Morddeutung: Roman (German Edition)
zu Mr. Banwells Krawattennadel und zu Mr. Hugels Fotoplatten hatten. Jemand, der wollte, dass wir Mr. Banwell für Elizabeth Riverfords Mörder halten. Wer es auch war, er hat sich große Mühe gegeben. Er hat fast alles richtig gemacht, nur ein Fehler ist ihm unterlaufen: Er hat ein Spiegelbild aus der Fotografie gemacht, was es nicht hätte sein dürfen. Er hat genau gewusst, dass der Abdruck auf Miss Riverfords Hals das Spiegelbild des echten Monogramms sein musste. Also hat er sich gedacht, die Fotografie muss ebenfalls ein Spiegelbild zeigen. Doch dabei hat er nicht beachtet, dass Ferrotypieaufnahmen bereits spiegelbildlich sind. Das war sein großer Fehler. Als er das umgekehrte GB in die Fotografie reingeritzt hat, hat er sich verraten.«
Hugel hielt es nicht mehr aus. »Was für ein Gefasel! Nicht mal ich verstehe, was dieser Spinner von sich gibt. Wir haben eine klare Fotografie vom Hals des Mädchens. Und das GB ist deutlich zu sehen. Das ist kein Negativ, Doppelnegativ oder Dreifachnegativ oder irgend so ein Hirngespinst von Littlemore. Nur ein einfaches GB. Es ist der Beweis, dass Banwell der Mörder ist.«
Nach kurzem Schweigen meldete sich wieder der Bürgermeister zu Wort. »Detective, ich denke, ich kann Ihrer Argumentation jetzt folgen. Aber ich muss zugeben, die Sache ist inzwischen so oft umgestülpt worden, dass ich einfach nicht mehr weiß, wer recht hat. Ist das der einzige Grund, weswegen Sie glauben, dass Mr. Hugel Beweise manipuliert hat? Kann es sein, dass Hugel doch richtig liegt? Dass Ihre Fotografie George Banwell als Mörder überführt?«
Littlemore runzelte die Stirn. »Also schön. Ich finde, es gibt ziemlich viele Beweise gegen Mr. Banwell, nicht wahr? Mr. Mayor, dürfte ich Mr. Banwell vielleicht ein paar Fragen stellen?«
»Nur zu.«
»Mr. Banwell, können Sie mich verstehen?«
»Was wollen Sie?«, knurrte der Angesprochene.
»Wissen Sie, Mr. Banwell, wenn ich es mir so überlege, glaube ich ziemlich sicher, dass wir Sie wegen des Mordes an Miss Riverford verurteilen können. Ich habe nämlich den Geheimgang von Ihrer Wohnung zu der von Miss Riverford gefunden.«
»Schön für Sie.«
»In ihrer Wohnung war Lehm, der identisch ist mit dem auf Ihrer Baustelle.«
»Und so was nennen Sie Beweise.«
»Und wir haben den Schrankkoffer mit den Sachen von Miss Riverford gefunden – den Koffer, den Sie im East River unter der Manhattan Bridge deponiert haben.«
»Unmöglich!«, rief Banwell.
»Letzte Nacht haben wir ihn rausgeholt, Mr. Banwell. Unmittelbar bevor Sie den Senkkasten geflutet haben.«
»Sie waren gestern Nacht im Senkkasten der Manhattan Bridge, Littlemore?«, schaltete sich McClellan ein.
»Ja, Sir.« Littlemore klang ein wenig verlegen. »Tut mir leid, Mr. Mayor.«
»Ach, vergessen Sie’s. Fahren Sie einfach fort.«
»Man will mich reinlegen«, unterbrach Banwell. »George, ich war am Sonntag die ganze Nacht mit dir zusammen. Zuerst in Saranac und dann auf der Heimfahrt im Wagen. Du weißt genau, dass ich sie nicht umgebracht haben kann.«
»Der Staatsanwalt wird das ganz anders sehen«, erwiderte Littlemore. »Er wird sagen, dass Sie einen Komplizen hatten, der Miss Riverford nach Saranac gefahren hat, dass Sie sich beim Dinner mit dem Bürgermeister für ein paar Minuten davon geschlichen, sich kurz mit ihr getroffen und sie ermordet haben. Dann haben Sie die Leiche ins Balmoral zurückschaffen lassen, damit es so aussieht, als wäre sie dort gestorben. Sie wollten besonders schlau sein und den Bürgermeister als Alibi benutzen. Nur leider haben Sie Ihre Initialen auf ihrem Hals hinterlassen. Genau das wird der Staatsanwalt sagen, Mr. Banwell.«
»Ich hab sie aber nicht umgebracht«, fuhr Banwell auf. »Ich kann es beweisen.«
»Wie kannst du das beweisen, George?«
» Niemand hat Elizabeth Riverford umgebracht.«
»Was?« Der Bürgermeister sah Banwell entgeistert an. »Sie lebt noch? Wo ist sie?«
Banwell schüttelte den Kopf.
»Um Gottes willen, Mann«, beschwor ihn McClellan, »jetzt red endlich.«
»Es gibt gar keine Elizabeth Riverford.«
»Und hat es auch nie gegeben«, ergänzte Littlemore.
Banwell atmete geräuschvoll aus. Hugel dagegen musste tief Luft holen. Der Bürgermeister verlor allmählich die Fassung. »Will mir vielleicht mal jemand erklären, was hier eigentlich gespielt wird?«
»Das Erste, was mich ins Grübeln gebracht hat, war ihr Gewicht«, antwortete Littlemore. »Nach Mr. Hugels Bericht war Miss Riverford eins
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