Tasche abzuholen.«
    »Da hat sie dann eben Pech. Ich mache um Punkt elf dicht.« Adrian war ein ungehobelter Klotz. Er kümmerte sich

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