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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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netter Kerl.
     
    Nachdem er auf dem Dachboden abgewartet hatte, dass es heller Tag wurde, saß Siegfried nun also bei Tina, deren Nachnamen er vergessen hatte, in Karlis Wohnung in der Togostraße und entschied, die Wohnung aufzugeben. Er packte mit ihr alle Sachen zusammen.
    Eine Woche später wurden die beiden zusammen mit einem Kumpel in Hannover bei einer Polizeikontrolle angehalten. Tina wurde festgenommen, sie stand auf der Fahndungsliste und hatte noch was offen. Also sind sie ohne die Braut weitergefahren. Zehn Minuten später wurde der BMW wieder von der Polizei gestoppt, und Siegfried selber wurde festgenommen, um 2  Uhr  25 . Mit einem BMW war man um diese Zeit vor Kontrollen einfach nicht sicher, in Hannover, da war ja sonst nichts los. Seinen Kumpel ließ man wieder laufen.
    Es gab ein Schnellverfahren, weil man im Auto 92  Diazepam-Rezepte gefunden hatte, ein Gramm Heroin und die Waffe. Natürlich hatte er das Diazepam nicht selber geschluckt. Er musste ja von irgendetwas leben, deshalb war er zu einer Ärztin gegangen und hatte sich ein Privatrezept geholt, seine Freundin auch. Das haben sie dann im Copy-Shop säuberlich und in Farbe hundertmal kopiert und zugeschnitten. Vier Rezepte hatte er in der Apotheke schon eingelöst, für das Diazepam hatte er einen Abnehmer. Eine Tablette Diazepam brachte auf dem Markt etwa 50  Cent, eine Rohypnol 1  Euro. Außerdem hatte man in dem Auto 1  Gramm Heroin gefunden; seine Kleine hat so was immer geraucht, auf Folie, und das war nun liegengeblieben, als sie festgenommen wurde.
    Im Schnellverfahren am Folgetag gab es eine Geldstrafe von 150  Tagessätzen zu 20  Euro, 3000  Euro plus Spesen, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und unter Drogen und wegen Urkundenfälschung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Zudem erhielt Siegfried eine Fahrerlaubnissperre von einem Jahr, aber er hatte ja sowieso keinen Führerschein. Noch nie versucht, wann hätte er den machen sollen?
    Zehn Tage später, Mitte November, erließ die Strafvollstreckungskammer einen Sicherungshaftbefehl gegen Siegfried, der erst Ende Januar 2006 vollstreckt werden konnte. Er kam drei Monate in die Untersuchungshaftanstalt Moabit, wo er zusammen mit sogenannten Terminversäumern untergebracht war. Das waren oft ziemlich heruntergekommene Männer, die ihre Geldstrafen nicht termingerecht bezahlt hatten – weil sie ihr Geld vertranken oder aus anderen Gründen nicht über die Runden kamen. Siegfried schimpfte, er habe alle drei Tage einen anderen Penner auf die Zelle bekommen. «Das war unglaublich, was für ungewaschene Gestalten da mit mir zusammengesperrt wurden. Das war nicht auszuhalten, nicht für mich.» Er drohte, wenn das so weitergehe, mache er einen alle. «Falls mich hier einer ankotzt, breche ich ihm das Genick und lege ihn Ihnen morgen früh vor die Tür.» Bald darauf ging es heimwärts, er wurde nach Tegel verlegt, Ort der Besinnung. Nach einem aufregenden Jahr hätte nun Ruhe einkehren können.
    Siegfried goes to therapy
    Im Vergleich zu den geruhsamen Zeiten vor der Entlassung wirkte Siegfried weniger stark und glänzend, vielmehr etwas abgekämpft. Er war etwas magerer geworden, die Beamten erlebten ihn ernst und ein wenig niedergeschlagen, aber alles andere als hoffnungslos. Sein Anwalt hatte ihn auf die Idee gebracht, er müsse jetzt in Alkoholtherapie gehen, gemäß §  64 Strafgesetzbuch in eine Entziehungsanstalt statt neuer Strafhaft. Das Gericht wollte das prüfen lassen, also bin ich wieder hin nach Tegel, Haus  5 , Erdgeschoss, eine kleine offene Gesprächszelle mit abgetrenntem Klo, vielleicht 6  Quadratmeter, als Erstes muss man die Stühle vom Tisch nehmen. Fenster zu und warten, mit Blick in den kleinen Garten, ein paar Kraftsportler im Freien neben der Vogeltränke. Ich kannte Siegfried nun schon seit Jahren, hatte als psychiatrischer Sachverständiger dazu beigetragen, dass er weitere Lockerungen bekam und schließlich unter Auflagen entlassen worden war. Nun hatten sich die Hoffnungen nicht erfüllt, und ich sollte Vorschläge diskutieren, was man jetzt noch machen könnte. Dass er wegen der zurückliegenden Taten in Freiheit erneut bestraft werden würde, war klar.
    Türrahmenfüllend und blau gewandet kam Siegfried herein, fing schon in der Tür an zu reden, weiter im Hinsetzen. Er war im Redefluss kaum zu stoppen, laut, lebhaft und impulsiv wie eh und je, aber nach einigen Minuten dann

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