Mordgier
Missus war meine Schwiegermutter, und wir wollen uns an sie nur mit Unfreundlichkeit erinnern.«
Wurstfinger ergriffen meine und drückten fest zu.
»Sie sind ein Süßer«, sagte sie.
»Vielen Dank, Ma’am.«
»George ist auch süß. Deshalb sorge ich dafür, dass mich die Tiere besuchen, damit ich meinen Ritter in Khakirüstung zu Gesicht bekomme - diesmal haben Sie Ihre Schwester geschickt, George. Habe ich Mundgeruch?«
»Ricki hatte ein bisschen Zeit -«
»Das war ein Witz, Galahad. Sie sind so ernst. Erzählen Sie mal, dieser Ka-jote war nicht schlecht, oder? Bösartige Zähne. Wo hat sie ihn laufen lassen?«
»Sie war weit genug weg.«
»Ich glaube, sie nimmt es mir übel, dass ich Sie die ganze Zeit anrufe.«
Sie glättete plissierte weiße Haare, kniff sich in die Knollennase. Ihre Wangen glühten, glatt wie die eines Kindes. Fett ist ein toller Faltenfüller.
»Das tut sie natürlich nicht«, erwiderte Cardenas.
Mavis Wembley sagte: »Ganz bestimmt tut sie das«, und massierte eine Armlehne ihres Throns. Der Stuhl hatte einen Schonbezug aus blau-weißem Baumwollstoff. Alles andere auf der Veranda war aus Aluminiumröhren und Plastikriemen.
»Neu bezogen?«, fragte Cardenas.
Mavis Wembley schlug sich mit der Zeitschrift gegen ein Knie. »Gefällt es Ihnen?«
»Sehr hübsch.«
»Von Pottery Barn, George. Ich liebe diese Kataloge, die ganze Welt steht einem offen. Besonders geeignet, wenn man in einer Metropole wie dieser hier wohnt.«
Noch ein Schlag mit der Zeitschrift. The New Yorker.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Abonnement haben«, sagte Cardenas.
»Hab ich auch nicht«, entgegnete sie. »Sie haben mir eins dieser Sonderangebote geschickt. Vier Monate umsonst, und dann kann man kostenlos kündigen. Ich hatte vor zu kündigen, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Sie neigen dazu, langatmig zu schreiben - machen Sie das ja nicht, wenn Sie Ihr Buch schreiben, George, es kommt darauf an, etwas mitzuteilen und nicht zu predigen. Aber sie haben ein paar interessante Leckerbissen. In dem Heft hier steht eine Geschichte über einen New Yorker Juden, der Pelzmäntel für diese Negerrapper näht. Diese ganzen Agitatoren, die wegen der Grausamkeit Tieren gegenüber ein Geschrei anstimmen, und dieser Jude macht einfach weiter seine Hermelin-Sweatshirts und so. Ein Mann mit Rückgrat .«
»Lassen Sie weiter Ihr Essen draußen stehen, Mavis«, sagte Cardenas, »dann können wir ihm einen Haufen Felle schicken.«
»Hübscher kleiner Ka-jote-Mantel für die Rapper.« Sie kicherte. »Wäre das nicht süß? Wer ist Ihr süßer Freund? Noch ein Polizist oder noch ein Schriftsteller?«
»Er ist Psychologe, Mavis.«
Sie blickte zu mir hoch. »Ich kannte ein paar Leute, die so einen hätten gebrauchen können. Schwiegermütter zum Beispiel. Was führt Sie hierher?«
»Ich untersuche den Mord an Leonora Bright und Vicki -«
»Tranh. Nun ja, da sind Sie bei mir an der richtigen Adresse, weil ich weiß, wer es gewesen ist.«
Cardenas zog seine Hose hoch. Seine Dienstwaffe im Holster wackelte. »Tatsächlich.«
»Tatsächlich, George. Und ich habe es Wendell Salmey von Anfang an gesagt. Nicht dass er sich im Geringsten darum geschert hätte.« An mich gewandt: »Der hatte eine chronische Depression. Und war fauler als ein Sozialhilfebetrüger. Immer niedergeschlagen, beim Gehen die Augen nach unten gerichtet, als ob alles, was sich zu entdecken lohnte, auf dem Boden läge.« Sie fächelte sich mit dem Magazin Luft zu. »Nachdem sein Sohn sich betrunken auf dem Highway totgefahren hatte, wurde es sogar noch schlimmer mit ihm, er saß den ganzen Tag rum und tat gar nichts. Bevor ich heiratete, war ich Lehrerin, und Wendell war einer meiner Schüler. Einer von denen, die lieber dahinrollen als zu fahren. Der einzige Grund, warum er den Sheriffjob angenommen hat, war der, dass er sich dachte, da gäbe es nichts zu tun - nichts für ungut, George.« Wieder wurde das Gebiss vorgezeigt. »Einen Vorteil hat man als Neunzigjährige: Man kann sagen, was man will, und kommt damit durch.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie Geburtstag hatten, Mavis.«
»Dann mache ich mich eben ein bisschen älter. Der große Tag ist nächsten Monat, am sechzehnten, falls Sie mir Blumen schicken möchten, George. Wendell Salmey ist jung gestorben. Magendurchbruch mit neunundfünfzig. Was hat übrigens ein Psychologe mit Leonora und dem asiatischen Mädchen zu tun?«
»Ihre Ermordung steht vielleicht im Zusammenhang mit
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